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Prost erinnert sich an Senna: Als der Feind zum Freund wurde

Alain Prost erinnert sich an die zwei Gesichter seines Rivalen Ayrton Senna - und daran wie ein Konkurrent zum Freund wurde

(Motorsport-Total.com) - Es war einer der schärfsten und spannendsten Zweikämpfe, die die Formel-1-Welt bis heute erlebt hat - das Duell Alain Prost gegen Ayrton Senna begeisterte Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre Motorsport-Fans auf der ganzen Welt. 20 Jahre nach dem tödlichen Unfall von Senna in Imola erinnert sich Prost an seinen ehemaligen Rivalen, zu dem er kurz vor dessen Unglück noch eine freundschaftliche Beziehung aufbaute.

Titel-Bild zur News: Ayrton Senna, Alain Prost

Aus den Streithähnen Ayrton Senna und Alain Prost wurden am Ende Freunde Zoom

Rückblende: 1988 gewinnt Senna die Weltmeisterschaft mit drei Punkten vor seinem damaligen McLaren-Teamkollegen Prost. 1989 behauptet sich der "Professor" mit 16 Zählern vor dem Brasilianer; 1990 hat Senna im McLarensieben Punkte Vorsprung auf den Ferrari von Prost - und 1993 kann sich der Franzose im Williams mit 26 Punkten gegen Senna durchsetzen. Dieser Schlagabtausch machte, gewürzt mit allerlei Skandalen und Intrigen, eine ganze Ära der Formel-1-Geschichte aus.

Während der fünf Jahre ältere Prost mit der Königsklasse Ende 1993 abschloss, war Senna 1994 noch auf Erfolgskurs - bis zu dem Wochenende in Imola, an das sich in diesen Tage alle so schmerzlich erinnern. Auch Prost: "Diesen 20. Jahrestag werde ich nicht so feiern, wie die meisten Leute das tun", betont er gegenüber 'Autosport'. "Ich beantworte gerne Fragen dazu - das ist kein Problem, denn er war ein außergewöhnlicher Typ - ich betrachte das Ganze nur anders, als die meisten."

Kurz vor seinem Tod "ein anderer Mensch"

Denn der Franzose kannte die zwei Gesichter Sennas - den unerbittlichen Konkurrenten und den einfühlsamen Menschenfreund. Über die hartnäckigen Zweikämpfe zwischen den beiden, etwa die titelentscheidenden Kollisionen in Suzuka 1989 und 1990, sagt Prost zum einen: "Ich gebe zu, dass ich mich manchmal vor ihm gefürchtet habe. Er war zu allem bereit."

Doch nachdem sich die Fehde gelegt hatte, lernte der heute 59-Jährige einen anderen Senna kennen. "Ich behalte keine negativen Erinnerungen oder schlechte Gedanken über ihn zurück", sagt er deshalb. "Ich erinnere mich lieber an die letzten sechs Monate seines Lebens, denn da lernte ich Ayrton viel besser kennen. Er war ein völlig anderer Mensch und ich begann zu verstehen, wie er eingestellt war und warum er sich manchmal so verhalten hat."


Fotostrecke: Stimmen: 20. Todestag von Ayrton Senna

Ohnehin fühlte sich Prost von Senna nicht nur herausgefordert, sondern von dessen Verbissenheit auch geehrt. "Ich nehme seine Einstellung mir gegenüber als Kompliment an", betont er. "Ich habe verstanden, dass es Ayrtons Hauptmotivation, wenn nicht seine einzige Motivation, war, mich zu schlagen."

Große Geste bei Prosts Abschied

Schon zum um Ende seiner aktiven Formel-1-Karriere begann Prost, Senna mit andern Augen zu sehen. So etwa beim seinem finalen Rennen seiner Karriere, als der Brasilianer in einer großen Geste den zweitplatzierten Franzosen mit auf die oberste Stufe des Podests zog. Dieser erinnert sich: "In Australien 1993, als ich nur ein paar Sekunden nach ihm ins Ziel kam und wir gemeinsam auf dem Podium standen, da war er ein ganz anderer Mensch. Das sind die Art von Erinnerungen, die ich von unserer Beziehung behalte."

Das Wochenende von Imola erlebte Prost schließlich als Freund. Die beiden führten in diesen Tagen sogar intensive Gespräche. Während Prost 1994 für das französische Fernsehen kommentierte, schickte Senna ihm in einer der Trainingssitzungen sogar einen Funkspruch aus dem Auto: "Einen besonderen Gruß an meinen Freund Alain - wir vermissen dich, Alain!"

Alain Prost, Ayrton Senna

1993 in Adelaide: Ayrton Senna feiert den Sieg, Alain Prost sein letztes Rennen Zoom

"Ayrton rief mich am Samstag an und wir trafen uns", erinnert sich Prost. "Am Sonntag sahen wir uns zweimal und unterhielten uns hauptsächlich über Sicherheit und die Tatsache, dass er glaubte, dass der Benetton nicht legal war, was ihn sehr ärgerte. Er steigerte sich da richtig rein. Das war wirklich seltsam."

Sie diskutierten über Sicherheit

Der viermalige Weltmeister kann den Gemütszustand, mit dem Senna seine letzten Tage verbrachte, daher gut einschätzen: "Es ist merkwürdig, aber da wir zum Ende hin enger befreundet waren, haben wir viel über die schlechten Sicherheitsverhältnisse und solche Sachen geredet. Er fragte mich mehrere Male, ob ich nicht den Vorsitz der GPDA (der Fahrergewerkschaft; Anm. d. Red.) annehmen würde, aber ich lehnte ab. Wir hatten einige sehr intensive Unterhaltungen zu dieser Zeit."

Ob nun Konkurrent oder Freund, auch Prost trauert, wie der Rest der Motorsportwelt, um den Verlust des legendären Rennfahrers Senna: "Diese letzten Tage von ihm bleiben mir besonders in Erinnerung, da habe ich ihn schon ganz anders wahrgenommen als zuvor. Deswegen erinnere ich mich lieber daran."