• 20.07.2014 08:00

Rocquelin: Der weite Weg zum Renningenieur

Jeder Junge träumt davon, einmal Weltmeister zu sein - Bei Sebastian Vettels Renningenieur Guillaume Rocquelin dauerte es lange, bis der Traum Realität wurde

(Motorsport-Total.com) - Feuerwehrmann, Polizist oder Weltmeister, das sind häufig die Berufswünsche von kleinen Jungen, wenn man sie danach fragt. Bei den Wenigsten wird es aber einer der drei Träume. Guillaume "Rocky" Rocquelin wollte letzteres werden und hat es mit vier Konstrukteurs-Weltmeisterschaften mit Red Bull in den letzten vier Jahren eindeutig geschafft. Doch jeder bei Red Bull würde aktuell sein letztes Hemd geben, um auch den fünften Titel wieder nach Milton Keynes zu holen. Der Weg dorthin ist allerdings lang. Rocquelin nimmt dafür viel in kauf: die Reisen, die tausenden Testkilometer, doch all das fasziniert den Franzosen wie am ersten Tag.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel, Guillaume Rocquelin

Guillaume Rocquelin im Gespräch mit Sebastian Vettel Zoom

Frage: "Guillaume, wie bist du überhaupt zum Motorsport gekommen?"
Guillaume Rocquelin: "Obwohl ich in Dijon geboren wurde, bin ich nie zu den Rennen dort gegangen. Meine Familie hat das auch nicht interessiert. Aber eines Tages, Mitte der 1980er-Jahre, habe ich in einem Magazin einen Artikel über Gerard Ducarouge gelesen. Er war der Technische Direktor von Lotus in Norfolk. Das Team hatte seinen Sitz in der Ketteringham Hall, einem wunderschönen Gebäude mit einer niedrigen Decke und schmalem Gebälk. Und genau dort haben sie diese wunderschönen Rennmaschinen gebaut. Es war ein bisschen wie in einem James-Bond-Film. Ich dachte mir damals nur, dass ich ein Teil dieser Welt sein will."

Frage: "Was war dann dein erster Job im Motorsport?"
Rocquelin: "Meinen ersten richtigen beruflichen Kontakt mit Motorsport hatte ich dann als Student. Ich arbeitete damals für Renato 'Tico' Martini, einem Hersteller von Rennwagen in Magny Cours. Er war damals vor allem in der Formel 3 und in der Formel Renault ein Name. Damals arbeitete ich an einem Design für die Nase. Das wurde damals alles noch mit Aluminium zusammengenietet. Das zeigt auch, wie alt ich schon bin!"

Frage: "Was war dein schlimmster Job bisher?"
Rocquelin: "Das war bei Reynard. Dort habe ich auch noch als Student den ganzen Tag lang Bolzen zurechtgeschnitten, damit sie dann am Auto eingesetzt werden können. Die meisten Konstrukteure hätten einfach die jeweils passenden Bolzen bestellt, aber um Geld zu sparen, haben wir einfach die Standard-Bolzen zurechtgeschnitten. Das war wirklich keine schöne Arbeit. Aber ich habe auch die Vorteile der Arbeit gesehen, denn so konnte ich den Mechanikern dabei zusehen, wie sie das Auto zusammenbauten. Ich hatte also einen Job, der ganz mit dem Aufbau eines Autos zusammen hing, und dadurch habe ich viel gelernt."


Fotos: Red Bull, Großer Preis von Deutschland


Frage: "Es ist nicht einfach, immer die richtigen Befehle während eines Rennens durchzugeben. Gab es schon Tage, wo einfach alles falsch ging?"
Rocquelin: "Ich denke, der größte Fehler unterlief mir bei Sebastian in Monaco 2011, als wir die falschen Reifen beim Boxenstopp aufzogen. Wir kontrollierten das Rennen und hatten auf eine normale Zweistoppstrategie mit den Option-Reifen gesetzt. Doch dann kam es zu einem Durcheinander, weil unklar war, welches Auto zuerst stoppen sollte."

"Deswegen haben wir fälschlicherweise die Prime-Reifen viel zu früh aufgezogen. Aber Sebastian war fest entschlossen, das Rennen trotzdem zu gewinnen und versuchte, mit nur einem Stopp durchzukommen. Ich weiß nicht, ob wir es wirklich geschafft hätten, und wir werden es auch nie wissen. Es gab nämlich eine Rote Flagge und wir konnten deswegen am Ende die Reifen wieder zurück wechseln."

Frage: "Du hattest ja schon viele gute Wochenenden in deiner Karriere, aber welches war das beste?"
Rocquelin: "Ganz klar Abu Dhabi 2010. Wir lagen bei den Punkten hinten und hatten bis dato auch das ganze Jahr noch nicht die Meisterschaft angeführt. Aber wir haben alles gegeben, um das Rennen von der Pole-Position zu gewinnen. Das reichte dann für den Titel."

"Wir haben alles gegeben und das reichte dann für den ersten Titel." Guillaume Rocquelin

Frage: "Bringt dich das Racing immer noch an deine Grenzen?"
Rocquelin: "Natürlich bringt es mich noch immer an meine Grenzen. Aber man gewöhnt sich sehr schnell daran. Auch mit dem vielen Reisen und den langen Tagen, das ist wie jeder andere Job auch. Was aber die Motivation wirklich am Leben hält ist, wenn man ab und zu auch an die Strecke geht und sich die Autos ansieht, zum Beispiel während eines Tests. Oder auch, wenn ich mit meinem Sohn in Goodwood bin, das mache ich jedesmal und das hält das Feuer am Leben. Rennwagen sind einfach die geilsten Dinger."