'Projekt Spielberg' wird zur großen Polit-Affäre

Immer mehr Fragezeichen und kleine Skandale treten in der Affäre rund um die 'Red-Bull'-Pläne eines Motorsport-Themenparks zu Tage

(Motorsport-Total.com) - Nach wie vor ist in Österreich das Scheitern des 'Projekts Spielberg' ein Thema, also des von 'Red Bull' initiierten Umbaus des alten A1-Rings in einen gigantischen Motorsport-Themenpark. 700 Millionen Euro hätten die Investoren angeblich zur Verfügung gestellt, doch obwohl sich die Politik um eine Fortführung der Pläne bemüht, geht weiterhin nichts voran.

Titel-Bild zur News: A1-Ring

Die Anlagen des alten A1-Rings in Spielberg hat 'Red Bull' bereits abgerissen

Mitte dieser Woche machten Gerüchte die Runde, wonach 'Red Bull' in Wahrheit nur 200 statt der versprochenen 700 Millionen Euro investiert hätte, ehe der Umweltsenat sein Veto gegen das 'Projekt Spielberg' eingelegt und damit ohnehin alles zum Stillstand gebracht hat. Dies stimmt zwar, ist aber auch keine Neuigkeit: 'EADS', 'Volkswagen', 'Magna', 'KTM', das Land Steiermark und der Bund hätten sich die restlichen 500 Millionen Euro untereinander aufgeteilt, heißt es.#w1#

Unternehmen wissen nichts von ihren angeblichen Beteiligungen

Kurios muten in diesem Zusammenhang jedoch 'Standard'-Recherchen an, die ergeben haben, dass die betroffenen Unternehmen nichts davon wussten, am 'Projekt Spielberg' beteiligt zu sein. 'Volkswagen' ließ etwa ausrichten, dass "im Vorstand nichts beschlossen" worden sei: "Es gab lose Gespräche und Kontakte, aber nichts Konkretes. 'VW' ist nicht im Boot. Ein derart großes Projekt müsste im Vorstand beschlossen werden und dies war bisher nicht der Fall."

Auch der 'Magna'-Konzern von Austro-Milliardär Frank Stronach dementierte jedes Engagement in Spielberg: "Wir haben immer gesagt, Spielberg ist prinzipiell ein gutes Projekt, aber wir brauchen dafür einen Businessplan. Solange dieser nicht vorliegt, ist es für uns kein Thema. Für 'Magna' ist es nur interessant, wenn es wirtschaftlich Sinn macht, und das ist für uns bis heute noch nicht dargestellt. Wir haben mit dem Projekt jedenfalls nichts zu tun", erklärte Stronach-Sprecher Andreas Rudas.

Für 'KTM' dementierte Winfried Kerschhaggl, Leiter der Marketingabteilung: "Ich weiß, wir wurden kolportiert, aber wir sind in keiner Weise involviert, weder in die Finanzierung noch in die Planung. Wir wollten aber später unser Know-how in die Gestaltung der Offroad-Strecke einbringen." Und auch bezüglich 'EADS' äußerte der 'Standard' Bedenken, wobei das Unternehmen bisher jedoch zu keiner offiziellen Stellungnahme bereit war.

Haben das Land Steiermark und 'Red Bull' "gepfuscht?"

War das 'Projekt Spielberg', welches vor anderthalb Jahren als 200-Millionen-Investment in die Planungsphase ging, in seiner 700-Millionen-Version also nur ein gigantisches Phantom, welches nie Aussichten auf Verwirklichung hatte? In diesem Zusammenhang erscheinen auch die Vorwürfe von Grün-Politikern in einem neuen Licht, wonach die Einreichung beim Umweltsenat so unprofessionell erfolgt sei, dass ein Veto kommen musste, in einem neuen Licht.

Doch obwohl es inzwischen als erwiesen gilt, dass nicht nur seitens der Behörden nicht alles so abgelaufen ist, wie es ablaufen hätte sollen, sondern dass auch 'Red Bull' "gepfuscht" hat, wie es in Österreich so schön heißt, steht die Politik weiter voll und ganz hinter dem Projekt. Die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic von der konservativen ÖVP etwa bleibt bei ihrer Meinung: "Es wird auf jeden Fall ein 'Projekt Spielberg' geben."

