powered by Motorsport.com
  • 05.10.2006 11:21

  • von Inga Stracke

Schumacher: "Blicke auf das nächste Rennen"

Michael Schumacher im Interview über seinen Sieg in China, die Ausgangsposition im WM-Kampf, seinen Abschied von Suzuka und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Gut gelaunt präsentierte sich Michael Schumacher heute im Fahrerlager von Suzuka trotz des regnerischen Wetters der versammelten Presse. Der Ferrari-Star macht zwei Rennen vor seinem Karriereende und nach seinem wichtigen Sieg in China, mit dem er erstmals seit 2004 wieder die WM-Führung übernommen hat, einen gelösten Eindruck.

Titel-Bild zur News: Michael Schumacher

Michael Schumacher wirkt so locker und gelöst wie schon lange nicht mehr

Frage: "Michael, nach deinem Sieg in China warst du so ausgelassen wie sonst nur selten. Was war der Grund dafür?"
Michael Schumacher: "Das war ziemlich offensichtlich. Keiner konnte erwarten, dass wir das Rennen gewinnen würden. Das kam dann zustande und ich übernahm gleichzeitig auch noch die Meisterschaftsführung in dem Moment. Da waren genug Gründe vorhanden, warum wir da etwas aus dem Häuschen waren."#w1#

Shanghai war ein klassischer "Big Point"

Frage: "War das so etwas wie ein 'Big Point' im Tennis?"
Schumacher: "Ja. So kann man das nennen."

Frage: "Viele sind der Meinung, dass Shanghai dein bisher bestes Rennen war. Wie siehst du das selbst?"
Schumacher: "Es war sicherlich eines meiner besseren Rennen, ja, aber ob es das beste war, mag ich jetzt nicht beurteilen. Ich bin auch viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt, als dass ich mich damit auseinandersetzen würde, welches Rennen jetzt mein bestes war. Sorry, aber ich habe im Moment andere Sachen im Kopf."

"Es war sicherlich eines meiner besseren Rennen." Michael Schumacher

Frage: "Wie ist momentan die Stimmung im Team?"
Schumacher: "Dementsprechend gut natürlich."

Frage: "Wo siehst du im WM-Kampf momentan deine Vor- und Nachteile?"
Schumacher: "Das überlasse ich euch!"

Frage: "Du gibst nicht viel auf Psychologie in der Formel 1, aber ist es ein psychologischer Vorteil, dass du erstmals seit 2004 wieder die Weltmeisterschaft anführst?"
Schumacher: "Ich würde nicht unbedingt behaupten, dass das ein allzu großer psychologischer Vorteil ist. Das sollte man nicht überbewerten. Es ist schön und es ist auch wichtig für uns, wie das Rennen in China zustande gekommen ist, wie es abgelaufen ist. All diese Punkte waren sehr wichtig, aber es ist so, dass die Vergangenheit in der Formel 1 noch nie sehr viel bedeutet hat - weder mir und wohl auch nicht meinen Konkurrenten. Ich blicke auf das nächste Rennen. Da wird das Kartenspiel neu gemischt, wie man so schön sagt."

Frage: "Fernando Alonso sagt, dass er von seinem Teamkollegen zu wenig unterstützt wird. Wird Renault langsam nervös?"
Schumacher: "Dazu sage ich nichts."

Massa kann Schumacher kaum noch helfen

Frage: "Wie kann einen ein Teamkollege wie Felipe Massa in so einer Situation unterstützen?"
Schumacher: "In erster Linie kann er das Team in der Konstrukteurs-WM unterstützen. Das ist sicher das Wichtigste, weil wir von der Punktesituation her im Moment ausgeglichen sind. Dadurch geht es bei mir um ein direktes Duell, in dem man nicht auf die Hilfe des Teams angewiesen ist, aber wenn sie dann noch dazukommt, gibt das noch ein Extratüpfelchen drauf. Für uns ist aber wichtig, dass wir unseren Job machen und uns auf uns selbst konzentrieren."

Frage: "Wie wichtig sind generell die Teamkollegen im WM-Kampf?"
Schumacher: "Ich glaube, dass Fernando und ich schon meistens vor unseren Teamkollegen fahren und dass sie eher für die Konstrukteurs-WM den Ausschlag geben werden."

"Ich glaube, dass Fernando und ich schon meistens vor unseren Teamkollegen fahren..." Michael Schumacher

Frage: "Aber man kann ja auch mal den Rücken freigehalten bekommen..."
Schumacher: "Gut, das ist schon ein paar Mal passiert in diesem Jahr. Wir haben es andersrum noch nicht wirklich umsetzen können, aber das hat in Shanghai das Rennen auch nicht wirklich verändert. Das muss man schon dazusagen, da muss man fair bleiben. Deswegen lege ich da nicht allzu viel Wichtigkeit hinein, speziell jetzt, bei Gleichstand. Das wäre natürlich mit einem großen Punkterückstand anders, denn dann wäre der Teamkollege einer der Wichtigsten, der einem hätte helfen können. Natürlich wäre es hilfreich, wenn Felipe (Massa; Anm. d. Red.) zwischen mich und Fernando fahren könnte. Man muss nicht darüber reden, was das helfen würde, aber ob das dann der Fall ist, muss man abwarten."

