• 16.09.2005 11:43

Ralf Schumacher über Spa, Regen und eine Portion Glück

Der Toyota-Pilot Ralf Schumacher schildert sein Rennwochenende im belgischen Wetterwunder Spa-Francorchamps

(Motorsport-Total.com) - Toyota-Pilot Ralf Schumacher hat in Spa-Francorchamps am vergangenen Wochenende einige Glanzpunkte gesetzt. Der Kerpener lag für einige Zeit auf dem zweiten Platz und fuhr insgesamt ein gutes Rennen, konnte dann jedoch nur als Siebter das Ziel durchqueren, da dass unbeständige Wetter die Reifenwahl erschwerte.

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

In Spa mit aggressiver Taktik unterwegs: Ralf Schumacher

Frage: "Du kamst auf Platz zwei und hattest die schnellste Rennrunde. Hättest du in Spa auch gewinnen können?"
Ralf Schumacher: "Es wäre möglich gewesen, wenn die Dinge mehr nach unserem Gusto gelaufen wären. Wir waren im Rennen sehr wettbewerbsfähig und wechselten schon bei meinem zweiten Stopp auf Trockenreifen. Wenn diese Taktik funktioniert hätte, hätten wir sogar einen entscheidenden Vorteil gegenüber McLaren-Mercedes gewinnen können. Aber es lief nicht wie geplant und ich musste auf die Intermediates zurückwechseln. Nur vier Runden vor Ende kam ich erneut an die Box, um wieder Trockenreifen aufziehen zu lassen. Insgesamt hatte ich also vier Boxenstopps. Dass ich dann Siebter geworden bin und somit noch Punkte sammeln konnte, beweist nur, wie stark wir waren."#w1#

Frage: "In Spa kann es sehr schnell abtrocknen. Dieses Mal schien das nicht der Fall gewesen zu sein."
Schumacher: "Das einzige, was schnell austrocknete, war mein Glück. Wir sind in Spa schon Rennen gefahren, bei denen die Ideallinie schon zwei oder drei Runden nach einem Schauer wieder abgetrocknet war. Es scheint dann schnell zu trocknen, wenn die Sonne durchkommt oder die Luft noch sehr warm ist, aber dieses Mal war alles feucht. Es ist immer so etwas wie ein Glücksspiel, wenn man schnell auf Trockenreifen geht, aber wir wählten diese aggressive Strategie, weil wir eine gute Position hatten."

Frage: "War das Wochenende hart für dich, nachdem du auf Grund des Regens den größten Teil des freien Trainings am Freitag verpasst hattest?"
Schumacher: "Das macht es immer schwieriger. Wir durften unsere Reifenauswahl bis Samstagmittag verzögern, doch es war hart. Wir waren den gesamten Morgen über unsicher, welchen Typ wir wählen sollten. Zum Qualifying bin ich dann erstmals eine spezielle Reifenmischung gefahren und war daher nicht sehr zuversichtlich, aber es lief ganz gut."

"Wir überlegen auch, was im Rennen geschehen könnte, aber es ist immer ein gewisser Teil Mutmaßung dabei." Ralf Schumacher

Frage: "Im Qualifying warst du auf dem ersten und dritten Streckenabschnitt sehr gut unterwegs. Gab es in Sektor zwei ein Problem?"
Schumacher: "In Kurve acht brach mir kurz das Heck aus und ansonsten hatte ich in Sektor zwei massives Untersteuern, so dass ich nichts ausrichten konnte."

Frage: "Gehst du Kompromisse beim Setup ein, wenn es im Qualifying trocken ist, aber ein nasses Rennen erwartet wird und du nur wenig am Auto verändern kannst?"
Schumacher: "Wir überlegen auch, was im Rennen geschehen könnte, aber es ist immer ein gewisser Teil Mutmaßung dabei. Also ja, wir hatten im Rennen kein volles Trocken-Setup."

