Prost: Renault vermarktet Erfolge schlecht

Alain Prost erklärt, wie er mit Hilfe der Turbo-Ära Renault aus der Automobilkrise führen will und ortet Schwächen bei der Vermarktung der sportlichen Erfolge

(Motorsport-Total.com) - In der Formel 1 fährt Renault mit Red Bull von Erfolg zu Erfolg, doch in der Serienproduktion tun sich die Franzosen im Gegensatz zu Mercedes & Co. weiter schwer. In Europa halten sich die Verkäufe massiv in Grenzen, in den Wachstumsmärkten ist man zu wenig etabliert. Anfang 2012 haben die Franzosen den vierfachen Formel-1-Champion Alain Prost als Markenbotschafter engagiert. Er soll dazu beitragen, dass sich die Triumphe in der "Königsklasse" des Motorsports besser verkaufen lassen und sich positiv auf die Absatzzahlen auswirken.

Titel-Bild zur News: Alain Prost

Alain Prost sieht das Turbo-Reglement für Renault als Riesenchance Zoom

Der 58-Jährige, den sie einst "Professor" nannten, hat einige Probleme geortet. "Ehrlich gesagt wissen nicht so viele Leute, dass Renault die letzten drei Weltmeisterschaften mit Red Bull gewonnen hat", fällt dem Franzosen auf, der seinen letzten WM-Titel 1993 im Williams-Renault einfuhr. "Das ist etwas, das ich nicht akzeptieren kann. Wir müssen das ändern. Die Leute müssen wissen, dass Renault beteiligt ist und warum Renault beteiligt ist."

Ihm ist bewusst, dass die mangelnde Identifikation sportlicher Erfolge mit dem Renault-Konzern kein Phänomen der Formel-1-Neuzeit ist. Schon 1993 war der Williams-Bolide mit der aktiven Radaufhängung in aller Munde, von einem "Wunderauto" war die Rede - der Autohersteller, der den Motor lieferte, konnte die Dominanz aber nur bedingt nutzen. "Ich weiß nicht, warum das so ist", fragt sich auch Prost. "Vielleicht liegt es an der Bescheidenheit. Die technische Leistung ist perfekt. Wir verdienen eine bessere Publicity. Die Frage ist also jetzt, wie wir das erreichen."

Reglementrevolution soll Renault-Image aufpolieren

Der Mann aus Saint-Chamond hat bereits einen Plan: Er will die Reglementrevolution 2014 nutzen, um bei seinem Arbeitgeber den Turbo zu zünden. Renault ist seit Jahren ein kompromissloser Verfechter des neuen Motorenreglements. Die aktuellen V8-Saugermotoren mit 2,4 Litern Hubraum werden durch kleine, verbrauchsärmere V6-Turbomotoren mit 1,6 Litern Hubraum ersetzt und sollen der Formel 1 zu einem umweltfreundlicheren Image verhelfen. Der Sport soll somit wieder zum Vorreiter innovativer Technologien für den Automobilsektor und für Hersteller und Sponsoren interessanter werden.

"Die Verbindung von der zur Formel 1 zur Serie wird enger, vor allem mit dem nächstjährigen Motor", ist Prost überzeugt. "Wir müssen diese Gelegenheit kommende Saison nutzen, um das ins rechte Licht zu rücken." Beim Marketing will Prost "auf neue Strategien setzen", obwohl er noch nicht genau wisse, wie diese aussehen werden. Aber: "Ich möchte Renault auf ein Niveau bringen, das man sich verdient hat - jetzt und in der Zukunft."

"Ich möchte Renault auf ein Niveau bringen, das man sich verdient hat." Alain Prost

Prost schießt scharf gegen französische Politiker

Vor allem in der "Grande Nation" gelte es, das Image der Formel 1 ordentlich aufzupolieren. Laut dem Franzosen hat der Sport im vergangenen Jahrzehnt viele Fans verloren, was nicht nur daran liegt, dass es kaum konkurrenzfähige Fahrer und zuletzt kein Rennen gab. "Es gab ständig diese Probleme mit der Umwelt, es wurde sehr negativ über Autos gesprochen", will er auf den Kern des Problems ausgemacht haben. "Die großen Unternehmen wollten sich also nicht am Rennsport beteiligen, weil es nicht gut für das Image war. In Hinblick auf die Formel 1 hat man in Frankreich in den vergangenen Jahren keine gute Arbeit geleistet."

Estoril 1993: Alain Prost zum vierten Mal Weltmeister

1993 sicherte sich Prost mit Renault-Power seinen vierten Titel Zoom

Die französischen Politiker sieht er als Mitverursacher des Problems: "Ich nehme ganz klar gegen die Politiker in diesem Land Stellung. Sie machen alles kaputt." Die aktuelle Regierung unter der Führung von Staatspräsident Francois Hollande sei dabei "noch viel schlimmer" als die von Vorgänger Nicolas Sarkozy.

Arbeitsplätze in Gefahr

Das neue Formel-1-Reglement soll nun dazu beitragen, dass ein Umdenken bei der Öffentlichkeit einsetzt - dabei geht es laut Prost nicht nur um den Sport oder um Renault, sondern um ganz andere Dimensionen. "Die Straßenautos stehen aus Umweltschutzgründen im Kreuzfeuer", sagt er. "Es wird über Dieselmotoren und Feinstaub gesprochen. Das sind doch Dinge, die wir schon seit 50 Jahren wissen."

"Niemand begreift, dass mit zwei Herstellern ungefähr 300.000 Menschen in diesem Bereich arbeiten. Dazu kommen dann noch Zulieferer, und wir sind schon bei fast einer Million Menschen. Es handelt sich um eine große Industrie, und es besteht kein Grund, diese Industrie zu attackieren. Die Situation wird sich bessern, und wir müssen diese Gelegenheit dazu nutzen", verweist er auf das "Schlüsseljahr" 2014.

Wie Prost seine Rolle bei Renault wahrnimmt

Doch wie nimmt Prost seine Rolle bei Renault wahr? "Meine Rolle ist sehr klar", erklärt er. "Ich bin erstens Botschafter und zweitens ein Berater für den taktischen Bereich in der Formel 1. Das erste Ziel ist, die Formel 1 den Leuten näher zu bringen - besonders in Frankreich, aber auch überall anders." Er will bei "fünf bis sechs Rennen" vor Ort sein, sich aber nicht in die Abläufe bei Renault einmischen.

Sein Focus wird der neue Motor für 2014 sein: "Ich bin sehr neugierig und interessiert an diesem neuen Motor, an diesem neuen Projekt. Ich werde da auf dem aktuellen Stand sein. Ich habe eine sehr enge Beziehung zu Rob White (Motorenchef bei Renault, Anm.), und ich will wissen, wie die Lage ist. Ich will aber keine Ratschläge geben. 30 Leute von der Renault-Motorenabteilung arbeiten mit Rob und seinem Team. Sie haben gute Kenntnisse, und sie brauchen mich nicht, um die Dinge zu verbessern."

Neben seiner Tätigkeit bei Renault will Prost auch bei den Fernsehübertragungen auf 'Canal+' - die Formel 1 ist 2013 in Frankreich erstmals nicht mehr im Free-TV zu sehen - eine Rolle spielen. "Ich habe das Gefühl, dass ich das machen muss", fühlt er sich berufen. "Mich interessiert der pädagogische Aspekt. Man muss den Leuten ein paar Dinge erklären."