• 07.04.2011 13:17

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

"Richtige Verbesserungen": Renault noch besser?

Licht (Petrow auf Teneriffa) und Schatten (Heidfeld in der Schweiz) bei den Renault-Piloten, aber Melbourne ist abgehakt und der Optimismus für Sepang groß

(Motorsport-Total.com) - Bereits nach den Wintertests wurde Renault als möglicher Außenseitertipp für diese Saison gehandelt, doch dass schon in Melbourne ausgerechnet Witali Petrow auf das Podium fahren würde, hätte der Truppe aus Enstone kaum jemand zugetraut. Vor dem zweiten Rennen in Sepang hoffen Petrow und Teamkollege Nick Heidfeld aber sogar auf eine Steigerung.

Titel-Bild zur News: Nick Heidfeld

Nick Heidfeld hofft in Sepang auf seine ersten WM-Punkte auf Renault

"Ich bin ziemlich gespannt, denn zumindest von dem, was ich gehört habe, haben die meisten anderen Teams keine großen Neuerungen dabei. Ich würde schon sagen, dass unser Paket ein richtiges ist, mit ein paar Verbesserungen", berichtet Heidfeld und verweist auf einen neuen Front- und Heckflügel sowie "ein paar andere Teile". Welche? "Darf ich nicht verraten", grinst Petrow. "Den Frontflügel sieht sowieso jeder, aber den Rest behalten wir für uns."

Gewusst, wie gut der R31 ist, hat der Russe "nicht nach den Tests, aber nach dem ersten Training", erinnert er sich an das spannende Rätselraten am ersten Rennwochenende zurück und ergänzt: "Nach den Tests wussten wir ja nicht, wo wir stehen, aber in den Trainings verstanden wir langsam, wozu das Auto in der Lage ist. Im Qualifying sind wir Risiken eingegangen, was mir den sechsten Startplatz gebracht hat. Das wird hier schwieriger."

Perfekt in Melbourne: Kann nur schlechter werden

Denn: "In Melbourne hatten wir nicht das geringste Problem. Mechanisch funktionierte alles einwandfrei und die Balance wurde mit jeder Setup-Änderung immer besser. Wir mussten Änderungen daher nie zurückbauen, sondern konnten immer nach vorne arbeiten", ist Petrow bewusst. Außerdem weiß er: "Wir hatten in Melbourne die beste Taktik und müssen versuchen, auch hier mit diesen Teams zu kämpfen."

"Hier ist alles anders", fährt der Renault-Pilot fort. "Erstens wegen der Reifen. Es ist superheiß, also werden wir mehr Boxenstopps sehen. Und der Asphalt ist auch anders als in Barcelona und Melbourne. Wir sind hier auf einer echten Rennstrecke, daher wissen wir nicht so genau, was uns erwartet. Wir müssen realistisch sein, denn McLaren, Red Bull und Ferrari sind sehr schnell. Wie gut Mercedes ist, wissen wir nicht, denn die hatten kein gutes Auftaktrennen."

¿pbvin|512|3567||0|1pb¿Genau wie Stallgefährte Heidfeld: Während Sensationsmann Petrow seinen dritten Platz mit einer Dankesrede in der Fabrik in Enstone und einem anschließenden Urlaub auf Teneriffa feierte, flog "Quick Nick" zurück zu seiner Familie in die Schweiz. "Mit drei Kindern geht man gern zurück nach Hause. Das Wetter war zum Glück auch sehr schön", berichtet der gebürtige Mönchengladbacher, der nach dem Saisonauftakt einiges an Frust zu bewältigen hatte.

Dass er mit einer Runde Rückstand nur Zwölfter wurde, hat ihm aber nicht das Genick gebrochen: "Das Motivieren war bis jetzt nie ein Problem - noch weniger, wenn man sieht, wie stark das Auto ist. Man ärgert sich natürlich noch extremer und würde hoffen, dass das nächste Rennen nicht in zwei Wochen ist, sondern morgen. Jetzt musste ich zwei Wochen warten, aber ich bin natürlich extrem heiß, endlich wieder ins Auto zu steigen und das Ergebnis vergessen zu machen", so Heidfeld.

