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Norbert Kreyer im Interview
Der Motorenchef von Toyota spricht über das Formel-1-Projekt, den Motor, die Konkurrenz und das Motorenreglement
(Motorsport-Total.com) - Vor seinem Einstieg in das Formel-1-Projekt von Toyota war Norbert Kreyer als Motorenentwickler im TMG Le Mans- und Rallye-Projekt beschäftigt. Seine umfangreichen Berufserfahrungen sammelte er bei Zakspeed, VW und Ford, wo er ebenfalls an Rennmotoren arbeitete. Nun ist der 49-jährige Deutsche bei Toyota für das Entwerfen und Entwickeln der Formel-1-Motoren zuständig. F1Total.com-Chefredakteur Fabian Hust hatte die Möglichkeit, dem Motorenmann der Japaner ein paar Fragen zu stellen.

© Irlmeier
Norbert Kreyer ist bei Toyota für den Motorenbau verantwortlich
Frage: "Wie liefen die Testfahrten hier auf dem Nürburgring?"
Norbert Kreyer: "An für sich ganz gut. Wir sind einiges gefahren, natürlich kann man immer besser sein, aber es lief ganz gut. Wir haben auf verschiedenen Bereichen getestet, Motorentests, Aerodynamik, Reifen."
Frage: "Für viele klingt es komisch zu hören, dass in Köln ein kompletter Formel-1-Rennstall aus dem Boden gestampft wird?"
Kreyer: "Warum? In Deutschland kann man doch genauso Motorsport betreiben, BMW baut ja seine Motoren auch in Deutschland. Gut, wir haben den ganzen Standort in Deutschland, auch wir bauen den Motor hier, für mich ist das kein Problem. Motorsport wird weltweit betrieben, Toyota hat seine Basis in Köln und hier bleibt diese Basis auch."
Frage: "Wie lange arbeiten sie am Tag und was muss man mitbringen, um einen Job wie ihren ausüben zu können?"
Kreyer: "Ich arbeite 10, 12, 14 Stunden am Tag - so viel wie notwendig eben, jeden Tag. Das ist normal und in der Formel 1 selbstverständlich. Man muss einfach ein Enthusiast sein und wenn man das Hobby Motorsport nicht hat, dann kann man den Job nicht machen. Alleine von der Zeit her ist das sehr aufwendig. Ich habe schon als kleiner Junge den Traum gehabt, Motorsport zu machen. Dann wollte man irgendwann selber einmal fahren und dann hat man festgestellt, dass das doch nicht so gut geht - es kostet schlicht und ergreifend zu viel Geld und man ist nicht schnell genug. Dann geht man einfach in die Technik. Die meisten Leute unterschätzen den Job. Sie denken, man fährt nur zur Formel 1 und macht dort Halligalli. Es ist ein knüppelharter Job."
Frage: "Gibt es am Motor etwas, von dem sie glauben, dass es die anderen nicht haben?"
Kreyer: "Nein, ich glaube nicht. Ich sage immer, der Viertakter-Motor ist 1900 erfunden worden und wir machen ihn nur besser, in dem wir andere Materialien verwenden. Man kann heute die ganzen Dinge berechnen, das konnten die Herren früher nicht. Sie haben heute mehr Möglichkeiten und bessere Materialien zur Verfügung."
Frage: "Wie weit hat sie denn die Entscheidung der FIA zurückgeworfen, Zwölfzylinder zu verbieten, wo sie bereits einen entwickelt hatten? Stimmt es, dass sie wieder von Null anfangen mussten?"
Kreyer: "Nein, so weit hat uns das nicht zurückgeworfen. Wir hatten nur gehofft, mit dem Zwölfzylinder gegenüber der Konkurrenz einen Vorteil zu haben. Jetzt wurden Zehnzylinder festgeschrieben und jetzt müssen wir eben auch mit einem Zehnzylinder fahren aber ein riesiger Rückschritt war das nicht."
Frage: "Bis 2008 ist das Motorreglement ja festgeschrieben. Würden sie es begrüßen, dass man es zwischendurch noch einmal verändert, damit sie gegenüber dem Wettbewerb vielleicht Vorteile haben?"
