Renault stellt klar: "Wir werden keine sechs Teams beliefern"

Bei fünf ist Schluss: Mehr Teams wird Renault in der Formel 1 nicht beliefern - Neuer Motor stellt eine engere Verbindung zur Serienproduktion her

(Motorsport-Total.com) - Derzeit beliefert Renault mit Red Bull, Lotus, Williams und Caterham vier Formel-1-Teams mit Motoren, doch schon in der kommenden Saison könnte auf die Franzosen mehr Arbeit zukommen. Toro Rosso möchte von Ferrari zu Renault wechseln und damit auf die gleichen Motoren wie das große Schwesterteam setzen. Damit wäre für Renault aber das Ende der Fahnenstange erreicht: "Wir werden keine sechs Teams beliefern, sondern maximal fünf, denn wir wollen einen guten Service garantieren", sagt Jean-Michel Jalinier, Chef des Formel-1-Programms von Renault.

Titel-Bild zur News: Renault

Renault möchte nicht das halbe Starterfeld mit Motoren versorgen

"Fünf sind für mich das Maximum, wenn wir von vier auf drei reduzieren würden, wäre ich glücklich", so der Franzose. "Damals waren wir hinsichtlich der Unterstützung in einer sehr guten Position." Allerdings glaubt Jalinier, dass sich dieses Problem ohnehin von alleine lösen wird, denn der Franzose erwartet, dass durch das neue Motorenreglement, welches ab 2014 gilt, mittelfristig neuen Motorenhersteller in die Formel 1 kommen werden. "Auf jeden Fall", so Jalinier. "Deswegen wird die Anzahl unserer Kunden in der Zukunft sinken, weil es mehr Wettbewerber gibt."

Derzeit läuft bei Renault die Entwicklung des neuen 1,6-Liter-V6-Turbomotors auf Hochtouren. Den Wegfall der aktuellen V8-Motoren begrüßt Jalinier ausdrücklich: "Wir können diesen Motor besser vermarkten als den aktuellen V8-Motor, vielleicht können wir damit einige Fans für die Formel 1 zurückgewinnen." Noch lieber wäre dem Franzosen aber gewesen, wenn der Motorsportweltverband FIA an den ursprünglichen Plänen eines Vierzylinder-Reihenmotors festgehalten hätte.

Reduzierung auf 1,6 Liter Hubraum wichtig

"Ein Vierzylinder-Reihenmotor ist denen der Straßenautos wesentlich ähnlicher. Damit wäre es einfacher gewesen, eine direkte Verbindung zwischen der Formel 1 und der Serienproduktion herzustellen", sagt Jalinier. Wichtiger sei jedoch die Verringerung des Hubraums gewesen. "Den Hubraum auf 1,6 Liter zu reduzieren, war für uns der wichtige Punkt. Denn mit einem 1,6-Liter-Motor fährt jedermann auf der Straße."

Der höhere Serienbezug des neuen Motors spiegelt sich auch in der Entwicklungsabteilung in Viry-Chatillon wider: "Momentan arbeiten 30 Ingenieure aus der Serienfertigung bei uns an der Entwicklung des neuen Motors", erklärt Jalinier. "Das Fachwissen innerhalb der Renault-Gruppe profitiert von diesem Projekt." Allerdings ist der Formel-1-Motor weiterhin der einzige Renault-Motor mit Hybrid-Antrieb, in den Serienautos sucht man diesen vergebens. Dafür ist der französische Hersteller jedoch bei reinen Elektroantrieben führend. Wäre daher nicht ein Engagement in der Formel E interessanter, die 2014 startet?

"Wir sind an der Formel E interessiert. Einige meiner Leute arbeiten an der Entwicklung der Formel E", sagt Jalinier. Allerdings sei auch der neue Formel-1-Motor für Renault sehr relevant: "Der neue Motor setzt einen Schwerpunkt auf Energierückgewinnung. Das wird zukünftig auch bei Straßenautos wichtiger und muss vom Hybrid-Antrieb getrennt betrachtet werden. Benzin wird heute hauptsächlich beim Beschleunigen aus dem Stillstand verbraucht."


Fotos: Renault präsentiert Turbomotoren für 2014


Formel-1-Technik mit Serienrelevanz

"Wenn man die Energie beim Bremsen speichern und anschließend zum Beschleunigen nutzen kann, ohne Benzin zu verbrennen, lässt sich der Benzinverbrauch deutlich reduzieren. Dieses System nutzen wir 2014 in der Formel 1, und es kann auch in der Serie sehr nützlich sein. Natürlich müssen wir die Kosten im Vergleich zur Formel 1 reduzieren. Aber das ist für mich die Zukunft", so Jalinier. Beim Stichwort Kosten der neuen Motoren wagt der Renault-Mann nur eine vorsichtige Schätzung.

Renault, Fabrik, Prüfstand, V6-Turbo

In der Renault-Fabrik läuft der neue V6-Turbo bereits auf dem Prüfstand Zoom

"Ich kann noch keinen genauen Kostenpunkt nennen. Der Motor, der derzeit läuft, ist die Null-Serie. Derzeit kosten die Motoren pro Saison etwa 15 Millionen Euro. Zehn Millionen sind dabei für die Motoren zu veranschlagen, fünf Millionen für das KERS und die Betreuung an der Strecke. 2014 werden die Kosten eher bei 20 Millionen Euro liegen", schätzt Jalinier. Tatsächlich dürften die Motoren aber kaum weniger als 25 Millionen Euro kosten, und dass obwohl ab 2014 statt bisher acht nur noch fünf Motoren pro Saison verwendet werden dürfen.

Doch dies könne die Entwicklungskosten, die über einen Zeitraum von sieben Jahren abgeschrieben werden, nicht kompensieren. "Die heutigen Motoren haben einen KERS-Generator. Im kommenden Jahr haben wir einen Turbolader, der den Motor teuerer macht, wir haben zwei KERS-Generatoren, die ausgereifter sind, wesentlich größere Batterien. Das erklärt die fünf Millionen Unterschied", so Jalinier, der sich jedoch bemüht, die Kosten weiter zu senken: "Wenn wir die Motoren günstiger anbieten können, wäre das ein Wettbewerbsvorteil."

Renault fordert Mitspracherecht

Die sei auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlich schwierigen Lage vieler Teams geboten: "Natürlich, denn wir sind uns der Situation in der Formel 1 bewusst und wissen, dass sie nicht gut ist. Mit Ausnahmen von vielleicht drei Teams gibt es kein Team, das mit seinem Budget zufrieden ist. Aber wir verdienen kein Geld mit der Herstellung der Motoren", so Jalinier. "Der Gewinn entsteht durch das Marketing. Aber die Entwicklungskosten muss man in harter Währung begleichen, während die Erlöse aus dem Marketing nicht in Bargeld erzielt werden."

"Wir verdienen kein Geld mit der Herstellung der Motoren." Jean-Michel Jalinier

Aufgrund der hohen Investitionen des Unternehmens fordert der Franzose auch ein entsprechendes Mitspracherecht bei politischen Entscheidungen der Formel 1: "Da wir vier Teams beliefern, ist unser Budget in etwa so groß wie das eines Mittelfeldteams. Daher sollte unsere Stimme auch das gleiche Gewicht haben", so Jalinier. Bei Gesprächen mit der FIA und der FOM mache man jedoch nur "sehr kleine Fortschritte."