Sauber: Erinnerungen an den jungen Räikkönen

Peter Sauber erinnert sich an den jungen Kimi Räikkönen, dem er damals die Chance gab, obwohl sogar die FIA gegen dessen Formel-1-Premiere war

(Motorsport-Total.com) - Als Peter Sauber dem heutigen Weltmeister Kimi Räikkönen im Herbst 2000 erstmals die Chance gab, einen Formel-1-Test zu absolvieren, hatte der damals 21-Jährige gerade mal 24 Autorennen auf dem Buckel - und zwar nicht etwa in Premiumserien wie der Formel 3000 oder der Formel 3, sondern lediglich in der Formel Renault.

Titel-Bild zur News: Kimi Räikkönen

Peter Sauber erinnert sich gerne an die Saison 2001 mit Kimi Räikkönen zurück

Insofern war es ein Wunder, dass Sauber überhaupt auf den jungen Finnen aufmerksam wurde, doch darum kümmerte sich Räikkönen-Manager David Robertson: "Immer wieder redete er auf mich ein, dass dieser Kimi so schnell Autofahren könne, wie ich das zuvor noch von keinem anderen gesehen hätte", so der Schweizer zur 'Sonntagszeitung'. "Grundsätzlich bin ich ja gegenüber Fahrermanagern eher zurückhaltend. Doch irgendwie konnte mich Robertson mit seinen vielen Geschichten über diesen außergewöhnlichen Finnen überzeugen."#w1#

Selbstbewusster Nachwuchsfahrermanager

Robertson trat auch in den Verhandlungen sehr selbstbewusst auf, forderte nicht bloß eine einmalige Chance im Formel-1-Auto, sondern gleich drei Testtage am Stück - angesichts der hohen Kosten ein sehr ungewöhnliches Vorgehen. Doch obwohl wahrscheinlich jeder andere Teamchef einem so überheblich agierenden Manager die Tür gezeigt hätte, ging Sauber auf die Forderung ein - und es stellte sich heraus, dass Robertson eben doch nicht zu viel versprochen hatte.

"Dieser Test fand in Mugello bei Florenz statt. Schon nach dem ersten Tag waren die Rundenzeiten und Daten, die mir nach Hinwil übermittelt wurden, verheißungsvoll", erinnerte sich Sauber. "Am zweiten Tag sind mein Technikchef Willy Rampf und ich dann mit dem Jet nach Mugello geflogen, um uns selbst ein Bild zu machen. Obwohl wir verschiedene Betrachtungsweisen hatten, waren wir uns schnell einig - und gaben Kimi einen Vertrag."

"Schon nach dem ersten Tag waren die Rundenzeiten und Daten verheißungsvoll." Peter Sauber

Doch es sollten sich noch einige Widerstände gegen den "Iceman" stemmen, denn zunächst einmal galt es Sponsor Red Bull davon zu überzeugen, anstelle des von Helmut Marko gepushten Brasilianers Enrique Bernoldi Räikkönen ins Cockpit neben Nick Heidfeld zu setzen. Red Bull um Firmenchef Dietrich Mateschitz willigte eher mürrisch ein und zog einen Teil des Sponsorenetats ab - der Anfang vom Ende der langjährigen Partnerschaft.

Superlizenz entgegen aller Widerstände

Sauber hatte dann noch die Aufgabe, für Räikkönen eine Superlizenz zu beantragen, was in erster Instanz abgelehnt wurde - wegen der Besonderheit der Umstände ging der Fall vor die Formel-1-Kommission. Dort enthielt sich FIA-Präsident Max Mosley der Stimme, aber er plädierte gegen Räikkönen, während Bernie Ecclestone, Jean Todt, Ron Dennis und Frank Williams Ansprachen für das junge Talent hielten. Schlussendlich fiel die Entscheidung positiv aus.

Räikkönen holte in seiner ersten Saison neun Punkte und wurde WM-Zehnter, knapp hinter seinem Teamkollegen Heidfeld. Mit zwei vierten Plätzen in Österreich und Kanada drängte er sich für höhere Aufgaben auf, so dass früh auch die Topteams bei ihm Schlange standen. Ferrari zeigte Interesse, schlussendlich war aber eine Kontaktaufnahme von McLaren-Mercedes erfolgreich, weil die Silberpfeile mit Mika Häkkinen einen finnischen Landsmann als Vermittler schicken konnten.

"Ich habe dann von Kimi einen handgeschriebenen Brief in Englisch erhalten." Peter Sauber

Mit Sauber hatte Räikkönen zu jenem Zeitpunkt natürlich längst abgeschlossen, da er nur an die Spitze wollte: "Ich habe dann von Kimi einen handgeschriebenen Brief in Englisch erhalten", schilderte Sauber. "Darin hieß es: 'Lieber Peter, ich danke dir vielmals, dass du mir die Chance gegeben hast, in der Formel 1 zu fahren. Jetzt gibt mir Ron Dennis die Chance, bei McLaren jüngster Weltmeister aller Zeiten zu werden.'"

Räikkönen war nicht mehr zu halten

"Ich versuchte ihm klarzumachen, dass wir ihn zum Fahren engagiert haben und nicht, um ihn zu verkaufen. Daraufhin schrieb er mir einen weiteren Brief, allerdings in einem weniger freundlichen Ton. Mir war klar geworden, dass er nicht zu halten war. Kimi verhielt sich so, wie ich ihn kennen gelernt hatte. Wenn er etwas erreichen wollte, setzte er das ohne Rücksicht auf Verluste um", so Sauber, der sich mit geschätzten zehn Millionen Euro Ablösesumme trösten konnte.

Am großen Brasilien-Wochenende, an dem sich sein Ex-Schützling erstmals zum Weltmeister krönte, gab es ein Wiedersehen: Sauber wünschte Räikkönen auf dem Grid alles Gute für das Rennen und traf ihn später im Flieger noch mal, denn die beiden wohnen ja nur wenige Kilometer voneinander entfernt in der Schweiz. Über den Weg gelaufen sind sie sich allerdings außerhalb der Treffen an der Rennstrecke noch nie.

"So war er schon immer - schweigsam, scheu und zurückhaltend." Peter Sauber

So war Sauber dann auch nicht verwundert, als Räikkönen vom Flughafen in der Schweiz schnurstracks nach Hause fuhr, während er selbst noch Interviews gab: "So war er schon immer - schweigsam, scheu und zurückhaltend. Dass er bei uns anfangs am liebsten gar nichts gesagt hätte, lag auch daran, dass er sich in Englisch noch nicht so ausdrücken konnte", meinte der 64-Jährige mit einem Schmunzeln im Gesicht.