Pirelli: Zwei Reifenwechsel waren genug

Für die zwei Reifenschäden in Singapur ist Pirelli nicht verantwortlich, generell hielten die weichen Pneus aber viel besser als vor dem Rennen erwartet

(Motorsport-Total.com) - Groß waren die Befürchtungen einiger Fahrer nach dem gestrigen Qualifying, dass der Grand Prix von Singapur zu einer Boxenstopp-Orgie verkommen könnte - Sauber-Pilot Kamui Kobayashi traute den superweichen Pirelli-Pneus gar nur drei bis vier Runden zu und ging von bis zu vier Reifenwechseln aus. Doch im Rennen kam es dann ganz anders.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Reifenschaden Nummer eins: Felipe Massa unmittelbar nach dem Start Zoom

Die Reifen haben "zehnmal besser als gedacht" gehalten, findet Felipe Massa (Ferrari): "Wir sind 26 Runden auf dem Supersoft gefahren. Ich verstehe nicht wie! Und damit habe ich im letzten Stint sogar noch einige Autos überholt." Selbst den kritischen ersten Run mit den roten Supersofts konnte man recht schadlos überstehen: Mark Webber (Red Bull) eröffnete den Reigen der Boxenstopps ausgerechnet nach absoluter Bestzeit im ersten Sektor in Runde acht, aber Jenson Button (McLaren) wechselte erst in Runde 14 auf die härtere Soft-Gummimischung.

Nico Hülkenberg (Force India) und Sergio Perez (Sauber) ließen gar erst in Runde 18 erstmals die Reifen wechseln, waren allerdings von vornherein mit den härteren Pneus ins Rennen gestartet. Dabei blieben sie bei der soften Mischung, denn im Rahmen ihrer Zweistoppstrategie wollten sie in der letzten Phase des Rennens den Tempovorteil der supersoften Slicks nutzen. Doch die beiden Safety-Car-Phasen brachten die Strategien durcheinander.

Konkurrenz orientierte sich an Red Bull

"Die Zeitpunkte der Safety-Car-Perioden haben heute maßgeblichen Einfluss gehabt", bestätigt Pirelli-Sportchef Paul Hembery. "Wäre das Safety-Car während der ersten zehn Runden rausgefahren, wäre es automatisch für alle Fahrer ein Zweistopprennen geworden. Weil das nicht passierte, schickte sich Red Bull an, drei Stopps durchzuführen. Eine Strategie, die danach von den anderen Teams übernommen wurde."

"Obwohl McLaren eine Zweistoppstrategie hätte realisieren können", weiß der Brite. "Doch das Safety-Car kam erst später, zur Hälfte des Rennens. Daher konnten die meisten Teams noch zur Zweistoppstrategie zurückkehren. Die Hinterreifen mussten hier aufgrund der benötigten Traktion in sämtlichen langsamen Kurven besonders viel leisten."

"Vor dem Hintergrund des großen Zeitunterschieds von rund 1,5 Sekunden zwischen den beiden Mischungen - die größte Differenz, die wir in diesem Jahr bei einem Rennen hatten - und dem Abfall der Reifenperformance nach ungefähr zehn Runden spielte der Fahrstil eine entscheidende Rolle beim Reifenmanagement. Dies galt besonders zu Beginn des Rennes, als die Wagen noch mit vollen Tanks unterwegs waren", erklärt Hembery.


Fotos: Großer Preis von Singapur, Sonntag


Safety-Car prägte die Strategien

"Da das Safety-Car in der ersten Rennhälfte nicht auf der Strecke war, mussten die Teams hinsichtlich ihrer Taktik flexibel bleiben", fährt er fort. "So sahen wir eine Vielfalt von Strategien, verknüpft mit dem Ziel, sich möglichst viele Optionen offen zu halten. Sobald das Safety-Car auf der Strecke war, diktierte es bis zu einem gewissen Grad die Strategie. Die Fahrer, die bereits zwei Stopps eingelegt hatten, mussten nun ihre Reifen so fahren, dass sie bis zum Ende durchhielten. Dabei spielte ihnen die zweite Safety-Car-Phase in die Karten."

"Wir haben in Singapur wieder einmal ein sehr hartes, spektakuläres und unvorhersehbares Rennen erlebt", schwärmt Hembery. "Wieder einmal gab die Reifenstrategie den Ausschlag. Unsere besonderen Glückwünsche gehen an Paul di Resta, der mit seinem vierten Platz die beste Platzierung für Force India errang, sowie an Marussia. Das Team kann heute mit dem zwölften Platz von Timo Glock sein bislang bestes Ergebnis feiern."

Nico Hülkenberg

Reifenschaden Nummer zwei: Nico Hülkenberg in der Schlussphase Zoom

Etwas peinlich mutet allerdings an, dass der italienische Reifenhersteller in seiner deutschen Presseaussendung Massas Reifenschaden in der ersten Runde als "technische Störung" zu tarnen versucht - dabei müsste Pirelli dieses Problem gar nicht vertuschen, schließlich war eine Berührung für den Platten verantwortlich und kein Qualitätsproblem. Gleiches gilt übrigens auch für Hülkenberg nach dessen Kollision mit Kobayashi.