Mateschitz hat die Lust am 'Projekt Spielberg' verloren

Kernpunkt der aktuellen Rettungsversuche ist eine professionelle Begleitung der 'Red-Bull'-Pläne durch das Land Steiermark - unter Umständen könnte die Politik das Projekt sogar selbst neu einreichen, sofern Dietrich Mateschitz damit einverstanden sein sollte. Der 60-Jährige scheint im Moment aber jedes Interesse an einer Fortführung verloren zu haben: "Wir erachten das 'Projekt Spielberg' als gegenstandslos."

Ohne 'Red Bull', das ist klar, geht im steirischen Aichfeld gar nichts. Aber hat der Energydrink-Hersteller mit Sitz in Fuschl bei Salzburg überhaupt noch Lust auf das 'Projekt Spielberg'? Kritische Stimmen vermuten, dass sich Mateschitz auf das Investment in sein neues Formel-1-Team konzentrieren will, welches über ein Jahresbudget von rund 80 bis 120 Millionen Euro verfügen wird. Das Investment in Spielberg hätte sich auf zusätzliche 200 Millionen Euro bis 2009 belaufen.

Mysteriöser Geheimvertrag sorgt für Wirbel

Indes wittern die steirischen Grünen einen illegalen Geheimvertrag zwischen dem Land Steiermark und 'Red Bull', in dem 'Red Bull' Zusicherungen gemacht worden sein sollen, die in der Form nicht haltbar waren. Unter anderem wurde versprochen, dass Probebohrungen und dergleichen durchgeführt werden dürfen - ungeachtet der dafür erforderlichen Genehmigungen. 'Red Bull' habe sich an die Zusicherungen des Landes gehalten und damit nie eine Chance gehabt, heißt es.

Gräbt man noch weiter im tiefen Sumpf der steirischen Bürokratie, so tritt ein weiteres Problem zu Tage, welches indirekt Auswirkungen auf das 'Projekt Spielberg' gehabt haben könnte: Im Moment stehen landesweit 30 Umweltverträglichkeitsprüfungen an, denen jedoch nur zwei Juristen zugeteilt sind. Alleine für die von 'Red Bull' eingereichten Dokumente dauerte das Verfahren jedoch neun Monate, was auf einen akuten Personalmangel schließen lässt.

Ungeachtet all dieser Ungereimtheiten fand heute in Knittelfeld eine Podiumsdiskussion mit dem 'Projekt Spielberg' als Thema statt, an der Ex-Sportlandesrat Gerhard Hirschmann (ÖVP), der seinerzeit den Grand Prix wieder nach Österreich geholt hat, ÖVP-Nationalratsabgeordneter Fritz Grillitsch, der Grünen-Abgeordnete Peter Hagenauer, der Bürgermeister von Spielberg, Kurt Binderbauer, sowie Vertreter der Wirtschaft teilgenommen haben.

Hirschmann: "Unter mir wäre das alles nicht passiert"

Besonders Hirschmann ließ sich dabei zu einigen recht deutlichen Sätzen verleiten: "Unter mir wäre so ein Desaster nicht passiert", stellte er beispielsweise klar. "Die Front der Behinderer ist in der Steiermark besonders groß, das weiß ich aus leidvoller Erfahrung." Umso wichtiger sei es, 'Red Bull' nicht nur mit leeren Worthülsen zur Seite zu stehen, sondern auch Taten und Professionalität folgen zu lassen, unterstrich er weiter.

Fazit: Seit der Umweltsenat das 'Projekt Spielberg' in letzter und bindender Instanz abgewiesen hat, zieht plötzlich ganz Österreich an einem Strang, um das Investment doch noch zustande kommen zu lassen - nur 'Red Bull' hat auf einmal scheinbar die Lust verloren. Ungeachtet aller Initiativen der Politik ist aber eine Teilnahme des Energydrink-Herstellers unabdingbar, denn ohne die 200 Mateschitz-Millionen wird im steirischen Aichfeld mit Sicherheit nichts gebaut.