Richards über Villeneuve: "Das ist doch eine Farce!"

Ende 2003 stieg Jacques Villeneuve bei BAR-Honda aus, doch sein Streit mit dem damaligen Teamchef David Richards ist noch immer nicht geklärt

(Motorsport-Total.com) - Als David Richards Ende 2001 vom BAT-Konzern geholt wurde, um das BAR-Honda-Team finanziell zu sanieren und sportlich auf Vordermann zu bringen, hatte ein Mann damit überhaupt keine Freude: Jacques Villeneuve. Der Kanadier sah durch die Ablöse seines Managers Craig Pollock als Teamchef sein Standing gefährdet und lehnte Richards von Anfang an ab. Weil dieses Empfinden auf Gegenseitigkeit beruhte, entwickelte sich daraus bis zur endgültigen Trennung im Jahr 2003 eine mediale Schlammschlacht.

Titel-Bild zur News: Jacques Villeneuve und David Richards

Villeneuve und Richards konnten sich bei BAR-Honda von Anfang an nicht leiden

Angestoßen wurde das gegenseitige Besticheln über Zeitungen und Internetsites von Richards, der immer wieder öffentlich betonte, dass er nicht gewillt sei, für Villeneuves Gehalt, das kurioserweise von Pollock - damals gleichzeitig Villeneuves Manager und BAR-Honda-Teamchef - ausgehandelt worden war, geradezustehen. Richards kürzte als erste Amtshandlung Budget und Personal in Brackley und wollte auch die Bezüge seines Starfahrers beschneiden, der dies als Schmutzkübelkampagne gegen sich selbst auffasste.#w1#

Villeneuve sieht die Schuld unverändert bei Richards

Der heutige Sauber-Petronas-Pilot versteht auch heute noch nicht, warum er damals auf vertraglich ihm zustehendes Geld hätte verzichten sollen: "Warum er (Richards; Anm. d. Red.) so war, weiß ich nicht", erklärte er im Interview mit 'F1Total.com'. "Es gab einfach keinen plausiblen Grund dafür. Es hat einfach irgendwann angefangen. So, wie ich das sehe, bin ich aber nicht der Einzige, mit dem er so umgegangen ist, sondern es ist zwischen ihm und einigen weiteren Fahrern passiert."

"Anscheinend ist er auf einem Kreuzzug, alle Leute um ihn herum zu zerstören. Ich habe keine Ahnung, ob er einfach ein Problem mit seinem Ego hat oder ob es geschäftliche Hintergründe hatte", fuhr der 34-Jährige fort. Auch das Gehaltsargument lässt er nicht gelten: "Der Plan war nie, dass das Team mein Gehalt zahlen muss, sondern der Plan war, dass es die Sponsoren direkt zahlen sollen. Das hatte nie Auswirkungen auf das Budget des Teams", so Villeneuve vor seinem Heimrennen in Montréal.

Am Mittwoch konfrontierte 'F1Total.com' im Rahmen eines Interviews, von dem heute Nachmittag auch Teil zwei in voller Länge veröffentlicht wird, Richards mit diesen Aussagen. Der Brite schüttelte nur ungläubig den Kopf: "Wenn er das so gesagt hat, dann hat er die Situation damals völlig falsch verstanden. Meiner Meinung nach konnte sich das Team Jacques Villeneuve nicht leisten. Er war ein unangemessen hoher Kostenfaktor gemessen an den daraus resultierenden Vorteilen", sagte er.

Fahrergage hätte ins Team investiert werden sollen

Und weiter: "Sein Gehalt kam aus meinem Budget! Die Sponsoren sind doch im Endeffekt dasselbe wie die Teameigentümer - es geht um dasselbe Budget. Das ist doch eine Farce, wirklich. Lächerlich! Wenn er nicht das Geld bekommen hätte, hätten wir es für die Weiterentwicklung des Teams verwenden können", hob Richards seine Stimme. "Das Team konnte es sich nicht leisten, so viel Geld in einen einzelnen Mitarbeiter zu stecken. Wir wollten lieber in das Auto, in den Motor und in die Weiterentwicklung investieren."

Davon abgesehen gab der 53-Jährige zu, dass er auch bei einem gestutzten Gehalt kein besonders großes Interesse am Weltmeister von 1997 gehabt hätte: "Jacques mag ein großartiger Fahrer sein, der sich in Wettbewerbssituationen mit seinem aggressiven Stil gut durchsetzen kann - das hat er ja auch als Weltmeister bewiesen -, aber er ist ganz bestimmt keiner, der ein Team aufbauen kann", kritisierte der Prodrive-Chef, der sich übrigens vorstellen kann, mit einem eigenen Rennstall in die Formel 1 einzusteigen.

Auf Fahrer wie Villeneuve würde er für sein Projekt, falls es je dazu kommen sollte, sicher nicht setzen: "Wenn man ein neues Team aus dem Nichts aufbaut, braucht man echte Teamspieler, also Leute, die sich erst einmal um den Rest des Teams kümmern und dann erst um sich selbst. Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) ist ein gutes Beispiel dafür. Michael ist in dieser Hinsicht das Ultimative. Jacques kann das nicht", erklärte Richards.