Prost offenbart den Grund für seine Angst vor Regen

Der vierfache Formel-1-Weltmeister Alain Prost war nie als großartiger Regenfahrer bekannt - 20 Jahre nach seinem Rücktritt erklärt der Franzose, warum

(Motorsport-Total.com) - Ayrton Senna und Alain Prost prägten mit ihren Duellen um Siege und Weltmeistertitel eine ganze Formel-1-Ära. Von den 96 im Zeitraum 1988 bis 1993 ausgetragenen Grands Prix gingen nicht weniger als 58 entweder auf das Konto des Brasilianers oder des Franzosen. Zusammengerechnet brachten es die beiden Ausnahmekönner im Verlauf ihrer Karrieren auf 92 Siege und sieben WM-Titel.

Titel-Bild zur News: Alain Prost

Regenrennen waren Alain Prost (hier in Donington 1993) stets ein Graus

Lagen Sennas Trümpfe auf dem Gebiet der Risikobereitschaft, was der Brasilianer vor allem in seinen Paradedisziplinen Qualifying und Regenrennen ein ums andere Mal unter Beweis stellte, so punktete Prost in erster Linie über seine beispielhafte Konstanz. Die absolut schnellste Runde im Qualifying war nur selten die Welt des kleingewachsenen Franzosen. Während es Senna bei 161 Anläufen auf 65 Pole-Positions brachte, standen für Prost nach 199 Versuchen deren 33 Poles zu Buche.

Auch in puncto Siege im Regen zieht Prost mit drei gegenüber Senna mit 13 den Kürzeren. Den verregneten Grand Prix von Australien 1989 - ihr letztes gemeinsames Rennen als Teamkollegen - gab Prost sogar aus freien Stücken auf. Angesichts der Tatsache, dass er seinen dritten WM-Titel bereits in der Tasche hatte, stand für den "Professor" das Risiko in keinem Verhältnis zum Nutzen. Im Gegensatz dazu scheute Senna wie gewohnt kein Risiko und bezahlte mit einer Kollision mit dem Brabham von Martin Brundle, den er in der Gischt von Nelson Piquets Lotus nicht sehen konnte.

Hockenheim 1982: Pironis Unfall hinterlässt Spuren bei Prost

Für Prost war es nicht das erste Mal, dass er ein Rennen freiwillig aufgegeben hatte. Auch eineinhalb Jahre zuvor, beim Grand Prix von Großbritannien 1988 in Silverstone, stellte der Franzose seinen Wagen vorzeitig an der Box ab. Nicht ohne Grund, wie er nun offenbart. Sechs Jahre zuvor hatte er mit ansehen müssen, wie sich Ferrari-Pilot Didier Pironi bei einer Kollision im verregneten Hockenheim-Qualifying schwerste Beinverletzungen zuzog, die schließlich das Karriereende bedeuteten.

Alain Prost

Die Gedanken an Hockenheim 1982 stimmen Prost noch heute nachdenklich Zoom

Was war passiert? Prost, damals in Diensten des Renault-Teams unterwegs, befand sich im Qualifying gerade nicht auf Zeitenjagd und wurde auf der Gerade zwischen Ostkurve und dritter Schikane von Derek Daly (Williams) überholt. Der nachfolgende und gerade auf einer schnellen Runde befindliche Pironi dachte, Daly würde ihm die Ideallinie freigeben. Das Auto von Prost konnte der Ferrari-Pilot im Regen des Hockenheimer Waldes nicht sehen.

Mit voller Wucht krachte der Ferrari vor der Schikane ins Heck des Renault. Der rote Bolide stieg auf und landete anschließend mit der Nase voran unsanft auf dem Boden. Dabei wurden Pironis Beine so schwer zertrümmert, dass er trotz langwieriger Rehabilitationsphase, die mehrere Jahre in Anspruch nahm, nie wieder an einem Formel-1-Rennen teilnehmen konnte.

Nur Prost entscheidet was bei Regen zu tun ist

"Didiers Unfall war entsetzlich. Als ich Didier sah, war das furchtbar, wirklich furchtbar", erinnert sich Prost im Gespräch mit 'F1 Racing'. Geschockt kehrte der damals gerade in seiner dritten Formel-1-Saison befindliche Franzose in die Renault-Box zurück. "Außer mir war nur Teamchef Gerard Larrousse da. Er sagte zu mir, ich sollte so schnell wie möglich wieder ins Auto steigen", denkt der vierfache Formel-1-Weltmeister zurück.


Prosts Antwort an Larrousse war eigener Aussage zufolge: "Ich steige wieder ein, aber von nun an werde ich entscheiden, was richtig ist, wenn es nass ist. Außer mir soll niemand entscheiden, was die richtige Entscheidung ist." Dieser Einstellung ist Prost bis zu seinem letzten Rennen in Adelaide 1993 treu geblieben und sie war es auch, die ihn in Silverstone 1988 zum Aufgeben brachte.

"Außer mir soll niemand entscheiden, was die richtige Entscheidung ist." Alain Prost zu Gerard Larrousse

"Ich weiß nicht mehr genau, ob es in der ersten Kurve eine Kollision gab oder was vorgefallen war, aber aus irgendeinem Grund fühlte sich das Auto seltsam an", denkt Prost an den McLaren-Honda MP4-4 an jenem verregneten Juli-Tag in Großbritannien zurück. "Ich entschied mich, auszusteigen, denn im fünften Gang im Regen brauchst du Vertrauen ins Auto, das ich nicht hatte."

Rückendeckung im Team

Zwar bestätigte McLaren-Chefdesigner Neil Oatley später, dass Prosts Bolide tatsächlich nicht einwandfrei lief, doch der Franzose gibt zu, dass die Eindrücke des Pironi-Unfalls allgegenwärtig waren. "Die Kombination aus Aquaplaning und schlechter Sicht war mir einfach zu riskant. Ich musste immer an Didier denken", so Prost.

Während er seine Angst vor Regen als aktiver Pilot den Medien gegenüber nie eingestand, "so hatte ich innerhalb des Teams immer Rückendeckung", erinnert sich Prost, der im Anschluss an seine McLaren-Zeit noch für Ferrari (1990 und 1991) und Williams (1993) ins Lenkrad griff. Im Team von Frank Williams holte er sich nach einem Jahr Rennpause seinen vierten und letzten WM-Titel.

Estoril 1993: Alain Prost zum vierten Mal Weltmeister

Estoril 1993: Alain Prost holt seinen vierten Titel und tritt kurz darauf endgültig ab Zoom

Dass es ihm bei seinen Vorbehalten gegenüber dem Fahren im Regen in erster Linie um die Sicht und weniger um die mangelnden Gripverhältnisse ging, bewies Prost in der französischen Andros-Eisrennserie. Dreimal (2007, 2008 und 2012) holte er sich am Ende eines Winters den Gesamtsieg auf Eis.