• 22.03.2011 14:17

Rosberg: "Meine Zeit wird kommen"

Mercedes-Pilot Nico Rosberg hofft in diesem Jahr auf seinen ersten Sieg - Im Interview spricht er auch über Michael Schumacher, Sebastian Vettel und Angela Merkel

(Motorsport-Total.com/SID) - Eigentlich sind Rennfahrer eher rastlos und ungeduldig, der Erfolg kann ihnen nicht schnell genug kommen. Mercedes-Pilot Nico Rosberg dagegen übt sich in Geduld. "Ich bin überzeugt, dass meine Zeit auch kommen wird", sagt er. Neid auf Sebastian Vettel, der zwei Jahre jünger, aber schon Weltmeister ist, verspürt er nicht, dafür ist er sich bewusst, dass er als Formel-1-Fahrer in einer sehr privilegierten Position ist.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Nico Rosberg möchte sich endlich in die Tabelle der Grand-Prix-Sieger eintragen

Frage: "Nico, welche Schlagzeile würdest du gerne 2011 über dich lesen?"
Nico Rosberg: "Rosberg siegt im Silberpfeil."

Frage: "An einem bestimmten Ort?"
Rosberg: "Ja, in Monaco. Das wäre der Hammer. Und das ist machbar. Ich war im letzten Jahr in der zweiten Qualifyingsession der Schnellste. Wenn das Auto in diesem Jahr besser ist, was es sein wird, warum nicht?"

Frage: "Sind Siege in diesem Jahr wirklich machbar?"
Rosberg: "Klar ist das machbar. Wir gehen nicht in die Saison mit der Erwartung, dass wir vom ersten Rennen an die Schnellsten sind. Aber wir hoffen, dass wir viel näher dran sein werden. Und dann kommt es auf die Entwicklung über das Jahr an. Im letzten Jahr hatte ich in Shanghai geführt, was zeigt, dass bei schwierigen Bedingungen ein Sieg sogar eher mal drin ist als zu Saisonbeginn erwartet."

Frage: "Kann man sagen, in welchen Bereichen sich das Team am meisten verbessern musste?"
Rosberg: "Zum Beispiel bei der schnellstmöglichen Umsetzung von Ideen."

Ross Brawn als Strippenzieher

Frage: "Ist da Teamchef Ross Brawn die treibende und integrierende Kraft?"
Rosberg: "Natürlich. Mit seiner Erfahrung und seiner Kompetenz, Menschen zu führen. Das ist seine Stärke."

Frage: "Hast du dir die Arbeit mit ihm so vorgestellt oder ist es anders, vielleicht sogar besser, als zuvor gedacht?"
Rosberg: "Ich hatte es mir ein bisschen anders vorgestellt, weil ich gedacht hatte, dass er nur das 'technische Genie' wäre. Er ist aber genau so stark in Menschenführung und Management, wie er Mitarbeiter motiviert und in richtige Positionen bringt."

Frage: "Ross Brawn hat gesagt, er würde gerne noch lange mit dir zusammenarbeiten, und du seist einer der Fahrer der Kategorie, die man im Team haben sollte. Er meinte, er wäre sehr stolz darauf, wenn er dich bis zu einem WM-Titel begleiten könnte."
Rosberg: "Coole Aussage."

Nico Rosberg, Ross Brawn (Teamchef), Michael Schumacher

Teamchef Ross Brawn will mit seinen Silberpfeil-Stars Siege erreichen Zoom

Frage: "Könntest du jetzt schon sagen: 'Ich fühle mich bei Mercedes wohl, ich will hier gar nicht mehr weg'?"
Rosberg: "Natürlich, klar. Es ist ein Traum, für Mercedes zu fahren, im Silberpfeil, mit Ross Brawn und mit Norbert Haug zu arbeiten. Das ist was ganz Besonderes. Auch mich würde es freuen, wenn wir eine langfristige gemeinsame Zukunft hätten. Schon allein ein Teil der Marke Mercedes-Benz zu sein, ist toll. Mercedes-Benz ist richtig im Aufwärtstrend, das sieht man auch an den neuen Autos, die sie auf den Markt bringen."

Fahrradsattel und Simulator

Frage: "Du hast zuletzt einen Simulator für Straßenautos getestet, bist bei Fahrzeugpräsentationen dabei. Macht dir diese Arbeit, die über den Job in der Formel 1 hinausgeht, Spaß?"
Rosberg: "Dies ist ein interessanter und angenehmer Teil meiner Arbeit, und manche Sachen machen auch richtig Spaß. Das Fahren im Simulator zum Beispiel, da habe ich eine A-Klasse wie durch Schikanen auf der Autobahn gefahren. Oder Bundeskanzlerin Angela Merkel mal zu treffen, das ist schon etwas Besonderes. Natürlich darf dabei die Freizeit nicht zu kurz kommen, beispielsweise zum Fitnesstraining beim Radfahren oder zur Erholung mit meiner Freundin."

Frage: "Also ist man schon als Formel-1-Fahrer in einer privilegierten Position?"
Rosberg: "Ja, ganz extrem."

¿pbvin|512|3537||0|1pb¿Frage: "Hat das für dich auch mal negative Auswirkungen? Vielleicht weniger in Monaco, aber wie ist es, wenn du nach Deutschland kommst? Wirst du auf der Straße erkannt, kommen Fans auf dich zu?"
Rosberg: "Ab und zu kann es mal ein bisschen viel werden, momentan aber noch nicht so oft. Das kommt wohl erst, wenn man Rennen gewinnt und immer vorne ist."

