Pirelli-Chef: Das Racing den Racern zurückgeben
Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery spricht im Interview vor dem Türkei-Wochenende auch über mögliche Innovationen im Laufe der Saison
(Motorsport-Total.com) - Nach drei Formel-1-Wochenenden zieht Paul Hembery eine positive Zwischenbilanz. Pirelli geht mit einigen Erfahrungswerten in die Europasaison, die am Wochenende in Istanbul beginnt. Doch der neue Reifenhersteller ist natürlich noch lange nicht am Ende des Weges, sondern plant vielmehr einige Innovationen.

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Bei Pirelli ist man mit den ersten drei Wochenenden recht zufrieden
Frage: "Paul, wie hat sich Pirelli nach den ersten drei Saisonrennen deiner Meinung nach verkauft?"
Paul Hembery: "Am Wichtigsten war, dass wir unsere Aufgabe erfüllt haben. Also das Überholen leichter zu machen und sauberen Rennsport zu bieten, in dem wir bewusst auf eine höhere Reifenabnutzung und mehr Boxenstopps gesetzt haben. Bis jetzt haben wir drei absolut spannende Rennen gesehen, in denen das Resultat oft erst in den letzten Runden entschieden wurde."
"Wir haben auch viele Rad-an-Radkämpfe gesehen, was den besten Piloten der Welt die Gelegenheit dazu gab, ihr Talent zu zeigen. Und ganz interessant: In diesen sehr spektakulären Rennen haben wir nicht einen Tropfen Regen gesehen. Früher haben viele Leute auf Regen gehofft, aber nun haben wir meiner Meinung nach gemerkt, dass Regen nicht nötig ist, um ein begeisterndes Rennen zu bekommen."
Frage: "Würdest du sagen, dass die Reifen bisher besser als erwartet performt haben?"
Hembery: "Im Großen und Ganzen haben sie so performt wie wir es erwartet haben. Aber kein Testumfang der Welt hätte uns vollkommen für die Realität der 24 weltweit besten Autos und Piloten vorbereiten können, die extrem harten Rennsport auf Strecken bieten, auf denen wir zuvor nicht aktiv waren. Wir kämpfen also immer noch mit einigen unbekannten Parametern, aber wir haben die vermutliche Anzahl von Boxenstopps in den bisherigen Rennen ziemlich genau vorhersagen können."
Faktor Zeit das größte Problem

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Paul Hembery ist immer auf der Suche nach Innovationen Zoom
"Das ist ein Zeichen dafür, dass wir uns gut vorbereitet haben. Doch damit ist unsere Arbeit natürlich nicht vorbei. Wir sehen uns immer nach Innovationen und Verbesserungen um, weshalb wir am Freitag immer wieder verschiedene Mischungen testen. In der Türkei zum Beispiel testen wir am Freitag eine superharte Mischung, die vielleicht in Barcelona gefahren wird."
Frage: "Was war bisher die größte Herausforderung?"
Hembery: "Vor allem die Zeit. Unser Vertrag begann im Juni vergangenen Jahres, die ersten Tests liefen im August. Exakt vier Monate später nach dem Abu-Dhabi-Rennen hatten wir den ersten offiziellen Test mit allen Teams. Ich glaube nicht, dass es viele Firmen gibt, die das erreicht hätten, was wir geschafft haben. Wir haben mit einem weißen Blatt Papier angefangen und dazu eine andere Philosophie hereingebracht."
"Eine andere Herausforderung abseits der Strecke war die Kommunikation darüber, was wir machen. Unser Formel-1-Reifen ist absichtlich so gebaut, dass er etwa 100 Kilometer hält, damit wir unsere Ziele erreichen. Unsere Straßenreifen sind darauf ausgerichtet, ihren Peak für mehrere tausend Kilometer zu halten. Dies zu kommunizieren war auch eine große Aufgabe."
Frage: "Was habt ihr für diese Saison noch auf Lager?"
Hembery: "Mehr davon. Hoffen wir zumindest alle. Es ist schwer vorstellbar, wie wir mehr Wettbewerb und mehr Aufregung als bisher sehen können. Wir wollen jedenfalls das Racing den Racern zurückgeben. Neben unserem normalen Programm fahren wir ein Testprogramm für zukünftige Innovationen, das wir in Zusammenarbeit mit den Teams und den Formel-1-Offiziellen abhalten, um eine spannende Zukunft zu gewährleisten. Wir haben einige tolle Ideen in der Pipeline, so dass unser Sport einer starken Zukunft entgegen sehen kann."

