• 15.08.2002 15:12

Pierre Dupasquier im Interview

Michelins Sportdirektor spricht über die Zusammenarbeit mit Toyota und den anderen Teams sowie über den Wettbewerb

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Wie wichtig ist Toyota für Michelin in der Formel 1?"
Pierre Dupasquier: "Mehr als wichtig, denn wir sind seit sehr langer Zeit Partner von Toyota. Wir begannen in den 90er-Jahren den Rallye-Sport mit ihnen, wir hatten eine Menge Erfolge zusammen. Und als sich Toyota entschied, in Le Mans an den Start zu gehen, da arbeiteten wir ebenfalls zusammen und ich verstehe bis heute nicht, warum sie dieses Rennen nie gewannen, denn sie rückten mit einem unglaublichen Auto an! Herr Tomita (Vorsitzender von Toyota Motorsport und Managing Direktor der Toyota Motorsport Corporation; d. Red.) kam dann zu uns und teilte uns mit, dass Toyota daran denkt, in die Formel 1 zu gehen und dass sie diesen Schritt gerne mit uns vollführen würden."

Titel-Bild zur News: Pierre Dupasquier

Pierre Dupasquier versichert, dass alle Teams gleich behandelt werden

Frage: "Hat Toyotas Entscheidung die Entscheidung von Michelin beeinflusst, in die Formel 1 zurückzukehren?"
Dupasquier: "Absolut, denn wenn ein Partner wie Toyota einen dies fragt, dann muss man doppelt darüber nachdenken. Wir waren eine Weile aus der Formel 1 abstinent, aber sie glaubten daran, dass wir ihnen helfen könnten. In dieser Situation sagt man zu sich selbst, 'wenn wir nein sagen, dann werden wir ihnen kein guter Partner sein und jemand anderes wird für uns einspringen'."

Frage: "Geht die Partnerschaft mit Toyota über die Formel 1 hinaus?"
Dupasquier: "Wir haben eine gute Beziehung zu ihnen auf technischer und kommerzieller Basis, denn wir unterstützen sie mit vielen Reifen für ihre Produkte."

Frage: "Wie würden sie die erste Saison von Toyota in der Formel 1 zusammenfassen?"
Dupasquier: "Sie verläuft so, wie wir das erwartet hatten. Die Formel 1 ist ein sehr hartes Geschäft und sie verlangt, dass alles auf einem optimalen Level funktioniert, damit man Erfolg hat. Aber man kann das nicht über Nacht schaffen, man muss sich nur einmal Ferrari anschauen. Sie brauchten sechs Jahre unter ihrem momentanen Management, um mit dem Siegen zu beginnen."

Frage: "Wie schwierig ist es für Michelin, alle Teams zufrieden zu stellen?"
Dupasquier: "Wenn man sich die technischen Daten von zwei verschiedenen Formel-1-Autos anschaut, dann ist der Unterschied sehr gering. Es kann aber auf der Strecke große Unterschiede geben, da ein Auto unter leichtem Untersteuern leiden kann, was auf eine Renndistanz gesehen ein Desaster sein kann. Unsere Aufgabe ist es, einen Reifen zu entwickeln, der zu den Formel-1-Autos im Allgemeinen passt und wenn wir das geschafft haben, dann müssen wir ihn nur noch an die verschiedenen Streckenbedingungen anpassen. Wir machen das vor allem durch die Modifikation der Mischungen. Der Reifen für Hockenheim ist zum Beispiel nicht der gleiche wie für Monte Carlo, Montreal oder Silverstone. Wenn wir eine Verbesserung für die Front eines Autos mitbringen, dann bringt das allen etwas. Es ist dann die Aufgabe der Ingenieure, die Autos so zu verändern, dass man davon profitieren kann."

Frage: "Toyota wird also genau gleich behandelt wie BMW-Williams oder McLaren-Mercedes?"
Dupasquier: "Absolut, aus zwei Gründen. Zunächst einmal sehen wir Toyota als sehr wertvollen und sachkundigen Partner an. Wir vertrauen Toyota. Zum zweiten erlauben es uns die Regeln nur, zwei verschiedene Mischungen allen unseren Partnern zur Verfügung zu stellen."

Frage: "Können sie Toyota helfen, in dem sie sagen, was die anderen Teams tun?"
Dupasquier: "Wir reden nicht über Autos, nur über Reifen. Am Ende des Tages tauschen alle Michelin-Techniker ihre Informationen aus, die wir dann allen unseren Teams zur Verfügung stellen. Zum Beispiel könnten sie mitbekommen haben, dass einer der Reifen mehr Luftdruck braucht, um zu funktionieren. Über die Autos sagen wir überhaupt nichts."

Frage: "Wie geht der TF102 mit den Reifen um?"
Dupasquier: "Das ist schwierig zu sagen, denn die zwei Fahrer nutzen ihre Autos unterschiedlich, was bedeutet, dass auch die Reifen unterschiedlich verwendet werden."

Frage: "Wie wichtig ist es für Michelin, dass es in der Formel 1 einen 'Reifenkrieg' gibt?"
Dupasquier: "Wir haben den Wettbewerb gern, denn ohne ihn weiß man nie, ob man gut arbeitet. Wenn es aber um das Siegen geht, so kommt es auf das Paket an ? das Auto, den Reifen und den Fahrer ? wir können also nie sagen, ob wir besser oder schlechter als der andere Reifenhersteller arbeiten."

Frage: "Erreicht Michelin in der Formel 1 alle Ziele?"
Dupasquier: "Ich würde ja sagen, auch wenn ich weiß, dass wir noch eine Menge zu tun haben."