• 05.10.2006 11:11

  • von Inga Stracke

Ralf Schumacher: "Hier ist alles nochmal wichtiger"

Der Toyota-Pilot im Interview über seine Lieblingsstrecke, die Stimmung vor dem Heimrennen, das Titelduell und das Verhältnis zu Bruder Michael

(Motorsport-Total.com) - Frage: "An diesem Wochenende wird wohl das letzte Mal in Suzuka gefahren, wie groß ist die Abschiedsträne, die du der Rennstrecke hinterherweinst?"
Ralf Schumacher: "Das werde ich am Sonntag herausfinden... Spaß beiseite, es ist meine Lieblingsstrecke, von daher ist es natürlich schade. Nichtsdestotrotz werden wir im kommenden Jahr an eine andere tolle Rennstrecke in Japan fahren, Fuji. Das ist natürlich ein bisschen etwas anderes, aber vielleicht ist es auch gut, mal etwas anderes zu erleben."

Titel-Bild zur News: Ralf Schumacher

Ralf Schumacher weiß, dass Toyota in Suzuka gewaltig unter Druck steht

Frage: "Was macht Suzuka zu deiner Lieblingsstrecke?"
Schumacher: "Sie besteht aus einer einzigartigen Kombination von Kurven, der erste Teil mit den 'Esses', dann die 'Dunlop'-Kehre und die 'Spoon'. Das ist eine Kombination von Kurven, die man nirgendwo wieder findet. Obwohl die Strecke recht alt ist, hat sie einen ganz guten Sicherheitsstandard. Auch die Atmosphäre darf man hier nicht unterschätzen, sie ist mit den japanischen Fans sehr enthusiastisch im Verhältnis zu den anderen Fans, das macht natürlich auch etwas aus."#w1#

Frage: "Wie sehr wird man fahrerisch gefordert, wenn man im Auto sitzt?"
Schumacher: "Zunächst einmal spielt ein gutes Auto und die richtige Reifenwahl in Suzuka eine große Rolle, ansonsten kann man hier nicht schnell sein. Man muss es natürlich auch umsetzen können. Man sollte Suzuka schon kennen, aber das ist ja bei allen Fahrern, die hier sind, der Fall."

Frage: "Wie ist es um dein Gefühl bei diesem Heimrennen für Toyota bestellt?"
Schumacher: "Es ist natürlich klar, dass wir speziell nach den letzten beiden Rennen hier zeigen wollen, dass wir schnell sind. Wir wollen Punkte sammeln und wenn es möglich ist, gerade hier auf das Podium fahren. Die Wetterbedingungen sind natürlich erneut ein wenig schwierig, aber wir werden unser Bestes geben. Es ist natürlich so, dass hier in Japan vor dem Heimpublikum und den Chefs alles nochmal wichtiger ist."

Frage: "Wer entscheidet den Kampf um den WM-Titel für sich?"
Schumacher: "Ich gehe schon davon aus, dass es unter normalen Bedingungen Ferrari schaffen kann. Sie haben zurzeit das stärkere Paket, sie machen weniger Fehler und sie haben den erfahreneren Fahrer."

Frage: "Wenn man es etwas differenziert, was spricht für den einen und was für den anderen Fahrer?"
Schumacher: "Für Michael spricht die jahrelange Erfahrung mit dem Team und dem Auto. Er hat das Gefühl, wie man zusammen mit dem Team zum richtigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung trifft. Für Alonso spricht, dass er zwar ein ruhiger Charakter ist, aber auch wenig Fehler macht aber dagegen eindeutig, dass er das Team verlässt, dass es intern Unruhen gibt. Man sieht ja auch, dass Renault schon ab Mitte des Jahres stark gekämpft hat. Das wird sie sicherlich auch zum einen oder anderen Risiko und damit auch zu Fehlern zwingen."

Frage: "Glaubst du, dass Michael einen kleinen psychologischen Vorteil hat?"
Schumacher: "Das kann ich schlecht beurteilen, das kann man ihn vermutlich nur selbst fragen."

Frage: "Kann man in der Formel 1 überhaupt taktisch fahren angesichts der Tatsache, dass im Schumacher: "Moment in Bezug auf die Punkte Gleichstand herrscht und Schumacher nur einen Sieg mehr hat?"
Für beide ist es jetzt ein sehr spannender und meiner Meinung nach auch ein sehr nervenaufreibender Moment, auch wenn es keiner zugibt. Für die Medien ist es natürlich noch spannender, das ist das perfekteste Finale, das man sich überhaupt vorstellen kann. Aber ich glaube, dass beide unter demselben Druck leiden, wenn man es so sagen darf."

Frage: "Kannst du beschreiben, wie es damals war, als dir Michael das Kart fahren beigebracht hat?"
Schumacher: "Ich weiß das nicht, denn ich habe mit zweieinhalb Jahren angefangen. Da müsste ich mich vielleicht unter Hypnose daran erinnern. Ich kann mich nur an die späteren Jahre erinnern, da sind wir miteinander und gegeneinander aus Spaß Kart gefahren. Aber an die früheren Jahre kann ich mich nicht erinnern."

Frage: "Hast du dir manchmal gewünscht, dass dein Bruder einen anderen Beruf ausübt als du? Also ich könnte mir nicht vorstellen, dass ich hier mit meinem Bruder stehe, das muss doch ein komisches Gefühl sein, oder?"
Schumacher: "Ich muss sagen, dass das immer sehr angenehm war, ich hatte damit nie ein Problem. Das liegt aber wohl auch immer an der Einstellung, die ein Mensch hat, oder auch an Wünschen. Ich habe immer mein eigenes Ding durchgezogen und habe immer versucht, mich in meinen eigenen Dingen zu verwirklichen. Ich habe es als sehr angenehm empfunden, dass mein Bruder dabei war, ich habe auch sehr gerne über meinen Bruder gesprochen. Ich meine, er hat ja auch den Sport geprägt, das hat mich jedoch in keiner Weise beeinflusst. Ich habe meine eigene Sache und meine Karriere durchgezogen, hätte natürlich dies auch gern erfolgreicher gemacht. Aber ich habe ja noch ein paar Jahre Zeit, schauen wir mal."

Frage: "Hat sich das Verhältnis zueinander, weil man ja auch den gleichen Beruf hat, über die Jahre hinweg vielleicht ein wenig verändert? Oder ist das Verhältnis noch ähnlich wie 1997, als man erstmals gemeinsam in der Formel 1 unterwegs war?"
Schumacher: "Ich bin Mitte 1996 als Testfahrer dazu gestoßen. Natürlich hat sich das Verhältnis verändert, weil ich zwischenzeitlich auch erwachsen geworden bin, eine Familie gegründet habe und ich woanders lebe. Dementsprechend verschieben sich die Prioritäten der beiden. Der eine hat eine Familie, der andere hat eine Familie. Aber das auf keiner Weise auf ein abnormale Art, wir pflegen einen ganz normalen Umgang. Aber er ist natürlich jetzt nicht mehr so wie zur Kindheit, aber das ist ja auch klar."