• 28.02.2014 22:06

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Presidentes letzte Bastion: Maldonados schräger Pathos

Die Unruhen in Venezuela hält der Lotus-Pilot nicht nur für irrelevant in Bezug auf seine Karriere, sondern auch für verleumdet: "Was Medien zeigen, ist falsch"

(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Piloten neigen manchmal zu gewöhnungsbedürftigen politischen Ansichten. Alan Jones, der einst voller Eifer für die Wiedereinführung der Todesstrafe in Australien eintrat, ist ein Beispiel aus der Historie, aber auch das aktuelle Fahrerfeld kennt einen schrägen Rhetoriker. Die Rede ist von Pastor Maldonado. Der Venezolaner galt als treuergebender Anhänger des verstorbenen Ex-Staatspräsidenten Hugo Chavez - ein Sozialist, der es mit den Freiheitsrechten bekanntlich nicht so genau nahm.

Titel-Bild zur News: Pastor Maldonado

Pastor Maldonado lacht besonders gerne für den Sozialismus in die Kamera Zoom

Nach dessen Tod - den Maldonado übrigens als Teil der Ehrengarde der Trauergemeinde beging - hat die Zuneigung des einstigen Protegés für die linke Staatsmacht kaum gelitten. Im Gegenteil. Auch die Nachfolgeregierung, die seine Motorsport-Karriere genau wie Chavez über den staatlichen Ölkonzern PDVSA mit gemunkelten 30 Millionen Euro im Jahr subventioniert, hat ihr Sprachrohr in der Königsklasse. Am Rande der Testfahrten in Bahrain unternimmt Maldonado den heiklen Versuch, die Unruhen in seiner Heimat zu relativieren.

Auf die Frage von 'Motorsport-Total.com', inwiefern die politische Instabilität seine Laufbahn beeinflussen könnte, meint er mit erhobener Stimme: "Was die Medien zeigen, ist komplett falsch. In Venezuela war das schon immer so in der Vergangenheit." In der Hauptstadt Caracas und in weiteren Ortschaften kam es im Februar vermehrt zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, dabei gab es zahlreiche Verletzte. Der Zorn richtet sich gegen die horrende Inflation, Korruption im Verwaltungswesen und die grassierende Kriminalität.

Die Justiz steht im Verdacht, politisch motivierte Urteile zu sprechen, Journalisten sind bei ihrer Arbeit Restriktionen ausgesetzt. Maldonado argumentiert bestenfalls schwammig, schlimmstenfalls grotesk: "Ich denke, es ist schon in Ordnung. Das ist nicht ideal, aber wir sind ja nicht die einzigen, die Probleme haben", so der 29-Jährige, der sich in der Vergangenheit mehrmals öffentlich zum Sozialismus bekannt hatte. "Jedes Land hat seine Probleme", fährt er fort und ärgert sich hörbar über solche Journalistenfrage.


Fotos: Pastor Maldonado, Testfahrten in Sachir


Ausnahmsweise spricht er mal wieder über Sport: "Viele von euch haben doch schon behauptet, dass meine Karriere beendet sei. Ich bin immer zuversichtlich", diktiert er den Reportern in Bahrain in die Blöcke und knüpft an den schrägen Pathos an: "Ich habe viele Verpflichtungen, nicht nur für das Team, auch für mein Land." Maldonado macht keinen Hehl daraus, dass es die Ölmillionen aus Venezuela waren, die ihn im Winter in eine komfortable Verhandlungsposition gebracht haben. Der Paydriver war der dicke Fisch, den sich fast jedes Nicht-Werksteam angeln wollte - angeblich: "Lotus hat schon oft gezeigt, dass sie unter intensivem Druck der Medien zu Topleistungen in der Lage sind. Ich habe mir das Team ausgesucht."