• 25.08.2001 14:59

  • von Fabian Hust

Dagobert Röhrer im Interview

Dagobert Röhrer, General Manager F1 Chassis bei Toyota, spricht über das Formel-1-Projekt der Japaner

(Motorsport-Total.com) - 1990 stieß Dagobert Röhrer zu Toyota. Damals war der Bayer im Safari Rallye-Projekt beschäftigt. 1996 wurde er Technischer Projektleiter im Corolla Rallye-Programm, bevor er im vergangenen Jahr Formel-1-Operation-Manager wurde und dort den Chassis-Bau beaufsichtigt und koordiniert. Zuvor hatte er von 1979 bis 1990 bei Audi Erfahrungen gesammelt. F1Total.com-Chefredakteur Fabian Hust war bei den Testfahrten Anfang der Woche auf dem Nürburgring vor Ort und ging auf Stimmenfang.

Titel-Bild zur News: Dagobert Röhrer

Dagobert Röher koordiniert bei Toyota den Formel-1-Chassisbau

Frage: "Sind sie zufrieden, wie es bisher läuft?"
Röhrer: "Ja, sicher sind wir zufrieden. Klar haben wir unsere Hochs und Tiefs. In Spa lief es ganz gut, in Silverstone in der Woche zuvor lief es nicht so gut. Im Moment liegen wir im Plan und aus diesem Grund sind wir zufrieden."

Frage: "Wie viele Testkilometer planen sie zu fahren?"
Röhrer: "Je mehr desto besser, ganz klar. Über jeden Kilometer, den man fahren kann, ist man dankbar. Wir haben jetzt, glaube ich, bei den Tests insgesamt rund 6.000 Kilometer zurückgelegt. Wie gesagt, es läuft bisher ganz gut."

Frage: "Wo gibt es im Moment noch die größten Probleme?"
Röhrer: "Das wichtigste für uns ist im Moment das Sammeln von Daten. Wir waren mit unserem Auto bisher noch nicht auf den verschiedenen Strecken, was ja gegenüber den anderen Teams ein Nachteil ist, die über die entsprechende Erfahrung verfügen. Für uns ist es also eine der Hauptaufgaben, mit dem Auto zu fahren und Erkenntnisse zu sammeln und zum Beispiel auch einmal zu versuchen, mit der Aerodynamik streckenspezifisch etwas zu machen."

Frage: "Sie messen sich demnächst mit den Allerbesten, wird einem da nicht mulmig, wenn man gegen Ferrari & Co. antritt?"
Röhrer: "So weit nach vorne brauchen wir im Moment noch gar nicht zu schauen, wir stehen schon ziemlich auf dem Boden der Tatsachen und wissen, zu was wir fähig sind. Alles andere wäre ziemlich illusorisch."

Frage: "Wie werden sie von den anderen Teams aufgenommen? Haben sie ein wenig Angst vor ihnen oder denken sie, Konkurrenz belebt das Geschäft?"
Röhrer: "Ich kann im Moment nur das sehen, was ich lese und ich hoffe, das nehmen sie mir jetzt nicht übel - ich glaube nicht immer das, was ich lese. Es fehlt im Moment eigentlich so der direkte Kontakt. Das liegt daran, dass wir in diesem Jahr alleine testen und auch auf Strecken fahren, auf denen die anderen nicht testen dürfen. Wir werden sehen, wie sich das nächstes Jahr entwickelt, ich hoffe jedenfalls, dass es Kontakt geben wird, ich bin da jedenfalls immer sehr offen. Ich komme ja aus der Rallye-Szene und dort hat man auch über die Zäune hinweg eigentlich immer einen guten Kontakt. Jeder sagt mir zwar immer, in der Formel 1 sei alles ein wenig verbissener und ernster, wenn ich dann aber gesehen habe, dass Michael Schumacher in Ungarn sehr bewegt über den Teamgeist spricht, so macht mir das dann doch wieder etwas Hoffnung, dass es dort Menschlichkeit gibt."

