Pirelli optimistisch für die Zukunft

Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery gibt zu, dass man den Teams das Vertauschen der Reifen nicht erlauben hätte sollen - In Zukunft will Pirelli noch härter arbeiten

(Motorsport-Total.com) - In diesem Jahr kommt Pirelli nicht aus den Schlagzeilen. Woche für Woche stehen die Reifen am Pranger und die Platzer in Silverstone waren der negative Höhepunkt der "unendlichen" Geschichte. Der Sieg von Nico Rosberg ging in diesem Tumult beinahe unter. Pirelli stand weltweit am Pranger - ein Horrorszenario aus Marketingsicht. Obwohl noch nicht offiziell entschieden ist, dass Pirelli auch in Zukunft die Formel 1 mit Pneus ausstattet, will sich die italienische Firma nicht von den negativen Schlagzeilen aus dem Konzept bringen lassen.

Titel-Bild zur News: Paul Hembery

Woche für Woche muss Paul Hembery die Sachlage der Reifen klarstellen Zoom

"Wir müssen es aussortieren. Der beste Weg zu reagieren ist, dass wir es vernünftig machen. Wir müssen die Dinge aussortieren und wieder auf Kurs kommen. Wir sind eine professionelle Firma", sagt Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery selbstbewusst. "Wir sind sehr leidenschaftlich und sind sehr gut darin, was wir machen. Man geht einfach nicht in schwierigen Zeiten. Zu diesen Zeiten muss man härter arbeiten und einen besseren Job machen."

Pirelli hat in kürzester Zeit reagiert und die Reifen für den Nürburgring mit einem Kevlar-Gürtel verstärkt. Die Probleme von Silverstone wurden genau analysiert und Pirelli zeigte mit den Fingern auch auf die Teams, die mit Reifendrücken und Sturzwerten experimentiert haben. Das größte Problem in Silverstone war, dass die Teams die linksseitigen mit den rechten Reifen vertauscht haben. Dafür sind die Konstruktionen nicht ausgelegt, deshalb hielten sie den Belastungen nicht stand und es kam zu den Schäden.


Fotos: Großer Preis von Deutschland, Freitag


Diesbezüglich nimmt Hembery die Schuld auf sich, denn man hätte den Teams das Vertauschen der Reifen nicht erlauben sollen. "Am vergangenen Wochenende lag das in unserer Verantwortung", gibt Hembery bei 'Autosport' zu. "Wir erlaubten den Teams die Reifen zu vertauschen, aber das hätten wir nicht tun dürfen. Die Autos fahren in diesem Jahr viel schneller und das sorgt für höhere Belastungen. Wenn man die Reifen vertauscht, dann erzeugt man einen Schwachpunkt. Und genau das war das Problem."

"Man darf nicht vergessen, dass Pirelli auch unter Druck steht. Sie bekommen viele Vorgaben." Hans-Joachim Stuck

"Wie erwähnt gab es auch zweitrangige Probleme, aber ich möchte trotzdem nicht davon ablenken, dass es in unserer Verantwortung lag. In Zukunft gibt es einfach Dinge, bei denen wir uns durchsetzen müssen. Das möchten wir auch tun." Das sind Details, die im Fahrerlager eine große Rolle spielen und Hardcore-Fans interessieren. Die breite Masse sieht Reifenschäden im Fernsehen und hört die Sicherheitsbedenken der Fahrer.

DMSB-Präsident Hans-Joachim Stuck nimmt Pirelli in Schutz: "Ich finde es großartig, dass Pirelli so schnell auf diese Geschichte reagiert hat. Man darf nicht vergessen, dass Pirelli auch unter Druck steht. Sie bekommen viele Vorgaben, wie lange die Reifen halten dürfen, wie schnell sie abbauen müssen. Sie haben nun sehr schnell reagiert und neue Reifen gebracht. Im ersten Training gab es keine Reifenschäden, es hat also gut funktioniert", meint Stuck bei 'Sky'. "Die Entscheidung war sicherlich richtig. Man darf natürlich nicht vergessen, dass Sicherheit vor geht."

PKW-Reifen haben mit Formel-1-Reifen nichts gemein

Trotzdem leidet unter den Vorkommnissen auch das Image von Pirelli, was Stuck lächerlich findet: "Privatreifen haben mit Formel-1-Reifen nichts zu tun. Ich bewundere Pirelli, dass sie diesen Schuh so durchziehen, denn sie bekommen nur Haue, aber niemand bedenkt, was da für ein Einsatz dahinter steckt. Das tut natürlich der Marke Pirelli nicht gut. Das ist einfach schade, weil sie einfach das Beste tun, was in ihrer Macht steht."

Nun steht aber wieder die Technologie im Vordergrund: Mit dem Kevlar-Gürtel wurden die Reifenflanken verstärkt. "Der Stahl-Gürtel war in eine Richtung ausgerichtet. Wenn man den Reifen vertauscht, dann wirkt er nur punktuell und wird nicht an die Oberfläche des Gürtels gepusht", erläutert Hembery den Unterschied. "Deshalb wurde eine Schwachstelle erzeugt. Kevlar ist nicht so steif wie stahl und funktioniert auch bei niedrigerer Temperatur."

"Aus dieser Hinsicht hat man auch ein breiteres Betriebsfenster. Natürlich ist die Beanspruchung des Nürburgrings ein weiterer Faktor." Ab dem Hungaroring in Ungarn wird auf die Konstruktion aus dem Vorjahr zurückgerüstet. Beim Young-Driver-Test in Silverstone werden diese Reifen an den aktuellen Boliden getestet.

"Es gibt viele Gründe, die für die 2012er-Reifen sprechen. Ihre Widerstandskraft ist höher und sie sind weniger radial. Alle kennen die Reifen, denn sie sind damit in den vergangenen beiden Jahren gefahren. Sie haben also viele Daten und Informationen. Das macht mehr Sinn, als die 2013er-Reifen zu adaptieren, denn das könnte zu viel größeren Problemen führen", nennt Hembery die Gründe für diesen Schritt.

Lewis Hamilton

Reifenschäden wie in Silverstone sollen künftig nicht mehr auftreten Zoom

Ab Ungarn soll in der Reifendiskussion endlich Ruhe einkehren. Auf dem Nürburgring musste sich der Pirelli-Motorsportchef aber mit vielen Fragen auseinandersetzen. Überrascht hat ihn die Ankündigung der Fahrervereinigung GPDA, dass man den Grand Prix boykottieren könnte, sollten Sicherheitsprobleme mit den Reifen auftreten - was zumindest im ersten Freien Training nicht der Fall war.

"Ich war etwas überrascht, aber ich hatte mit ihnen ein Meeting und bin alles durchgegangen", entkräftet Hembery die Befürchtungen der Fahrer. "Wir müssen einfach sichergehen, dass nicht die gleichen Probleme wie in Silverstone auftreten. Darum geht es. Wir haben versucht die Situation zu erklären. Vielleicht ist ihnen nicht immer klar, was alles passiert. Wir haben ihnen auch die Veränderungen für hier und die geplanten Änderungen erklärt. Wir glauben, dass es für sie in die richtige Richtung geht."

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