Aus Fehlern lernen

"Das Abhaken dauert ein bisschen, aber man muss probieren, es positiv umzusetzen. Positiv war natürlich, dass das Auto schnell war. Ich probiere einfach, aus Fehlern, die vielleicht gemacht wurden, zu lernen, um es hier besser zu machen", kündigt er an und bezieht sich damit zum Beispiel auf Q1, wo er in Melbourne zu viel riskiert hat, in Verkehr geriet und am Ende völlig überraschend das erste prominente Q1-Opfer der neuen Saison war.

Könnte man im Qualifying etwas anders machen, Nick - zum Beispiel gleich mit weichen Pirellis auf die Strecke gehen? "Das ist etwas, was wir uns angeschaut und wo wir ein paar Ideen haben", räumt er ein. "Ein Problem war auch das KERS, mit dem ich leider mehr Probleme hatte als beim Testen, wo es immer ganz gut funktioniert hat. Aber es hat in der ersten Runde nicht funktioniert. Dadurch war schon mal eine Runde futsch. Es kamen halt ein paar Dinge zusammen."

Witali Petrow

Witali Petrow war in Melbourne eine der ganz großen Überraschungen Zoom

Auch im Rennen war KERS nicht fehlerfrei: "Ich hatte Probleme mit KERS, es war aber nicht komplett kaputt. Wir haben ein paar Settings geändert und nach ein paar Runden ging's dann wieder." Eigentlich ein Wunder nach dem Rammstoß von Sebastien Buemi, der die komplette rechte Seite des Renault zerstört hatte. Daher ist Heidfeld auch dagegen, wie Red Bull auf (das fast gleiche) KERS zu verzichten: "Bei uns hat es im Winter die meiste Zeit funktioniert."

Der Deutsche erwartet in Sepang mehr Überholmanöver, "aber nicht wegen KERS, denn das haben ja fast alle. Aber in Australien war es schwierig, in der letzten Kurve dranzubleiben, weil die im dritten oder vierten Gang gefahren wird und recht lang ist. Hier sind sowohl die letzte wie auch die erste Kurve deutlich langsamer, richtige Haarnadeln im zweiten Gang. Das macht es einfacher zu bremsen und nahe dranzubleiben."

Mehr Überholmanöver als in Melbourne?

"Außerdem ist die Gerade insgesamt länger und auch die Anzahl der Meter, die wir mit dem DRS (verstellbarer Heckflügel; Anm. d. Red.) zur Verfügung haben. Also denke ich, dass das DRS hier einen deutlich größeren Einfluss haben sollte", erläutert er. Am liebsten wäre ihm aber ohnehin, wenn er nicht überholen müsste, sondern von Anfang an vorne mitmischen könnte - vor allem vor seinem Teamkollegen, der ihn vor zwei Wochen erstaunlich alt aussehen lassen hat.

Der wahre Speed von Petrow sei nach einem Rennen "unmöglich einzuschätzen", meint Heidfeld, "aber damit beschäftige ich mich ehrlich gesagt auch nicht. Das erste Rennen war so, wie es eben war, und jetzt geht es weiter." Ob Renault in Sepang noch besser aussehen wird, lässt er sich ebenfalls offen: "Keine Ahnung. Ich denke eigentlich vom Gefühl her, dass wir ein aerodynamisch gutes Auto haben, aber die Tests konnte man schlecht vergleichen."


Fotos: Renault, Großer Preis von Malaysia


"Nick ist ein erfahrener Mann und er hat viel Wissen, denn er fährt seit zehn Jahren Formel 1. Er weiß von verschiedenen Teams, was gut oder schlecht ist", sagt Petrow über den Kubica-Ersatzmann. Dass er den Routinier geschlagen hat, kam für viele überraschend - und sollte ihm eigentlich eine Menge Selbstvertrauen verleihen. Selbstvertrauen ist Petrow sogar wichtiger als das erste Podium: "Wenn du dich gut fühlst, kommt es nicht auf das Ergebnis an - aber es hilft natürlich."

Mit dem Podestplatz in Melbourne rief er die Formel 1 erstmals auch in Russland ins öffentliche Bewusstsein. "Ein Freund hat mich angerufen und mir gesagt, dass ich ständig im Fernsehen bin und in allen Zeitungen stehe. Und mein Vater wurde auch mit Anrufen überschüttet. Der hat sein Handy dann einfach ausgemacht", lächelt Petrow nicht ganz ohne Stolz. Nur einer hat noch nicht angerufen: Ministerpräsident Wladimir Putin. Den will der russische Grand-Prix-Star aber bald besuchen...