Pirelli stellt Bedingungen für Verbleib in der Formel 1

Pirelli will die Formel 1 auch nach 2016 mit Reifen beliefern, aber nicht um jeden Preis: Freie Reifenwahl und fehlende Testmöglichkeiten beunruhigen

(Motorsport-Total.com) - Seit dieser Woche können sich Reifenhersteller für die Jahre 2017 bis 2019 als Lieferant für die Formel 1 bewerben. Ein Teilnehmer an der Ausschreibung des Automobil-Weltverbands FIA steht schon fest: Der bisherige Reifenpartner Pirelli. Die Italiener beliefern die Formel-1-Teams seit 2011 mit Reifen und würden das auch gerne nach 2016 weiter tun, sofern die Rahmenbedingungen stimmen.

Titel-Bild zur News: Pirelli

18-Zoll-Reifen von Pirelli: Sieht so die Zukunft der Formel 1 aus? Zoom

"Wenn es in eine Richtung geht, die unseren Vorstellungen entspricht, werden wir weitermachen", erklärt Firmenchef Marco Tronchetti Provera am Rande des Grand Prix von Monaco im Interview mit 'Motorsport-Total.com'. "Es müssen drei Dinge passen: Die Technik, die Sicherheit und die Kosten", so der Pirelli-Boss. Über die Kosten würde Pirelli nach den Worten von Tronchetti Provera nicht diskutieren. "Es gibt eine Grenze für was, was wirtschaftlich machbar ist. Wenn jemand Mondpreise aufruft, werden wir in einer der anderen Serien investieren, in denen wir vertreten sind", so der Italiener.

Auch bei technischen Fragen hat Pirelli eine klare Vorstellung. "Wir wollen unsere Technologie in einem Wettbewerbsumfeld einsetzen", so Tronchetti Provera, der dabei aber mit der Zeit gehen will. Stichworte sind hier ein anderes Reifenformat, wie es Pirelli am Freitag in Monaco an einem GP2-Fahrzeug mit 18-Zoll-Felgen demonstrierte oder sogenannte intelligente Reifen mit Sensoren. "Selbst in der Welt der Reifen ändern sich viele Dinge, auch was Elektronik betrifft. Wir haben für die Formel 1 und andere Serien einige Ideen, mit der wir unseren Kunden unsere Fähigkeiten demonstrieren können", sagt der Pirelli-Boss.

Freie Reifenwahl? Nicht mit Pirelli

In Puncto Sicherheit treibt Tronchetti Provera und seinem Motorsport-Direktor Paul Hembery vor allem die von einigen Teams geforderte freie Wahl der Reifenmischung Sorgenfalten auf die Stirn. Darauf möchte sich Pirelli nicht einlassen. "Bei einer freien Reifenwahl hätten wir die Sorge, dass es in Extremfällen zu einer Reifenwahl kommt, die nicht zu der jeweiligen Strecke passt", befürchtet Hembery.

"Auf Strecken wie Suzuka oder Spa wäre der superweiche Reifen auf eine Runde wahrscheinlich sehr stark, aber das wäre es dann auch. Die Reifen könnten Überhitzen oder Blasen werfen", mal der Brite ein denkbares Szenario an die Wand. "Wenn einige Autos nach ein oder zwei Runden an die Box kommen, wäre das für den Sport nicht gut."


Fotos: Großer Preis von Monaco, Samstag


Die fehlenden und aus Sicht von Pirelli teilweise ungeeigneten Testmöglichkeiten in der Formel 1 sind ein weitere Punkt, der den Italienern unter den Nägeln brennt. "Wir wollen bei den Bedingungen testen, die auch bei den Rennen herrschen", kritisiert Tronchetti Provera die Wintertests im kalten Europa.

Formel 1 lohnt sich für Pirelli

Auch Hembery denkt in dieser Frage mit Wehmut an das vergangene Jahr zurück. "Da waren wir 2014 in einer besseren Situation, als die Wintertests in Bahrain bei heißen Bedingungen stattfanden", sagt er. Und das Thema Tests könnte schon im nächsten Jahr drängender werden, falls für 2017 ein größeres Reifenformat eingeführt wird.

"Wenn man 2017 auf 420er-Reifen wechseln würde, wäre das ein völlig neues Szenario. Nicht nur für die Slicks, sondern auch für die Regenreifen. Und dann käme man im Februar ins kalte Jerez und müsste dort sehen, welche Auswirkungen das hat", so Hembery. "Daher wollen wir eine Lösung finden, was auch im Interesse der Teams liegen sollte. Idealerweise sollten wir schon Ende 2016, im Oktober damit fahren."

Grundsätzlich bekennt sich Pirelli aber zu seinem Engagement in der Formel 1, welches die Erwartungen des Unternehmens in den ersten vier Jahren erfüllt hat. "Was wir bisher gemacht haben, war erfolgreich. Wir haben bewiesen, dass wir Reifen für unterschiedlichste Bedingungen produzieren können", so Tronchetti Provera.

Kommerziell lassen sich die Auswirkungen des Formel-1-Einstiegs nach seinen Angaben klar belegen. "Durch die Formel 1 haben wir Kontakte zu den besten Autoherstellern bekommen. In der Oberklasse, bei Maserati, Porsche uns so weiter, ist unser Marktanteil von 14 auf 20 Prozent gestiegen."