Kreyer: "Schwierig zu sagen. Es ist bis 2008 festgeschrieben, aber ich gehe einmal davon aus, dass die FIA das Reglement ändern wird und der Hubraum begrenzt wird. Wann, kann ich nicht sagen. Die Autos werden zu schnell und die Chassishersteller - nicht die Motorenhersteller - jammern einfach. Man möchte langsamer werden und da kann man nicht immer nur das Auto verändern."
Frage: "Ist der Motor auf der Basis eines bestehenden Motors entwickelt worden?"
Kreyer: "Nein, der Motor ist eine komplette Neuentwicklung. Wir haben 1999 mit dem Motor angefangen und im September 2000 stand er das erste Mal auf dem Prüfstand."
Frage: "Wie zufrieden sind sie im Moment mit dem Motor?"
Kreyer: "Wir sind im grünen Bereich. Wir sind gut dabei, von der Motorleistung ist er einwandfrei, wir sind zufrieden."
Frage: "Zu dem Motor zählt ja in der heutigen Zeit auch eine Menge Elektronik. Wird diese auch von ihnen entwickelt?"
Kreyer: "Die Motorenelektronik haben wir nicht selbst entwickelt sondern mit Magneti Marelli zusammen. Aber die ganze Software wird bei Toyota geschrieben."
Frage: "Glauben sie, dass die Motoren manchmal falsch eingeschätzt werden? Jetzt sagt man BMW sei der beste Motor und Mercedes sei etwas abgefallen. Wie sehr kann man überhaupt anhand der Rundenzeiten sagen, wie gut ein Motor ist?"
Kreyer: "Das ist schwierig. Mit dem Motor machen sie Zehntel, mit dem Reifen machen sie Sekunden. Es ist klar, dass man einen starken und fahrbaren Motor braucht. Es bringt auch nichts, wenn man Leistung hat, der Motor aber nicht fahrbar ist. Aber Leistung braucht man auch, denn Leistung hat noch immer geholfen."
Frage: "Toyota ist weltweit der drittgrößte Automobilhersteller, was verspricht sich das Unternehmen von dem Formel-1-Engagement?"
Kreyer: "Toyota möchte beweisen, dass man gute Autos bauen kann und das kann man natürlich am besten im Motorsport, wo man natürlich gewinnen möchte. Toyota baut Autos und wenn man in der Formel 1 zeigen kann, dass man gute Autos bauen kann, dann ist das ein großer Erfolg für Toyota."
Frage: "Aber ganz ohne Risiko ist dieses Unterfangen auch nicht?"
Kreyer: "Das Risiko ist genauso groß, ganz klar."
Frage: "Wann wird man das erste Mal einen Fahrer von Toyota auf dem Treppchen sehen?"
Kreyer: "Die Richtung ist von Toyota ganz klar vorgegeben. Wir sind optimistisch, dass in vier fünf Jahren mal ein Fahrer von uns auf dem Treppchen stehen wird. Der Plan lautet: In den ersten drei Jahren Punkte, in den Jahren vier und fünf Podiumsplätze."
Frage: "Ähnliche Töne hat man vom BMW-Motorsportchef Gerhard Berger gehört, aber jetzt hat man es dort geschafft, viel schneller die ersten Ziele zu erreichen?"
Kreyer: "Gut, bei BMW-Williams liefert BMW nur den Motor und Williams macht das Chassis, bei uns ist da die Ausgangslage etwas schwieriger. Ich denke, dass wir ein wenig länger brauchen werden."
Frage: "Was können sie uns zum aktuellen Stand des Autos sagen?"
Kreyer: "Im Moment ist es mehr oder weniger ein Testträger, mit dem wir hier fahren. Wir bauen ein neues Auto für 2002, das im November fertig sein wird. Jetzt sind wir hier natürlich dabei, eine Menge zu probieren, zum Beispiel motorseitig, aber auch die Arbeit des Teams will koordiniert sein. Die Logistik ist ein Riesenthema in der Formel 1 und da müssen wir einfach üben."
Frage: "Was ist ihr Ziel für die Saison 2002?"
Kreyer: "Gut, das Ziel für 2002 ist klar, wir wollen uns qualifizieren. Wir hoffen, dass uns das gelingen wird und wir uns irgendwo zwischen Platz 15 und Platz 24 qualifizieren können. Dann wären wir schon sehr gut, das ist das, was wir uns wünschen. Vielleicht läuft es auch besser, aber man muss eines sagen, man muss in der Formel 1 sehr realistisch bleiben, ganz realistisch."

