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Saisonanalyse Teil 30: BMW WilliamsF1 Team
Lesen Sie im 30. Teil unserer täglichen Saisonanalyse-Serie den Rückblick auf das Jahr des BMW WilliamsF1 Teams
(Motorsport-Total.com) - Sieben Fahrer- und neun Konstrukteurstitel hat WilliamsF1 in der Geschichte der Formel 1 bisher errungen, doch seit dem letzten WM-Double im Jahr 1997 befindet sich das Team auf dem absteigenden Ast. Die Saison 2005 markierte nicht nur das Ende der spannungsgeladenen Partnerschaft mit BMW, sondern auch einen vorläufigen sportlichen Tiefpunkt.

© WilliamsF1
Nick Heidfeld etablierte sich als einer der großen Aufsteiger der Saison 2005
Nach dem Finaltriumph von Juan-Pablo Montoya in Brasilien 2004 begann für das BMW WilliamsF1 Team ein hektischer Winter unter der umstrukturierten Designmannschaft mit Sam Michael als Nachfolger von Patrick Head auf dem Posten des Technischen Direktors und mit Gavin Fisher als Mastermind für das Design des FW27. Ex-Ferrari-Frau Antonia Terzi hatte nach der auf ihrem Mist gewachsenen "Hammerhai"-Nase des FW26 bekanntlich ihre Koffer packen müssen.#w1#
Verletzung des Chefdesigners behinderte Entwicklung des FW27
Für die Entwicklung des neuen Autos war es mit Sicherheit alles andere als hilfreich, dass Fisher am 15. September bei einem Motorradunfall in den USA so schwer verletzt wurde, dass er fast vier Wochen nicht zurück nach Großbritannien fliegen konnte. Zwar unterstützte er seine Mitarbeiter sporadisch von einem Hotelzimmer aus, doch die Leitung der Designabteilung musste er interimistisch seinem Kollegen Mark Loasby übertragen.
Das Rollout mit dem neuen Auto absolvierte das BMW WilliamsF1 Team am 31. Januar im spanischen Valencia, und Nick Heidfeld erklärte in seiner ersten Stellungnahme, dass sich der FW27 zumindest "nicht fremd" anfühle. Der Deutsche war zu jenem Zeitpunkt übrigens bereits als zweiter Stammfahrer neben Mark Webber bereits bestätigt, nachdem er sich zuvor in einem nervenaufreibenden Shootout gegen Antonio Pizzonia durchsetzen hatte müssen.
War auch BMW mitverantwortlich für die sportliche Krise?
BMW, in den Jahren zuvor jeweils Hersteller des anerkannt besten Formel-1-Motors, schickte in die Saison 2005 kein komplett neues Triebwerk, sondern in Form des P84/5 eine ans neue Reglement - die Lebensdauer wurde auf zwei Rennwochenenden verlängert - angepasste Evolution. Damit lag man zwar unbestritten neuerlich im vorderen Drittel, was Gesamtperformance und Maximalleistung anging, doch das Attribut des Branchenführers hefteten die Medien nicht mehr den Münchnern an.
Beim Saisonauftakt in Australien wurde offensichtlich, dass das BMW WilliamsF1 Team über den Winter gegenüber der Konkurrenz wieder an Boden verloren hatte. Zwar hatte Lokalmatador Webber im Qualifying Glück mit dem Regen, sodass er als Dritter losfahren konnte, doch schon vor der ersten Kurve musste er David Coulthard im Red-Bull-Cosworth passieren lassen. Unterm Strich reichte es nur zu Platz fünf. Heidfeld schied nach einer Kollision mit Michael Schumacher aus.
In Malaysia etablierte sich das BMW WilliamsF1 Team hinter den absoluten Topautos als eine der stärkeren Kräfte innerhalb der Verfolgergruppe, was prompt mit einem Podium für den kämpferischen Heidfeld belohnt wurde. Webber war bis zu seiner Kollision mit Giancarlo Fisichella mindestens gleich schnell wie der Deutsche, wurde aber zwei Wochen später in Bahrain erstmals im Qualifying von seinem Stallkollegen geschlagen. Insgesamt setzte er sich jedoch im Zeitfahrduell mit 14:6 durch.
Drei Podestplätze innerhalb einer Woche
In den ersten fünf WM-Läufen brachte die britisch-deutsche Partnerschaft mit Sitz in Grove jeweils zumindest ein Auto in die Punkteränge, ehe in Monte Carlo und am Nürburgring die beiden erfolgreichsten Wochenenden der gesamten Saison folgten: Beim Klassiker im Fürstentum starteten beide WilliamsF1 BMW FW27 aus den vorderen drei Reihen - und beide schafften den Sprung auf das Podium, überholten kurz vor Schluss sogar Fernando Alonso, weil dessen Reifen nachließen.
Noch besser lief es eine Woche später bei Heidfelds Heimspiel, als der Lokalmatador aus Mönchengladbach dank einer Dreistoppstrategie auf die Pole Position fuhr und Webber trotz einer höheren Benzinmenge starker Dritter wurde. Letzterer konnte sein Potenzial im Rennen wegen einer Startkollision nicht ausschöpfen, doch "Quick Nick" bescherte dem Team die einzige Führungsrunde des Jahres und erzielte als Zweiter sein bis dato bestes Grand-Prix-Resultat überhaupt.