Frage: "Stichwort Teamwork, wie schaut es da bei ihnen im Moment aus?"
Röhrer: "Wir haben natürlich das große Problem, dass wir innerhalb von kurzer Zeit sehr stark expandieren. Die Firma hat sich in kurzer Zeit von rund 200 auf rund 600 Mitarbeiter vergrößert. Das ist wie in jedem anderen Unternehmen auch eine riesige logistische und menschliche Herausforderung. Hinzu kommt noch, dass wir 27 oder 28 Nationen sind, was der ganze Motorsport eben mit sich bringt und es ist mit Sicherheit eine große Herausforderung, dass wir diese alle schnell auf einen Nenner bringen. Ich bin aber da eigentlich ganz zuversichtlich."

Frage: "Es wird ja immer von den so genannten Technikgurus in der Formel 1 gesprochen. Gibt es bei ihnen auch solche Leute oder sind es alles Formel-1-Neulinge?"
Röhrer: "Wir haben ja jetzt den Gustav Brunner als Chefkonstrukteur bei uns. Ich glaube, der Gustav spricht für sich, denn er ist jetzt schon lange genug im Geschäft, ich denke, er kennt alle Tricks und alle Kniffe. Und ich denke, auf diesem Gebiet haben wir jetzt die Erfahrung, was die konstruktive Seite angeht, einen großen Vorsprung. Und wir haben auch die einen oder anderen Leute, die aus der Formel 1 kommen, es ist also nicht so, dass wir hier alle völlig unbedarft sind."

Frage: "Mika Salo hat ja bereits einmal im Ferrari von Michael Schumacher gesessen. Was hat er bisher so alles gesagt?"
Röhrer: "Ich denke, dass es für ihn eine große Herausforderung ist, einen solchen Entwicklungsschritt von 0 auf 100 zu machen. Und er hat natürlich auch große Erwartungen, von denen wir ausgehen müssen, dass wir sie ihm Schritt für Schritt erfüllen können. Es wird aber natürlich schon einige Zeit dauern, bis wir richtig etabliert mitfahren können."

Frage: "Das Team klingt ja sehr japanisch, aber schlussendlich kommt ja alles aus Köln?"
Röhrer: "Ja, unser Standort ist in Köln, die Firma ist entstanden aus der ehemaligen Andersson Motorsport GmbH, dann später TTE, also eine japanische Tochter. Der Sitz ist in Köln und wir machen Chassis und Motor in Köln."

Frage: "Wie viel Druck kommt aus Japan? Welche Vorgaben haben ihnen die Geldgeber gemacht?"
Röhrer: "Bisher sieht man es dort sehr realistisch und ich hoffe, dass das auch so bleiben wird. Die Vorgabe ist jene, dass wir nächstes Jahr einfach nur einmal mitfahren und Erfahrungen sammeln. Das Projekt ist ja auch mindestens auf fünf Jahre angelegt. Und dann geht man natürlich davon aus, dass man im fünften Jahr erfolgreich ist, also auch mit den Großen mitfahren kann."

Frage: "BMW ist schneller zum Erfolg gekommen als geplant, setzt sie so etwas unter Druck?"
Röhrer: "Ich würde sagen, dass dies eine andere Situation ist, denn bei uns kommt alles aus einer Hand. Außer Ferrari gibt es im Moment kein Team, das Chassis und Motor selbst macht. Das hat natürlich auch Vorteile, keine Frage, aber dieses Gesamtpaket zum zuverlässigen Funktionieren zu bringen, ist, glaube ich, schon eine schwierige Ausgangsposition."

Frage: "Wie ist es mit dem Budget bestellt?"
Röhrer: "Ich denke, dass wir genügend Geld haben, um die Vorgaben, die wir uns momentan gemacht haben, zu erfüllen."