Prost, Mansell und Ramirez über Hamilton vs. Alonso

Alain Prost findet, dass Fernando Alonso im Team die Nummer eins sein müsste, während Nigel Mansell und Jo Ramirez von Lewis Hamilton beeindruckt sind

(Motorsport-Total.com) - Zwar hat auch Kimi Räikkönen mit sieben Punkten Rückstand vor dem Saisonfinale in São Paulo noch Chancen auf den WM-Titel, doch in den Medien dreht sich derzeit alles um das brisante Silberduell zwischen Lewis Hamilton und Fernando Alonso, die vor dem Grand Prix von Brasilien ihrerseits durch sieben Zähler getrennt sind.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton und Fernando Alonso

Hamilton vs. Alonso: In São Paulo kommt es zum finalen Schlagabtausch

Für die meisten Experten ist Hamilton angesichts der Ausgangsposition Titelfavorit, so auch für Ex-Weltmeister Nigel Mansell: "Lewis ist daran gewöhnt, unter Druck zu stehen", sagte er dem 'Daily Express'. "Ich denke, er wird es machen. Seine mentale Stärke ist gewaltig. Er spürt, dass das berechtigt ist, und er hat sich brillant eingestellt." Die angesprochene mentale Stärke habe sich der 22-Jährige schon in diversen Nachwuchsserien erarbeitet, in denen immer Titel von ihm erwartet wurden.#w1#

Ramirez drückt für Hamilton die Daumen

"Ich bin so froh, dass er sich dabei überhaupt nicht verändert hat." Jo Ramirez

Jo Ramirez, ehemaliger Teammanager von McLaren, findet indes, dass Hamiltons Raketenstart "für alle eine Überraschung" war - und: "Ich bin so froh, dass er sich dabei überhaupt nicht verändert hat. Er ist immer noch derselbe wie ganz am Anfang. Ich hoffe, das wird auch so bleiben - aber in der Formel 1, mit all dem Geld, den vielen Fans, da muss er sich irgendwie verändern. Die Formel 1 verändert jeden", erklärte er gegenüber 'sportnet.at'.

"Er selbst glaubt nicht, dass er sich verändern wird. Er hat gesagt: 'Ich liebe meinen Job, und das ist es, was ich so lange wie möglich machen möchte. Möglicherweise muss ich mir einen Jet anschaffen, weil ich so viele Termine habe - aber nur, weil es meine Arbeit erleichtert. Wenn ich einen zu großen Kopf bekomme, dann weiß ich, dass mich meine Familie wieder auf den Boden herunterholt.' Das ist toll, und ich glaube es ihm", so Ramirez.

"Interessant" findet er außerdem, wie sehr Hamilton Alonso in dieser Saison zusetzen konnte: "Gegen Schumacher war er fehlerlos - und dieses Jahr wird er von seinem Teamkollegen besiegt und macht so viele Fehler", analysierte er. "Es ist interessant: Ich lebe die meiste Zeit in Spanien und lese natürlich die Zeitungen. Die spanische Presse hält absolut zu ihm. Sie schreiben, dass McLaren Hamilton bevorzugt und Alonso keine Fehler macht. Das ist alles Blödsinn."

Alonso wollte die Nummer eins sein

"Aus meiner Erfahrung nehme ich an, dass er in seinem Vertrag einige Dinge stehen hat, von denen er glaubt, sie nicht bekommen zu haben." Nigel Mansell

Mansell glaubt indes die Gründe dafür zu kennen, dass Alonso nach zwei WM-Titeln en suite mit dem Rücken zur Wand steht und deshalb medial immer wieder um sich schlägt: "Aus meiner Erfahrung nehme ich an, dass er in seinem Vertrag einige Dinge stehen hat, von denen er glaubt, sie nicht bekommen zu haben." Diese Annahme steht freilich im Widerspruch zur Aussage von McLaren-Mercedes, wo behauptet wird, dass alles mit rechten Dingen zugeht.

Indes meint ein weiterer Ex-Weltmeister, der wie Mansell selbst auch für McLaren gefahren ist, Alain Prost, dass es Alonso weniger um die Gleichbehandlung mit Hamilton geht, sondern vielmehr um den Status als Nummer eins, den er effektiv nie erhalten hat. Man müsse aber auch andere Aspekte bedenken: "Menschliche und psychologische Elemente, die vielleicht dazu führten, dass es doch keine absolute Gleichheit ist - da beginnen Alonsos Probleme", so der Franzose gegenüber 'Autosprint'.

Prost weiß, wovon er spricht

Alain Prost

Alain Prost fühlte sich bei McLaren gegenüber Ayrton Senna benachteiligt Zoom

Der vierfache Champion, der drei seiner Titel für McLaren gewonnen hat, weiß nur zu gut, wovon er spricht, schließlich fühlte er sich 1988 und 1989 an der Seite von Ayrton Senna bei Ron Dennis auch nicht immer geliebt. Dies veranlasste ihn 1990 zum Wechsel zu Ferrari - trotz der schlechteren sportlichen Perspektive. Ähnlich verhält es sich nun mit Alonso, der die Silberpfeile nach Brasilien ebenfalls in Richtung Renault verlassen könnte.

"Ron Dennis", analysierte der 52-Jährige, "befindet sich unfreiwillig in der Position, dass er die Kontrolle verloren hat. Sein Problem ist, dass er immer für einen Fahrer sympathisiert, auf den er schützend seine Hand legt. Das war mit Senna so, mit Häkkinen, jetzt mit Hamilton. So ist er eben, auch wenn das nicht unbedingt technische Vorteile für diesen Fahrer bedeuten muss. Aber er verhält sich so, drückt seine Sympathie für einen Fahrer aus."

"Der Grund, warum Alonsos Stimmung immer schlechter wird, ist, dass er nicht Dennis' Sympathien hat. Ron Dennis hat den fundamentalen Fehler gemacht, die Hierarchie nicht schon im Vorfeld festzulegen. Er hätte Alonso als seine klare Nummer eins anheuern sollen", so Prost. "Dann wäre Alonso vielleicht schon Weltmeister." Gleichzeitig hätte man Hamilton behutsam an die Formel 1 heranführen können.

Sind Hierarchien die Zukunft der Formel 1?

"Alonso hat mit seiner Kritik und der Art und Weise vielleicht übertrieben." Alain Prost

"Die Zukunft eines jeden Formel-1-Teams ist es, klare Hierarchien zwischen den Fahrern zu haben. Das ist traurig für den Wettbewerb, für den Sport und die Show, aber diese Richtung scheint man eingeschlagen zu haben", meinte er weiter. "Alonso hat mit seiner Kritik und der Art und Weise vielleicht übertrieben, aber der Ausgangspunkt ist Dennis' Wille, die Fahrer immer davon zu überzeugen, dass es eine optimale technische Gleichberechtigung gibt."

Tatsächlich hat Alonso immer indirekt darauf plädiert, als Nummer eins behandelt zu werden - es sei ihm zu verdanken, dass McLaren-Mercedes wieder an der Spitze ist, also habe man ihm auf diese Weise auch etwas zurückzahlen sollen. Doch die Silbernen beharrten auf der absoluten Gleichbehandlung. Nun wird der WM-Titel am kommenden Wochenende im direkten Duell zwischen dem Doppelchampion und dem britischen Rookie entschieden...