• 28.02.2014 21:12

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Kampf der PR-Dressur: Aalglatte Sprüche nerven Button

Der Brite hat die Nase voll davon, dass seine Kollegen sich nicht zum Kräfteverhältnis äußern und redet Klartext: McLaren "weiter zurück als gedacht"

(Motorsport-Total.com) - Wer Formel-1-Piloten Wochenende für Wochenende sprechen hört, fühlt sich an Papageien in Overalls erinnert. In jeder vorstellbaren Situation denken die Fahrer "von Rennen zu Rennen", machen "gute Fortschritte", fordern "harte Arbeit" und "schauen nur auf sich". Stopp! Jenson Button, sonst selten um eine Floskel verlegen, hat genug von so viel verbaler Diplomatie und findet klare Worte. Die Konkurrenz keines Blickes zu würdigen nennt er "totalen Unfug".

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Jenson Button schaut ganz genau, was die Konkurrenz so treibt Zoom

Dieser Ausdruck ist sicher nicht im McLaren-PR-Handbuch zu finden. Trotzdem bringt der Brite gute Gründe für seine These vor: "Es ist absoluter Müll, wenn Fahrer sagen, sie würden sich auf sich selbst konzentrieren. Wir wissen das alle und einige von denen waren meine Teamkollegen", erklärt Button am Rande der Testfahrten in Bahrain. Es stellt sich allerdings die Frage, warum diese Hypothese immer und immer wieder durchgekaut wird. Eingefahrene Routine oder eine bequeme Antwort auf eine unbequeme Frage?

Für Button ist es nur logisch, seine eigene Leistung auch an denen der Konkurrenz zu messen. "Es ist wichtig, sein Programm abzuspulen, aber man schaut auf Zeiten und sieht, was andere auf einem Longrun können. Es wäre dumm, das nicht zu tun." Somit scheint der Weltmeister von 2009 der ideale Ansprechpartner, wenn es darum geht, die derzeitige Hackordnung zu benennen, um die sich seine Kollegen mit der erwähnten Floskel so beharrlich winden. Button geht mit gutem Beispiel voran und redet Klartext.

Feld rückt in Melbourne eng zusammen

Auf der Rechnung landen die Silberpfeile und ihre Motorenkunden: "Beim vergangenen Test hatte ich Mercedes auf einer schnellen Runde stark eingeschätzt, aber Williams ist schneller über eine Renndistanz." Er addiert nach den zwei Bestzeiten des Sergio Perez Force India hinzu und lobt die Verbesserungen bei Ferrari und insbesondere bei Red Bull: "Um die muss man sich immer Sorgen machen. Wenn sie ein paar Runden fahren, sieht man ihr Tempo", warnt Button nach Platz drei durch Daniel Ricciardo am Freitag.

Fehlt da nicht noch jemand? Ein Chrompfeil? Die McLaren-Form sieht Button skeptisch und tritt zwei Wochen vor der grünen Ampel in Melbourne leise: "Wir sind weiter zurück, als wir erwartet hatten", schnauft er durch und sieht die Stärken aktuell in der Zuverlässigkeit und der technischen Basis, die der MP4-29 liefert. "Ich mache mir keine Sorgen. Wir verstehen den Antriebsstrang sehr gut und wissen das ERS einzusetzen, aber im Moment müssen wir am Tempo feilen. Wir sind nicht schnell genug."


Fotos: Testfahrten in Sachir


Das könnte doppelt bitter sein, denn der McLaren-Star ist der Meinung, dass in Australien schon Sekundenbruchteile Plätze wert sind. In diesem Glauben bestärkt haben ihn die jüngsten Eindrücke aus Bahrain: "Es wird keine Lücken von 1,5 Sekunden geben, wie wir vielleicht noch in der vergangenen Woche gedacht hatten." Es freut Button mit Blick auf die Attraktivität der zuletzt statischen Formel 1: "Das ist gut, denn es wäre schon ein Schlamassel gewesen mit acht Sekunden zwischen allen Autos und einer Sekunde zwischen jedem Team."