Frage: "Fährst du mit mehr Flügel, wenn du Regen erwartest?"
Schumacher: "Das kommt auf die aerodynamischen Daten an, die das Team erhält. Aber ja, wir nutzten mehr Flügel."

Frage: "Gibt es in Spa eine Stelle, auf die man bei nassen Konditionen besonders achten muss?"
Schumacher: "Auf allen Hochgeschwindigkeitsabschnitten wie der Eau Rouge oder der Blanchimont-Kurve muss man aufpassen, dass man nicht die Kontrolle verliert, aber das Hauptproblem ist auf der Strecke stehendes Wasser. Das kann Aquaplaning verursachen und sehr gefährlich werden."

Frage: "Ist die Sichtweite in Spa für dich ein Problem?"
Schumacher: "Das kann es sein, besonders auf der langen Geraden nach der Eau Rouge, wo es auf die Schikane zugeht. Das ist ein wenig wie auf den Waldabschnitten des alten Hockenheimringes, wo Dunst in der Luft hängen kann. Manchmal kann man kaum die Hand vor Augen sehen. Es ist nicht schön, wenn das Glück eine wichtigere Rolle als das Augenmaß spielt."

Frage: "Ist es also so, dass man einfach Gas geben und blindes Vertrauen haben muss?"
Schumacher: "So kann man es sagen, wenn man Bedingungen hat, wie wir sie im zweiten Training vorfanden, als Vitantonio Liuzzi mit dem Aquaplaning zu kämpfen hatte und ansonsten nur Fernando Alonso für eine langsame Runde auf die Strecke ging. Wir haben alle mit Charlie Whiting, dem Sicherheitsdelegierten der FIA, gesprochen und kamen mit ihm überein, dass wir im Zweifelsfall das Safety-Car besser zu früh als zu spät auf die Strecke bringen wollten. Dann aber war die Strecke ja fast bis zum Ende nass, es regnete nicht stark und die Bedingungen stellten kein Problem dar."

Frage: "Konntest du vor Spa die neuen Nassreifen von Michelin testen?"
Schumacher: "Nicht wirklich. Für die meisten von uns war es die erste Regenfahrt des Jahres abgesehen vom Qualifying in Melbourne. Gott sei Dank war es nicht so nass, dass wir die Reifen für extreme Bedingungen aufziehen mussten, doch die Intermediates funktionierten gut."

"Es sieht so aus, als wären wir auf Hochgeschwindigkeits- strecken sehr gut unterwegs." Ralf Schumacher

Frage: "Magst du Spa persönlich?"
Schumacher: "Ich denke, es ist ein guter Kurs für alle, ein netter Hochgeschwindigkeitskurs. Jeder hat seine eigenen Präferenzen und man kann sagen, dass meine Lieblingsstrecke Suzuka ist, dicht gefolgt von Spa. Ich habe allerdings mit keiner Strecke wirklich Probleme."

Frage: "Freust du dich darauf, für Toyota in Japan zu fahren?"
Schumacher: "Ja, denn es sieht so aus, als wären wir auf Hochgeschwindigkeitsstrecken sehr gut unterwegs. Es wäre großartig, eine gute Performance abzuliefern und vielleicht sogar einen Podestplatz für Toyota zu ergattern."

Frage: "Wie würdest du dieses Jahr beschreiben?"
Schumacher: "Bis jetzt ziemlich gut und sogar viel besser, als wir alle erwartet hätten. In Spa funktionierte das Auto erneut gut und wir waren sehr wettbewerbsfähig."

Frage: "Wie gefällt dir die Zusammenarbeit mit dem Team?"
Schumacher: "Sehr gut. Es ist sehr angenehm, mit ihnen zu arbeiten. Toyota hat eine ganz andere Art, mit den Fahrern umzugehen, als WilliamsF1. Beide Teams arbeiteten auf ihre eigene Art und Weise gut, aber ich persönlich bevorzuge Toyota."