Ingenieure konnten sich nicht auf den Windkanal verlassen
Anschließend geriet jedoch die aerodynamische Weiterentwicklung des FW27 ins Stocken, weil der neue Windkanal in Grove zum Teil falsche Daten ausspuckte und die Designer folglich nach Magny-Cours ein umfangreiches Update schickten, welches jedoch keine wesentliche Verbesserung zur Basisversion darstellte. Wie ratlos man in jener Phase der Saison war, beweist allein schon die Tatsache, dass Webber trotz der Verfügbarkeit der neuen Teile auf die alten zurückwechselte.
Zwischen Webbers fünftem Platz in Montréal und den nächsten Punkten am Hungaroring, als der Australier hinter Heidfeld Siebenter wurde, vergingen genau 49 Tage - und das BMW WilliamsF1 Team verpasste viermal en suite den Sprung unter die besten Acht. Mit dem Reifenfiasko von Istanbul, wo man sich viel Kritik dafür einhandelte, die Fahrer trotz augenscheinlicher Schwierigkeiten immer wieder ins Rennen geschickt zu haben, folgte ein weiterer Tiefpunkt.
Zu jenem Zeitpunkt war freilich die ständig kriselnde Ehe mit BMW quasi schon offiziell beim Scheidungsrichter eingereicht, weshalb man für das letzte Saisondrittel keine Wunderdinge mehr erwarten konnte. Zu allem Überdruss zog sich Heidfeld erst bei Testfahrten in Monza und dann auch noch bei einem Trainingsunfall mit dem Fahrrad in der Schweiz so schwere Verletzungen zu, dass ab dem Grand Prix von Italien Pizzonia ins zweite Cockpit befördert wurde.
Heidfeld-Ersatzmann Pizzonia überzeugte nur in Monza

© xpb.cc
Mark Webber sorgte vor allem mit seinen Superrunden im Qualifying für Aufsehen Zoom
Letzterer zog sich bei seinem Debüt trotz eines verspäteten Einstiegs ohne Freitagstraining achtbar aus der Affäre und belegte den siebenten Rang, konnte anschließend aber nicht mehr an diese Leistung anknüpfen. Dafür lief Webber noch einmal zu einer unerwarteten Hochform auf: Als Vierter im Regenrennen von Spa-Francorchamps und in Suzuka mischte er die Weltspitze kräftig durch, während er sich in Shanghai immerhin mit zwei Punkten aus der Saison verabschiedete.
Für 2006 prophezeien die meisten Experten der Mannschaft von Frank Williams und Patrick Head den sportlichen Totalabsturz, doch mit dem zweifellos begabten Fahrerduo Webber/Rosberg sowie Cosworth-V8-Motoren, die zumindest im ersten Jahr für eine Überraschung gut sein könnten, zählt WilliamsF1 zu jenen Teams, die man auf der Rechnung haben sollte. Allerdings muss es gelingen, die finanziellen Löcher, die sich durch den Verlust von BMW und Hauptsponsor 'HP' aufgetan haben, zu stopfen.
Analyse der 'F1Total.com'-Experten:
Marc Surer: "Das BMW WilliamsF1 Team hat für den Saisonbeginn ein Auto gebaut, das gleich mal verbessert werden musste. Es ist jedes Jahr dasselbe: Erst haben sie großen Rückstand - und dann waren sie in Suzuka auf einmal wieder halbwegs dabei! Das Team war eine Riesenenttäuschung. Bis zum Nürburgring ging es vorwärts, aber dann sind sie mit ihren Weiterentwicklungen abgestürzt. Man muss sich wirklich fragen, ob die Strukturen des Teams noch zeitgemäß sind. Diese Schwankungen sind unglaublich. Am meisten hapert es wohl an der Aerodynamik, und die Aerodynamikabteilung ist auch schlecht besetzt. Der Motor von BMW war konkurrenzfähig, aber nicht mehr der beste. Dennoch: Am Motor hat es bestimmt nicht gelegen..."
Hans-Joachim Stuck: "Man muss deutlich sagen: Klassenziel mit Sicherheit nicht erreicht! Der Zerfall des Bündnisses England/Deutschland hat dazu sicher beigetragen. Es ist wie im normalen Leben: Die Ehe hat nicht funktioniert. Den Stöpsel zu ziehen, was die Zusammenarbeit zwischen WilliamsF1 und BMW angeht, war im Endeffekt der richtige Schritt."
Statistiken zur Saison des BMW WilliamsF1 Teams:
Teamwertung: 5. mit 66 WM-Punkten (Gesamtübersicht)
Anzahl der gefahrenen Rennen: 18 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Siege: 0 (Gesamtübersicht)
Anzahl der Pole Positions: 1 (Gesamtübersicht)
Durchschnittlicher Startplatz: 9,0 (Gesamtübersicht)
Anzahl der schnellsten Rennrunden: 0 (Gesamtübersicht)
Bestes Ergebnis Qualifying: 1.
Bestes Ergebnis Rennen: 2.
Gefahrene Führungsrunden: 1 (Gesamtübersicht)
Ausfallsrate: 28,2 Prozent (Gesamtübersicht)
Testtage: 56 (Gesamtübersicht)
Testkilometer: 38.250 (Gesamtübersicht)
Test-Tagesbestzeiten: 15 (Gesamtübersicht)

