Piastri und das Sprichwort, auf das Verstappen mal lieber gehört hätte ...
McLaren-Star Oscar Piastri will der Konkurrenz in der WM weiter enteilen: Wen er für Kanada auf dem Zettel hat und warum er keinen "Alles-oder-Nichts-Ansatz" fährt
(Motorsport-Total.com) - Die WM-Wertung spricht spätestens nach Barcelona eine klare Sprache: McLarens WM-Spitzenreiter Oscar Piastri hat seine Führung in der Weltmeisterschaft mit dem fünften Sieg im neunten Rennen ausgebaut, vor allem Titelverteidiger Max Verstappen durch seine Strafe und den daraus resultierenden zehnten Platz ordentlich Federn gelassen: 49 Punkte beträgt der Rückstand des Red-Bull-Piloten vor Kanada bereits, also umgerechnet fast zwei Grand-Prix-Siege.

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Oscar Piastri weiß: Max Verstappen muss man immer auf der Rechnung haben Zoom
Dennoch stellt Piastri vor dem Auftritt in Montreal mit Blick auf den WM-Stand klar: "Ich würde Max niemals abschreiben. Der Punkterückstand ist jetzt etwas größer, aber er wird mit Sicherheit weiterhin ein starker Konkurrent sein." Seine eigene Herangehensweise im Titelkampf will der Australier trotz des angewachsenen Polsters aber "nicht wirklich" ändern:
"Ich denke, ich werde weiterhin genauso fahren, wie ich es bisher getan habe. Dazu gibt es eigentlich gar nicht viel mehr zu sagen", so Piastri, der dabei aber trotzdem nochmal seinen persönlichen Ansatz unterstreicht: "Ich werde versuchen, klug zu fahren und Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen. Ein gutes Sprichwort besagt: 'Besser im Rennen bleiben, als um jeden Preis recht behalten wollen.' Daran versuche ich mich weiterhin zu orientieren."
Aus Monaco "viel für die Zukunft mitgenommen"
Zuletzt in Barcelona kam der McLaren-Pilot allerdings nie wirklich in Bedrängnis, münzte seine Pole souverän in den Sieg um - ganz anders als noch eine Woche zuvor in Monte Carlo, wo er mit mehr Schwierigkeiten zu kämpfen hatte und in Qualifying und Rennen deshalb nur Dritter wurde: "In Monaco haben wir aber eigentlich schon am Sonntagmorgen verstanden, was schiefgelaufen ist", erklärt Piastri, wenngleich ihm das auf dem an Überholmöglichkeiten armen Kurs im Rennen nichts mehr half.

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Fünf Saisonsiege hat er schon: Darf Oscar Piastri in Kanada erneut jubeln? Zoom
Zumindest in Barcelona direkt zurückzuschlagen, sei daher "definitiv" wichtig gewesen im WM-Kampf: "In Spanien haben wir es schnell korrigiert, ich durfte dort eines meiner bisher stärksten Rennen dieser Saison fahren, weil das Auto passend abgestimmt war und wir als Team das Wochenende optimal ausgelegt haben." Zwar wolle man derartige Ausreißer wie im Fürstentum am liebsten ganz verhindern, "aber aus Monaco haben wir auch viel für die Zukunft mitgenommen", glaubt Piastri.
Für Kanada sieht er sich entsprechend bestens gerüstet: "Ich denke, das kommende Wochenende könnte für mich ganz gut werden. Ich habe viel aus dem letzten Jahr mitgenommen. Dieses Rennen gehörte schon letztes Jahr eher zu meinen besseren", erinnert sich Piastri, wenngleich er darauf hinweist: "Seltsamerweise waren einige Strecken, die für mich letztes Jahr schwierig waren, in dieser Saison meine bisher besten. Umgekehrt waren einige, die letztes Jahr stark waren, jetzt etwas schwerer für mich."
Piastri hat Verstappen und Mercedes auf dem Zettel
Auf den Circuit Gilles Villeneuve freut er sich trotzdem: "Ich mag den Kurs, er ist schwierig, weil man schnell Fehler machen kann. Ich fühle mich aber das ganze Jahr über schon recht wohl im Auto, daher hoffe ich, vorne mitkämpfen zu können."
Dass er dabei auf starke Konkurrenz treffen dürfte, dessen ist sich Piastri bewusst, der erneut Verstappen ganz oben auf der Rechnung hat: "Ich erwarte, dass Max stark sein wird. Auch Mercedes war hier letztes Jahr vorne mit dabei, deshalb rechne ich damit, dass sie ebenfalls konkurrenzfähig sind." Mit Blick auf die Gegner fügt er an: "Max ist über das ganze Jahr betrachtet der Konstanteste gewesen, aber Mercedes hat einige starke Phasen gezeigt."