Frage: "Thema Spaß: Es macht doch sicher Spaß, einen siebenmalige Weltmeister mit gleichem Material immer mal wieder zu schlagen, oder?"
Rosberg: "Das ist natürlich eine gute Sache."

Vom Rekordweltmeister lernen

Frage: "Hättest du vorher gedacht, dass es so schnell möglich ist, Michael Schumacher im Griff zu haben?"
Rosberg: "Nein, natürlich nicht. Ich bin mit der Erwartung in die Saison gegangen, wie ich auch jetzt wieder in die Saison gehe, dass es ein sehr harter Kampf wird. Ich bin überzeugt, dass ich eine sehr gute Leistung bringen werde, aber auch davon, dass es wieder sehr hart wird. Ich glaube, es wird ein gutes Duell, und hoffentlich habe ich wieder die Nase vorn."

Frage: "Du gehst also davon aus, dass Schumacher seine Schwächen aus dem vorigen Jahr abstellen kann und ein deutlich härterer Gegner sein wird?"
Rosberg: "Auf jeden Fall."

Frage: "Wie ist die Zusammenarbeit mit Schumacher?"
Rosberg: "Sehr gut. Für mich ist es eine interessante Erfahrung. Viele Jahre habe ich zugeschaut, wie er gegen Mika Häkkinen gefahren ist, jetzt arbeite ich mit ihm zusammen. Das ist schon cool."

"Michael hat es echt drauf, in allen Bereichen, nicht nur fahrerisch." Nico Rosberg

Frage: "Gibt es bestimmte Punkte, die Schumacher auszeichnen, Fähigkeiten, die du selbst auch gerne hättest?"
Rosberg: "Er ist siebenmaliger Weltmeister, das kommt nicht von ungefähr. Er hat es echt drauf, in allen Bereichen, nicht nur fahrerisch. Ich glaube, es gibt einige Fahrer, die in die Formel 1 gekommen sind, die fahrerisch ein ähnliches Talent haben. Nur stimmt bei ihm das ganze Paket. Man kann heute so viel machen, mit der Elektronik, mit dem Setup. Wenn du das nicht hundertprozentig hinkriegst, kannst du noch so gut fahren, hast aber keine Chance."

Frage: "Wen siehst du als härteste Konkurrenten, wenn du dir zum Ziel setzt, Rennen zu gewinnen und Weltmeister werden zu wollen?"
Rosberg: "Wieder die drei Topteams, die im letzten Jahr vor uns waren. Aber man muss abwarten, wer wirklich die Nase vorn hat."

Vettel als Triebfeder in Deutschland

Frage: "Sebastian Vettel ist schon Weltmeister geworden - und ist noch zwei Jahre jünger als du. Wird man da ein bisschen neidisch?"
Rosberg: "Nein, neidisch nicht. Denn auch ich habe schon vieles erreicht und bin zufrieden. Sebastian ist stark gefahren, er hat sich das verdient. Ich bin überzeugt, dass meine Zeit auch kommen wird. Man muss ein wenig Geduld haben."

Frage: "Vettels Erfolg bringt der Formel 1 in Deutschland noch einmal ein größeres Interesse..."
Rosberg: "Davon profitieren wir alle."

Frage: "Spürst du das auch selbst?"
Rosberg: "Ja. Dank ihm ist die Formel 1 noch interessanter geworden, auch wenn das in Deutschland eigentlich gar nicht mehr geht, mit sechs deutschen Fahrern, Vettel, Silberpfeilen, Schumacher, hoffentlich bald auch mit mir."


Fotos: Nico Rosberg, Testfahrten in Barcelona


Frage: "Wieviel Zeit nimmt abseits der Rennen Training und körperliche Vorbereitung in Anspruch?"
Rosberg: "Sehr viel. Denn es ist ja nicht nur Training, es gehört auch noch viel anderes dazu. Rennfahrer zu sein ist fast so wie eine kleine Firma zu haben. Du musst mit dem Team kommunizieren, Du musst trainieren, es muss alles organisiert werden für Sponsoren und Interviews. Das ist schon ein großer Bereich, in dem ich auch sehr involviert bin."


Andere Länder, anderes Essen

Frage: "Heißt das, dass für die Familie und die Freundin wenig Zeit bleibt?"
Rosberg: "Nein, ich habe das Glück, dass ich meine Zeit selbst einteilen kann. Deshalb kommt das nicht zu kurz. Wenn ich zu Hause bin, dann bin ich mein eigener Chef. Ich kann mir die Sachen, die ich machen muss, einteilen, wie ich möchte."

Frage: "Es ist eine sehr lange Saison, wenn Bahrain nachgeholt wird, erstmals sogar mit 20 Rennen. Hast du Bedenken, dass das für die Fahrer und Teams irgendwann einmal zu viel werden könnte?"
Rosberg: "Unsere Wochenenden sind schon sehr intensiv. Man steckt alles, was man hat, da rein, nicht nur 100, sondern 200 Prozent. Da ist es schon eine sehr lange Saison."

"Mit dem Essen müssen wir aufpassen. Eine Woche lang Reis..." Nico Rosberg

Frage: "Indien kommt neu in den Kalender. Freust du dich darauf, neue Länder kennenzulernen?"
Rosberg: "Das ist super. Auf Indien freue ich mich sehr. Schon auf die Reise, aber auch die von Hermann Tilke gebaute Strecke wird sicher interessant. Dann hoffe ich auf viele Zuschauer, was ich mir in Indien schon vorstellen kann, ähnlich wie in Korea. Das wird bestimmt gut, nur mit dem Essen müssen wir aufpassen. Eine Woche lang Reis..."