Nielsen: "Es kommt auf jedes Detail an"
Im Interview erklärt der Sportliche Leiter des Renault-F1-Teams, warum sich das Einsatzteam in der vergangenen Woche in Barcelona versammelte
(Motorsport-Total.com) - Wer in der zurückliegenden Woche in Barcelona durch die Boxengasse spazierte, hätte denken können, dass die Grand-Prix-Saison schon längst in vollem Gange sei. Alle Teams testeten ihre Autos, und bei vielen von ihnen liefen Mechaniker in ihren feuerfesten Anzügen herum und absolvierten Boxenstopps im Renntempo.

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Steve Nielsen möchte sein Team schon in Melbourne routiniert erleben
Zu diesen Rennställen gehörte auch das Renault-F1-Team. Das eigentliche Einsatzteam, das die beiden R27 an den Rennwochenenden betreut, probte Boxenstopps und spielte den Ablauf für die bevorstehenden Grands Prix durch. In vielerlei Hinsicht fühlte sich die Testwoche in Barcelona wie der erste Lauf der Saison 2007 an und erwies sich als gute Vorbereitung für den großen Tag in Melbourne am 18. März, wie der Sportliche Leiter des Teams, Steve Nielsen, berichtet.#w1#
Frage: "Steve, von Oktober bis März standen keine Rennen auf dem Programm. Konnte das Einsatzteam dadurch eine Art verlängerten Urlaub genießen?"
Steve Nielsen: "Das ist weit gefehlt. Bei jedem Test im neuen Jahr war Personal unseres Rennteams vor Ort. Unsere Kollegen aus dem Testteam übernahmen unterdessen an der Strecke die Nachtschichten. Vergangene Woche in Barcelona haben wir uns besonders intensiv auf die Grand-Prix-Wochenenden vorbereitet."
Testablauf eines Grand-Prix-Wochenendes
Frage: "Deswegen trugen die Mechaniker ihre Overalls und es herrschte so viel Betrieb in den Renault-Boxen?"
Nielsen: "Genau. Während eines Grand-Prix-Wochenendes gibt es viele komplizierte Aufgaben: Die Zeit für Umbauten zwischen dem letzten Freien Training und dem Qualifying ist sehr begrenzt, und das Qualifikations-Training selbst birgt eigene Herausforderungen - insbesondere in der zweiten und dritten Phase. Außerdem sind neue Gesichter ins Team aufgerückt. Sowohl Heikki Kovalainen als auch einige Ingenieure erlebten die Qualifying-Session noch nie selbst mit. Deswegen hielten wir es für wichtig, ihnen einen kompletten Testlauf zu ermöglichen. Die eingespielten Teammitglieder nutzten diese Chance, um sich für die Saison warm zu machen. Wir absolvierten auch viele Test-Boxenstopps, mittlerweile dürften wir bei etwa 90 Stück angelangt sein."
Frage: "Und wie liefen diese Stopps?"
Nielsen: "Sehr gut. Wir haben unseren Ablauf von vorn bis hinten analysiert und in einigen Bereichen Verbesserungspotenzial entdeckt. Die Testläufe haben gezeigt, dass es auf jeden Fall besser ist, seine Fehler vor der Saison in Barcelona zu begehen als im 'Albert Park', wenn es darauf ankommt. Es mag sich vielleicht etwas ausgefallen anhören, sein gesamtes Einsatzteam für einen Tag nach Spanien zu fliegen, aber es zahlt sich immer aus."
Nun steht die Performance im Vordergrund
Frage: "Wenn das Team nach Melbourne reist, müssen alle das neue Auto in- und auswendig kennen, um die beste Leistung zu zeigen. Wie schafft man es, dass die Arbeit am Renault R27 den Mitarbeitern in Fleisch und Blut übergeht?"
Nielsen: "Wir bei Renault haben fünf 'Car-Crews', drei von ihnen gehören dem Einsatzteam an. Wenn sie nach Australien reisen, haben sie ein Chassis von Grund auf zusammengeschraubt, es zu drei oder vier Testfahrten begleitet und es etliche Male auseinandergebaut. Das heißt, es gibt nicht viel, was sie nicht über das Auto wissen. Sie haben also bereits vor Saisonstart an ungefähr 15 Testtagen teilgenommen - das entspricht etwa fünf kompletten Rennwochenenden."
Frage: "Die nächsten 14 Tage testet das Renault-F1-Team in Bahrain."
Nielsen: "Das gesamte Einsatzteam wird auch dort vertreten sein, auch das gehört zur Vorbereitung. Wir haben gesehen, dass das Auto zuverlässig läuft, und unsere Abläufe in Spanien geprobt. In den kommenden zwei Wochen konzentrieren wir uns darauf, unsere Performance zu verbessern und sicherzustellen, dass die Arbeit innerhalb des Teams reibungslos harmoniert. Der Wettbewerb ist in diesem Jahr deutlich enger als zuvor, da kommt es auf jedes Detail an. Du musst das Reglement bis ins kleinste Detail kennen und zu jeder Zeit das Maximum aus dem Auto herausholen. Aus diesem Grund bereiten wir uns akribisch vor. Alles soll wie im Schlaf funktionieren, wenn wir in Melbourne ankommen. Man kann sagen: Australien soll sich wie der zweite Saisonlauf anfühlen - nicht wie der Auftakt."

