Sauber-Finanzen: "In kleinen Schritten vorwärts"

Laut Monisha Kaltenborn entspannt sich die finanzielle Situation bei Sauber nach und nach, zu den Russland-Deals bleiben die Antworten aber vorerst vage

(Motorsport-Total.com) - Anfang Juli erreichte die finanzielle Krise des Sauber-Teams ihren vorläufigen Tiefpunkt, als ein sichtlich geknickter Peter Sauber im Schweizer Fernsehen einräumen musste: "Eigentlich gibt es keine Luft mehr. Wir hangeln uns von Ast zu Ast - aber wir hangeln noch." Und weiter gab er damals, unter wachsendem medialen Druck, erstmals öffentlich zu: "Unsere Mittel sind sehr beschränkt. Sie gehen uns aus. Die Lage ist unangenehm und auch peinlich."

Titel-Bild zur News: Monisha Kaltenborn

Monisha Kaltenborn hofft weiterhin, dass der Russland-Deal über die Bühne geht Zoom

Gut eine Woche später kündigte das Team eine großangelegte Russland-Partnerschaft mit dem Investment Corporation International Fund, dem State Fund of Development of Nortwest Russian Federation und dem International Institute of Aviation Technologies an. Vier Monate später ist von den Kooperationspartnern zumindest von außen betrachtet herzlich wenig auf den Autos zu sehen, doch die finanzielle Situation hat sich seit dem Sommer offenbar trotzdem gebessert.

"Es geht in kleinen Schritten vorwärts, aber wichtig ist, dass es vorwärts geht und dass wir wissen, worauf wir hinarbeiten", erklärt Kaltenborn. Die finanzielle Situation sei weiterhin "fordernd", räumt sie ein, "aber wenn die Dinge so weitergehen, dann werden diese Probleme bald vorbei sein, denke ich." Und so habe auch der Druck von dutzenden unzufriedenen Zulieferern, die teilweise seit Monaten auf ihr Geld warten, nachgelassen.

Kaltenborn dementiert Bericht über offene Stromrechnung

So berichtet zum Beispiel die 'Handelszeitung' unter Berufung auf das Schweizer Vollstreckungsregister von 57 sogenannten Betreibungen (Zwangsvollstreckungen), darunter auch eine Forderung der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich über 53.848,70 Schweizer Franken. Doch das Thema ist anscheinend vom Tisch: "Wir haben diese Rechnung nach einem Zahlungsplan am Donnerstagmorgen bezahlt", sagt Kaltenborn und unterstreicht: "Das war von Anfang an so vorgesehen."

"Wichtig war, dass wir mit den Lieferanten so gut es geht - das kann man nicht zu 100 Prozent machen - sprechen, sie über die Situation informieren und kontinuierlich unsere Situation verbessert haben. Das waren keine Riesenschritte, aber es ging immer Schritt für Schritt in die richtige Richtung", beteuert sie. "Für manche geht es nicht schnell genug, andere haben da mehr Verständnis. Das ist auch absolut nachvollziehbar. Aber wichtig war, so gut wir das konnten - und wir haben das versucht, mit wirklich allen -, dass wir den Kontakt aufrechterhalten und Lösungen finden mit ihnen."


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Der wichtigste Lieferant, Ferrari (Motoren), konnte mit den FOM-Geldern als Sicherheit überzeugt werden, aber klar ist auch: Um alte Schulden bei Zulieferern begleichen und den aktuellen Betrieb aufrechterhalten, vielleicht sogar noch ein konkurrenzfähiges Auto für 2014 bauen zu können, braucht Sauber weiteres Geld. Dafür reichen die kolportierten viereinhalb Millionen Euro, die Sergei Sirotkin bisher eingebracht hat, nicht aus. Aber an der Russland-Front vermeldet Sauber eigenen Angaben nach "große" Fortschritte: "In den letzten drei bis vier Wochen haben wir sehr intensiv verhandelt."

"Das sind Dinge, die man von außen natürlich nicht immer sehen kann, aber im Hintergrund ist einiges passiert", berichtet Kaltenborn. "Wir haben auf einem bestimmten Niveau mit bestimmten Garantien begonnen. Garantien nicht im rechtlichen Sinne, aber im Sinne von Zusicherungen. Wir wussten, dass wir damit das nächste Niveau anstreben müssen, um all das zu implementieren und zu konkretisieren. Das haben wir getan. Wir sind sehr nahe dran, alles geregelt zu bekommen, und dann können wir etwas bekannt geben. Das braucht Zeit. Wir konnten nicht mehr Druck machen, als wir getan haben."

Sponsorenaufkleber waren von Anfang an nicht Plan A

Die finanziellen Zusicherungen von russischer Seite seien "die Basis" für den gesamten Deal, "das, was wir gebraucht haben", stellt Kaltenborn klar und strahlt Zuversicht aus, wenn sie sagt: "Jetzt kommen die Dinge zusammen, sodass wir genau wissen, was passieren wird." Dass noch keine Sponsorenaufkleber zu sehen sind, sei nicht weiter verwunderlich: "Es war von Anfang an klar, dass sie nicht die Marketingseite im Auge haben. Die brauchen sie nicht. Es steckte eine Strategie von ihnen dahinter, und die wollen wir implementieren."

Sergei Sirotkin

Sergei Sirotkin ist der bisher einzig greifbare Aspekt des Russland-Deals von Sauber Zoom

Dass der Pressemitteilung vom Juli bisher keine von außen erkennbaren Taten gefolgt sind, verbucht Sauber als Erfahrungswert: "Für mich war das ein sehr neuer Markt, weil es auch nicht so war, wie wir das von den bisherigen Erfahrungen kennen, sei es mit Malaysia, wo wir große Erfahrungen gemacht haben, oder mit anderen. Russland ist ein ganz eigener Markt. Der ist auch sehr lange sehr verschlossen - und plötzlich geht die Tür dann auf. Da muss man sich reinarbeiten und mal die Mentalität verstehen, was nicht so einfach ist", meint die 42-Jährige.

Auch Gerüchte, wonach der Sirotkin-Deal in Wahrheit längst geplatzt sei, lässt sie nicht einfach im Raum stehen: "An der Zielsetzung hat sich nichts geändert: Er soll nach wie vor in die Formel 1, mit uns." Aber: "Wenn das mit der Superlizenz nicht klappt - und damit muss man verantwortungsvoll umgehen -, dann heißt das nicht, dass die Partnerschaft nicht besteht. Das war von Anfang an immer so", lässt sich Kaltenborn ein Hintertürchen offen, was den Sauber-Stammfahrer Sirotkin 2014 angeht. Ob Renn- oder Testfahrer sei sowieso "völlig unabhängig" vom Rest des Deals: "Das war es auch immer."