Frage: "Theoretisch kannst du hier schon Weltmeister werden."
Schumacher: "Theoretisch, ja."

Frage: "Deine Frau und dein Manager sind nicht hier. Wäre das dann eine Singleparty?"
Schumacher: "Da wird gar keine Party sein. Ich gehe am Sonntag auf jeden Fall nach Hause."

Schumacher rechnet nicht mit vorzeitiger Entscheidung

Frage: "Auch wenn du Weltmeister wirst?"
Schumacher: "Davon gehe ich nicht aus."

Frage: "Ist dieser WM-Kampf für dich anders als alle anderen davor?"
Schumacher: "Klar, meine Situation ist so, dass es die letzten Rennen sind, die ich fahren werde, aber im Auto denke ich nicht darüber nach. Da bist du so in deinem Element und so beschäftigt, dass du dich auf deine Sache konzentrierst. Alles andere kommt erst nachher."

Fernando Alonso und Michael Schumacher im Zweikampf

WM-Showdown zwischen Michael Schumacher und Fernando Alonso Zoom

Frage: "Der WM-Kampf ist spannender als in so manch anderem Jahr."
Schumacher: "Ja, aber ich hatte auch da nie ein Problem, habe mich auch da wohl gefühlt..."

Frage: "Kann man das genießen oder leidet man auch darunter, wenn es so eng zugeht?"
Schumacher: "Das kann sowohl als auch sein. Das kommt ganz auf die Situation an."

Frage: "Macht die Weltmeisterschaft so knapp vor dem Karriereende mehr Spaß?"
Schumacher: "Es macht mir mehr Spaß als noch in Kanada, keine Frage."

Frage: "Zählst du manchmal geistig herunter, dass es noch zwei Rennen sind, dann nur noch eines?"
Schumacher: "Ja, aber auch das ist ja ein Plus. Ich hätte meine Entscheidung nicht getroffen, wenn ich nicht darüber glücklich wäre, das nicht mehr zu machen. Insofern schaue ich auch dem positiv entgegen."

Frage: "Du fährst zum letzten Mal hier in Suzuka, auch die Formel 1. Wie groß ist die Abschiedsträne, die du verdrücken musst?"
Schumacher: "Das ist sicher schade, auch wenn es mich selbst ja nicht betrifft, sondern die anderen Jungs, die hier auch sehr viel Spaß hatten. Die Strecke ist eine große Herausforderung für uns Fahrer. In der Hinsicht ist es sicherlich für jedermann schade, nicht mehr hier zu sein."

Frage: "Geht da die beste Rennstrecke verloren?"
Schumacher: "Nachdem ja Spa dieses Jahr schon in Pension gegangen ist, ist das auch noch eine dazu, ja."

Suzukas erster Sektor hat es in sich

Frage: "Warum kommt ihr Fahrer so gerne nach Suzuka?"
Schumacher: "Die Rennstrecke ist ziemlich herausfordernd, weil die Kurvenkombinationen doch einzigartig sind und ineinander übergehen. Speziell der erste Sektor ist in der Hinsicht sehr wichtig, da kann man sehr viel Zeit gutmachen. Natürlich braucht man ein gut ausbalanciertes Auto, aber wenn das der Fall ist, kann der Fahrer dementsprechend seines dazutun."

Frage: "Was braucht man, um hier zu gewinnen?"
Schumacher: "Wie auf jeder Strecke natürlich ein gutes Auto, aber man kann hier als Fahrer die gewisse Extraportion einbringen, weil die Kurvenkombinationen doch sehr anspruchsvoll sind."

"Man kann hier als Fahrer die gewisse Extraportion einbringen, weil die Kurvenkombinationen doch sehr anspruchsvoll sind." Michael Schumacher

Frage: "Deine schönste Erinnerung an Suzuka?"
Schumacher: "2000."

Frage: "Sind dir die deutsch geschriebenen Plakate der japanischen Fans schon aufgefallen?"
Schumacher: "Zu der Seite bin ich noch nicht gekommen."

Frage: "Inwieweit drückt das schlechte Wetter bei dir, Ferrari und Bridgestone auf die Stimmung?"
Schumacher: "Es ist umgekehrt als in China, denn dort hatten wir schönes Wetter und dann regnete es. Hier soll es vielleicht schön werden. Damit können wir leben."

Frage: "Unter welchen Wetterbedingungen sind eure Reifen leistungsfähig beziehungsweise nicht leistungsfähig?"
Schumacher: "Im Regen haben wir jetzt zweimal gesehen, dass wir unter nassen Bedingungen ein bisschen Probleme haben, mit normalen Regenreifen. Wenn die Strecke dann abtrocknet, kommt dann ab einem gewissen Punkt Gleichstand und mitunter auch mal ein kleiner Vorteil. Im Trockenen verändert sich das je nach Rennstrecke."

Frage: "Es gibt noch keine Vergleiche für richtig strömenden Regen. Was schätzt du?"
Schumacher: "Es bringt nichts, wenn ich das einschätze. Das hilft niemandem."

Frage: "Du befindest dich quasi auf Abschiedstour. Wie war die Woche zwischen Shanghai und hier?"
Schumacher: "Das hat man ja gesehen: Pressekonferenz bei Bridgestone - und ansonsten Training und Ruhe."