Austin
Heikki Kovalainen (Chancen: *): Für den Finnen, der ausgerechnet Landsmann Kimi Räikkönen ersetzt, sind Austin und Sao Paulo so etwas wie der letzte Strohhalm in der Formel 1. Seine einzige Chance auf ein Stammcockpit 2014 war bisher Caterham - und selbst da steht er nicht besonders hoch auf der Liste, weil er keine Sponsorenmillionen im Rücken hat. Der nötige Biss, Romain Grosjean einzuheizen, wird also da sein - aber realistisch betrachtet hat der 32-jährige Sieger des Ungarn-Grand-Prix 2008 (auf McLaren) kaum eine Chance, ein Glanzlicht zu setzen. Völlig unverhofft und ohne jedes Training in ein Auto zu steigen, das er nicht kennt, war selbst Michael Schumacher eine Nummer zu riskant. Der siebenmalige Weltmeister hätte nämlich eigentlich an Kovalainens Stelle sein sollen.
Adrian Sutil (Chancen: *): Zugegeben, Force India gehört seit der Änderung der Pirelli-Reifen nach Silverstone nicht mehr zu den ganz heißen Außenseiterteams. Trotzdem ist es zuletzt in Abu Dhabi mit einer cleveren Einstoppstrategie gelungen, relativ weit nach vorne zu fahren. Sutil ist jedenfalls motiviert, freut sich auf seinen ersten Grand Prix in Austin und hat im Gegensatz zu einigen seiner direkten Konkurrenten die Sicherheit, auch nächstes Jahr in der Formel 1 zu sein. Außerdem fehlen ihm in der WM-Wertung 19 Punkte auf Teamkollege Paul di Resta - eine Bilanz, die er so nicht stehen lassen möchte.
Nico Hülkenberg (Chancen: **): Mit Geld kann er nicht argumentieren, wenn es um die Vergabe der 2014er-Cockpits geht, aber der Sauber-Pilot weiß: Wenn er im Finale noch einmal zwei Glanzleistungen hinlegt, wird es für die Formel 1 ganz schwierig, ihn hinauszukomplimentieren. Sein Sauber funktioniert schon seit Wochen prächtig - und warum sollte sich daran etwas ändern, wenn im Mittelfeld ohnehin niemand mehr weiterentwickelt?
Felipe Massa (Chancen: **): Schon seit Wochen prophezeien wir im Formcheck, dass der Brasilianer immer dann am besten fährt, wenn ihm das Wasser bis zum Hals steht. Und tatsächlich setzte er Teamkollege Fernando Alonso teilweise hart zu - nur eben nicht in den Rennen. Aber gerade Austin könnte ihm liegen. Wir erinnern uns: Schon 2012 musste Ferrari tief in die Trickkiste greifen und für Massa eine Plus-Fünf-Strafe provozieren, damit Alonso, der langsamer war, auf die griffigere Seite der Startaufstellung wechseln durfte. Was übrigens, im Nachhinein betrachtet, umsonst war: Sebastian Vettel wurde trotzdem Champion.
Romain Grosjean (Chancen: ***): Seit Wochen sehen wir den besten Romain Grosjean, den es in der Formel 1 je gegeben hat, und in Austin darf er erstmals das Gefühl auskosten, bei Lotus die Nummer 1 zu sein. Heikki Kovalainen wird ihm sicher nicht das Wasser reichen können, doch die große Frage ist, ob Lotus so konkurrenzfähig sein wird wie etwa in Suzuka. Nicht unbedingt hilfreich: Pirelli bringt die beiden härtesten Reifenmischungen. Das nimmt Lotus einen potenziellen Vorteil weg.
Mark Webber (Chancen: ***): Wer wünscht dem Australier auf seiner Abschiedstournee nicht einen letzten Sieg, aber ob der gerade in Austin passieren wird? 2012 sah er gegen Sebastian Vettel jedenfalls ziemlich alt aus - obwohl ihm das Geschlängel an schnellen Kurven eigentlich entgegenkommen müsste. Unser Tipp: Gewinnen kann Webber nur, wenn Vettel ausfällt - oder ihm einen Sieg schenkt. Aber das wird, wenn man Vettel kennt, nicht passieren. Und selbst wenn: Webber würde so ein Geschenk nicht annehmen.
Fernando Alonso (Chancen: ***): Die Ferrari-Formkurve spricht nicht für ihn, doch im Gegensatz zu Massa, der momentan in seiner Topform fährt, bringt es der Spanier mit seinem Champion-Gen immer auf den Punkt, wenn es drauf ankommt. Und er ruft sich meistens dann lautstark in Erinnerung, wenn ihn niemand mehr auf der Rechnung hat - siehe Singapur/Fuji-Doppelpack 2008, als sein damaliges Team Renault hoffnungslos unterlegen war.
Lewis Hamilton (Chancen: ****): Der Vorjahressieger hat bei der Formel-1-Premiere in Austin eine seiner stärksten Leistungen überhaupt erbracht - und ist in den USA noch ungeschlagen: Schon 2007 in Indianapolis konnte er gewinnen, damals nur ein paar Tage nach seinem Premierensieg in Montreal. "Reifenfresser" ist der Mercedes schon lange keiner mehr, und Pirelli bietet dieses Wochenende noch dazu die beiden robustesten Gummimischungen an. Das Rezept muss also sein: Den Silberpfeil auf Pole stellen - und Vettel in der ersten Kurve hinter sich halten!
Sebastian Vettel (Chancen: *****): Jeder Kommentar überflüssig. Für ihn geht es nur noch um eins: Neun Siege hintereinander zu feiern, um den alten Ascari-Rekord einzustellen. Dafür müsste er in Austin und Sao Paulo triumphieren. Übrigens: Alberto Ascari hat 1952/53 "getrickst", das Indy 500 ausgelassen - obwohl das damals zur Formel-1-Weltmeisterschaft zählte. So gesehen ist Vettel mit sieben Siegen eigentlich schon jetzt auf Augenhöhe...
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