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Reifen geben Rätsel auf: Schlittert Mercedes in Probleme?

Durch Regen, Diesel und den Sainz-Crash haben die Teams kaum Reifendaten: Wie sich das auf das Qualifying auswirkte und welche Folgen im Rennen drohen

(Motorsport-Total.com) - Es ist das Wochenende der großen Fragezeichen, was die Reifen angeht. Am Freitag war die Strecke nur unzureichend von ausgetretenem Diesel geputzt, weshalb der Grip fehlte. Am Nachmittag spülte dann der Regen auch noch den wenigen Reifengummi weg und hinderte die Teams daran, Erfahrungswerte zu sammeln. Und am Samstag sorgte der Crash von Carlos Sainz für einen Abbruch des dritten Freien Trainings, was den Teams weitere Probleme bereitete.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Hinterreifen im Brennpunkt: Mercedes hatte bei Longruns "kleinere Probleme" Zoom

So waren Sebastian Vettel und Felipe Nasr vor dem Qualifying überhaupt nie mit der Supersoft-Mischung unterwegs gewesen. Auch die Erfahrungswerte aus dem Vorjahr sind wertlos, weil damals die Mischungen um einen Grad härter waren. Dabei - so Jenson Button - sind die aktuellen Pneus immer noch zu hart für den glatten Asphalt in Sotschi: "Manche müssen hier mit dem Supersoft-Reifen Aufwärmrunden fahren - das zeigt, dass wir hier weichere Reifen verwenden könnten."

Experimente im Qualifying

Im Qualifying mussten die Piloten zu unüblichen Strategien greifen, um das Maximum aus den Gummis herauszuholen. "Da die Temperaturen hier so niedrig sind, weiß man nicht, in welcher Runde die Reifen am besten funktionieren", erklärt das McLaren-Ass. "Das liegt auch daran, dass wir bislang an diesem Wochenende so wenig gefahren sind. Manche setzten auf Runde eins, manche auf Runde zwei und manche auf Runde drei - das war bei allen Teams sehr unterschiedlich."

So fuhr Mercedes seine Top-Zeiten in der zweiten schnellen Runde, Ferrari schon beim ersten Versuch. Die Scuderia riskierte damit, dass die Vorderreifen in der entscheidenden Runde nicht ordentlich auf Temperatur sind, worüber Kimi Räikkönen im Nachhinein klagte, während Mercedes Gefahr lief, dass die Hinterreifen in die Knie gehen. "Man fängt mit einem Auto an, das am Anfang untersteuert und am Ende übersteuert", erklärt Williams-Chefingenieur Rob Smedley.

Button machte eine weitere ungewöhnliche Erfahrung: "Mit neuen Reifen waren wir drei Zehntelsekunden langsamer als mit alten Reifen. Merkwürdig! Man will eigentlich immer mit neuen Pneus beginnen. Das haben wir aber nicht gemacht."

Pirelli: Rennen als "großes Fragezeichen"

Doch was bedeutet all dies für das Rennen? Weitere Fragezeichen, denn die Piloten haben kaum Longruns absolviert. "Die optimale Rennstrategie ist ein großes Fragezeichen", sagt sogar Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery. "Zumal wir hier nie ein Rennen mit dem Supersoft-Mischung bestritten haben."

Bei Williams verlässt man sich diesbezüglich auf die Berechnungen vor dem Wochenende. "Wir und die anderen Teams werden einfach mit den Simulationsmodellen ins Rennen gehen, mit denen wir vor dem Event hier ankamen", sagt Smedley. "Wir müssen uns also auf die verlassen."

Als wahrscheinlich gilt wie im Vorjahr eine Einstopp-Strategie. Pirelli rechnet damit, dass die meisten Teams zwischen den Runden 18 und 22 des 53-Rundenrennens von der weicheren auf die härtere Mischung umstecken werden. "Das ist hier eigentlich ein ganz klares Einstopp-Rennen", sagt Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda gegenüber 'Sky'. Dennoch könnten manche Teams auf einen zweiten Stopp setzen, sollte es wärmer werden.


Fotostrecke: Horror-Crash von Carlos Sainz

Hinterreifen als Mercedes-Achillesferse?

Und dann wäre da noch die Frage, ob die Hinterreifen halten. "Der Reifenverschleiß ist hinten ziemlich hoch", sagt Lauda. "Doch das ist für alle gleich und das müssen wir für morgen hinbekommen." Und auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff spricht in Hinblick auf die Trainingswerte von "kleineren Problemen. Der Reifenabbau ist beim Rennen ein Thema."

Genau darauf hofft Ferrari-Herausforderer Sebastian Vettel, traut aber dem Braten nicht: "Wenn Toto beunruhigt ist, dann ist das ein gutes Zeichen, aber ich weiß nicht. Ich glaube nicht immer, was er sagt, um ehrlich zu sein." Entscheidend wird also sein, wie lange die Supersoft-Mischung hält.

"Der Reifenverschleiß ist hinten ziemlich hoch." Niki Lauda

"Wenn kein Verschleiß da ist, ist der weichere Reifen normaler Weise schneller", erklärt Lotus-Pilot Romain Grosjean. "Wenn man dann neue Reifen aufzieht, sind es nicht eineinhalb oder zwei Sekunden pro Runde. Dann sind es vielleicht nur vier oder fünf Zehntelsekunden." Insofern wäre es gar nicht so einfach, einen Rivalen mit einem Undercut zu überrumpeln.

Die Piloten rechnen damit, dass sich die Strecke am Sonntag in besserem Zustand präsentieren wird, was auch die Haltbarkeit der Reifen verbessern würde. "Morgen sollte die Strecke, was die Reifen angeht, besser sein, da heute durch den gestrigen Regen eigentlich der erste Tag war", erklärt Williams-Pilot Felipe Massa. Und Force-India-Mann Sergio Perez ergänzt: "Ich rechne mit keinem hohen Verschleiß."