• 29.09.2001 10:07

Ralf Schumacher: "WM-Platz zwei uninteressant"

Ralf Schumacher spricht über seine Form im Vergleich zu Montoya und warum für ihn Indy "langweilig" ist

(Motorsport-Total.com/dpa) - Kesses Auftreten, flotte Sprüche, entspannte Zufriedenheit - für Ralf Schumacher war die Welt einen Tag vor dem vorletzten Weltmeisterschaftslauf wieder in Ordnung. Während Bruder Michael noch dabei ist, die furchtbaren Ereignisse der vergangenen Wochen zu verarbeiten, präsentiert sich "Schumi II" im Mekka des amerikanischen Motorsports von seiner coolsten Seite. "Ich gehe total relaxt ins Rennen, denn für mich gibt es nicht mehr viel zu holen", meinte der 26 Jahre alte Formel-1-Pilot von BMW-Williams nach dem ersten Training auf dem Hochgeschwindigkeitskurs in Indianapolis. Dass er in den ausstehenden Saison-Rennen in den USA und zwei Wochen später im japanischen Suzuka hinter seinem Bruder noch Vize-Weltmeister werden kann, motiviert ihn dabei nicht.

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Ralf Schumacher: "Mir kommt hier alles ein bisschen langweilig vor"

"Ob du Zweiter, Dritter oder Vierter wirst, ist nicht wichtig. Es interessiert eigentlich nur der Erste. Der Zweite ist doch der erste Verlierer, und das zieht sich nach hinten durch", stellte der aktuell Viertplatzierte (48 Punkte) fest, der hinter Silberpfeil-Pilot David Coulthard elf und Ferrari-Fahrer Rubens Barrichello sechs Zähler zurückliegt. Dem "Hoppla-hier-bin-ich"-Typ habe das Jahr ausreichend große Höhepunkte beschert, so dass er schon jetzt auf das Erreichte "total glücklich" zurückblickt. Seine Erwartungen seien weit übertroffen worden. Gehofft hatte er auf einen Sieg, inzwischen steht er mit den drei Erfolgen von Imola, Montreal und Hockenheim sowie der Pole-Position von Magny-Cours zu Buche. Damit habe er aber erst "75 Prozent seiner Fähigkeiten" ausgeschöpft, schätzte er selbst ein.

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt habe er nie damit gerechnet, "dass wir permanent auf eine Rennstrecke gehen und zu den Favoriten gezählt werden". Auch Stallgefährte Pablo Montoya hatte vor zwei Wochen in Monza seinen ersten Grand Prix gewonnen und in den letzten vier Rennen drei Mal die Pole erobert. Den aufstrebenden Konkurrenten im eigenen Lager fürchtet Schumacher noch nicht, gleichwohl die nächste Saison "sehr aufregend" werden wird. Dass der draufgängerische Kolumbianer in Monza zwei Ränge vor ihm als Erster über den Zielstrich fuhr, störte ihn angesichts der eigenen Bilanz nicht.

Für ihn sei die ganze Woche beim Ferrari-Heimspiel ohnehin "sinnlos" gewesen. Seit den Terror-Anschlägen in Amerika konnte er sich über nichts mehr freuen. Inzwischen ist das aber wieder anders. Die Faszination seines Rennsports erschließt sich für ihn aber in Indianapolis nicht. Was nicht nur darin liegt, dass ihn der Friseur, der ihm am Vortag die Haare stutzte, geradezu majestätsbeleidigend fragte: "Was ist Formel 1?" - und dann auch noch in völliger Unkenntnis meinte: "Ach so, ihr seit ja dieses Jahr erstmals hier."

Von der beim legendären Cart-Rennen "Indy 500" gepriesenen Atmosphäre hatte Ralf Schumacher schon im Vorjahr nichts gespürt. Auch diesmal kommt ihm "alles ein bisschen langeweilig vor. Ich habe das Gefühl, dass keiner richtig Lust hat", bemerkte der Rheinländer. Seit Monza hat er nicht mehr mit seinem Bruder gesprochen, für die Menschen in Amerika interessierte er sich auch nicht sonderlich, und Gedanken über die Sicherheitsproblematik machte er sich ebenso wenig. "Dann sollte ich im Keller bleiben", befand der Wahl-Österreicher, der nach dem Rennen nur eines will: Schnellstens zurück ins traute Heim nach Salzburg zu seiner schwangeren Verlobten.