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  • 25.11.2011 23:36

  • von Fabian Hust

Red Bull: Vom Jäger zum Gejagten

Red-Bull-Teamchef Christian Horner über eine bemerkenswerte Saison und wie es sich angefühlt hat, vom Jäger zum Gejagten zu werden

(Motorsport-Total.com) - Das Red-Bull-Team durfte dieses Jahr bereits vorzeitig über den Gewinn der Fahrerweltmeisterschaft und des Konstrukteurstitels jubeln - nun möchte man einer dominanten Saison beim Saisonfinale in Sao Paulo die Sahnehaube aufsetzen. Doch wie auch immer das Rennen ausgeht, für den österreichischen Rennstall war es ein Jahr, das man so schnell nicht vergessen wird.

Titel-Bild zur News: Christian Horner

Christian Horner bedauert, dass die Saison schon zu Ende geht...

"Es arbeiten einfach alle harmonisch miteinander", so Teamchef Christian Horner über das Erfolgsrezept. "Einfach alle, jede Abteilung, alle Bereiche, die man nicht sieht. Man sieht natürlich das, was an einem Grand Prix-Wochenende passiert, aber es sind auch die Dinge, die hinter der Szenerie vor sich gehen: Die Produktion, die tausenden Stunden, welche in den vergessenen Abteilungen wie zum Beispiel der Elektronik-, der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, der Lackiererei investiert werden. All diese Faktoren müssen zusammenkommen."

"Natürlich müssen auch die Fahrer ihren Teil leisten", fährt der Brite fort. "Sebastian ist in diesem Jahr auf einem unglaublichen Niveau gefahren. Aber es ist wie die Harmonisierung all dieser Aspekte, die zusammenkommen müssen, um solche Ergebnisse zu erzielen."

2010 war "ein sehr, sehr hartes Jahr"

"2010 war für das Team ein sehr, sehr hartes Jahr. Die Meisterschaft ging bis zur Ziellinie, die Entwicklung ging bis zum letzten Rennen weiter. Das zu schaffen und dann das erste Rennen des Jahres 2011 nach der Herausforderung 2010 zu gewinnen war etwas unglaublich Belohnendes. Darauf aufzubauen, diesen Schwung durch das Jahr mitzunehmen war wirklich sehr, sehr speziell."

Nach zwei erfolgreichen Jahren will die Konkurrenz die Jagd auf das Team kommendes Jahr natürlich verschärfen - das erhöht den Druck auf das Team: "Ja, es ist lustig, wenn man beginnt zu gewinnen, dann ist man sehr populär. Wenn du wiederholt gewinnst, dann wirst du sehr unpopulär. Das ist die Natur des Sports, die Natur dieses Geschäfts. Wenn man sich die vergangenen 40 Rennen anschaut, so haben wir 23 gewonnen. Alleine dieses Jahr haben wir 25-mal auf dem Podium gestanden, 17 Poles geholt."

"Es war ein bemerkenswertes Jahr oder für das Team eine bemerkenswerte Periode. Mit der Kontinuität, mit der Stabilität ist es unser Ziel, zu versuchen, dieses Leistungsniveau zu halten und die Erfolge zu holen, für die wir während den vergangenen Jahren so hart gearbeitet haben, um sie zu erreichen."

Horner unterschätzt die Konkurrenz nicht

"Aber wir haben es mit phänomenalen Gegnern zu tun. Man schaue sich nur Ferrari, ihren Stammbaum und das Erbe dieses Teams an. Oder die Ingenieurressourcen von McLaren. Man muss sich nur einmal die Größe und Dimension ihrer Anlagen anschauen. Wir unterschätzen unsere Gegner nicht, sind jedoch entschlossen, sehr fokussiert darauf, dieses Leistungsniveau aufrecht zu halten und darauf aufzubauen, dass wir nicht nur dieses Jahr, sondern auch 2010 und am Ende von 2009 erreicht haben."

Druck ist nicht gleich Druck

Das Team sei dieses Jahr die Messlatte für die Konkurrenz gewesen: "Damit verbunden ist ein anderer Druck. Es war ein anderer Druck, die Meisterschaft zu verteidigen, und ich denke, dass wir die Meisterschaft natürlich überzeugender verteidigt haben als wir sie das erste Mal gewannen, und es wird nicht einfacher. Natürlich gibt es Teams, die nun einige Jahre nicht mehr gewonnen haben und sehr entschlossen sind."

"Red Bull ist erst seit rund sieben Jahren dabei und wir haben vier Meisterschaften in den vergangenen zwei Jahren gewonnen. Es gibt andere großartige Teams mit unglaublich großen Ressourcen, die heiß darauf sind, wieder an die Spitze zurückzukehren."

"Wir können uns nur auf uns selbst konzentrieren, wir können nicht kontrollieren, was die anderen Teams machen. Hoffentlich können wir kommendes Jahr mit einem guten Auto ankommen und jene Form mitnehmen, die wir dieses Jahr genossen haben. Es ist wirklich schade, dass es nun enden muss. Ich weiß, dass wir uns am Ende des Novembers befinden, aber es wäre aus unserer Perspektive schön gewesen, wenn es noch etwas länger gegangen wäre."

Des einen Freud' ist des anderen Leid'

Auch wenn sein Team als Seriensieger unpopulär ist - in dieser Rolle fühlt sich Horner nicht ganz unwohl: "Um ehrlich zu sein, wenn man Rennen gewinnt, macht es das wieder gut. Man kann nicht jedermanns Liebling sein. Wir fokussieren uns darauf, was wir machen, und lassen uns nicht von anderen Dingen ablenken."

"Innerhalb des Teams herrscht ein phänomenaler Teamgeist. Ja, wir haben die vergangenen paar Jahre die Messlatte gesetzt, aber damit verbunden ist zusätzlicher Druck, wenn man vom Jäger zum Gejagten wird. Das ist eine andere Art Druck, mit der man umgehen muss."

"Eine der Dinge, die mich dieses Jahr wirklich zufrieden gestellt haben, ist die Art und Weise, wie das Team mit diesem anderen Druck umgegangen ist. Wenn man wie im vergangenen Jahr eine Meisterschaft jagt und man bis zur letzten Runde in der Erwartung geht, dass es noch ein langer Weg sein wird, bis man die Meisterschaft gewinnt, und dann am Ende ganz oben landet, so war dies ein komplett anderer Druck als in diesem Jahr. Die Art und Weise, wie wir dieses Jahr angegangen sind, war absolut lohnenswert, aber wir respektieren das Kaliber unserer Gegner absolut."

"Ferrari, McLaren und Mercedes sind alles großartige Teams. Sie verfügen über ein großartiges Erbe und einen großartigen Stammbaum, und wenn etwas das Siegen sogar noch befriedigender macht, dann die Tatsache, dass man es mit Gegnern dieses Kalibers zu tun bekommen."