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Zuletzt in Barcelona schaffte es Ferrari hinter McLaren immerhin aufs Podium Zoom
Und auch die Roten will der WM-Spitzenreiter nicht gänzlich abschreiben: "In Monaco zum Beispiel war Ferrari besonders gut - dieser Kurs hier hat einige Ähnlichkeiten dazu", obwohl sich der McLaren-Pilot auch erinnert: "Letztes Jahr hat Ferrari das hier allerdings gar nichts gebracht. Es ist also schwer vorherzusagen, wo die Herausforderung herkommt - aber sie wird definitiv da sein."
Dass er aus der Mehrzahl der bisherigen Rennen am Ende als Sieger herausgehen konnte, sei "natürlich schön", der 24-Jährige richtet den Blick aber lieber nach vorne als nach hinten: "Ich wäre allerdings glücklicher, wenn dieser Start mit dem WM-Titel gekrönt würde. Fünf Siege in neun Rennen: Das hat meine eigenen Erwartungen - trotz eines guten Autos - übertroffen", gibt Piastri unumwunden zu.
Piastri nimmt sich Druck: 2025 nicht "meine eine Chance"
Viel zu bereuen gibt es für den Australier bislang jedenfalls nicht: "Sicher gibt es einige Szenen, die ich gerne etwas geschickter gelöst hätte, aber im Großen und Ganzen bin ich stolz darauf, was das Team und ich bisher erreicht haben." Trotzdem zähle die Statistik aktuell nur recht wenig für ihn: "Ich will weitere Rennen gewinnen und um den Titel kämpfen. Ich hoffe daher, dass das erst der Anfang gewesen ist", stellt er klar.
Das gelte auch in Bezug auf seine gesamte Karriere, denn mit Blick auf die WM 2025 fügt Piastri an: "Ich betrachte das gar nicht als meine eine große Chance. Ich weiß nicht, ob das so ist und es hat keinen Sinn, mir mit diesem Alles-oder-Nichts-Ansatz zusätzlichen Druck zu machen." Schließlich erinnert der McLaren-Pilot daran, sei es überhaupt erst sein drittes Jahr in der Formel 1: "Ich stecke erst am Anfang meiner Karriere. Sicher ist das jetzt eine tolle Gelegenheit, aber für mich zählt im Moment nur, so viele Rennen wie möglich zu gewinnen."

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Eilt aktuell von Sieg zu Sieg: Oscar Piastri ist der Durchstarter anno 2025 Zoom
Dann würde es in der WM ohnehin gut aussehen, so Piastri, der laut eigener Aussage bewusst versucht, hier und da auch mal von der Formel 1 abzuschalten: "Das habe ich in den Junior-Kategorien und meinen ersten F1-Jahren gelernt, dass man auch mal Zeit mit Abstand davon braucht, sonst wird es schnell sehr kräftezehrend. Mit der Position in der WM ist es jetzt natürlich nochmal bisschen anders, aber ich habe meine Lektionen schon gelernt, wie ich am besten performe und frisch in ein Wochenende gehe."
Natürlich mache es Spaß Rennen zu gewinnen und um den Titel zu kämpfen: "Ich genieße die Position, in der wir uns befinden", sagt Piastri: "Aber im Moment ist der Druck gar nicht so anders. Ich versuche einfach da rauszugehen und mein Bestes zu geben. Der Unterschied ist nur, dass das jetzt eben reicht, um um den Sieg zu kämpfen - im Gegensatz zu einem Podium oder Punkten, wie es vor ein paar Jahren noch der Fall war."


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