• 20.10.2013 10:06

  • von Dieter Rencken & Stefan Ziegler

Neues Strategiekomitee: Teams hegen große Zweifel

Die Teams der Formel 1 hegen große Zweifel an der neuen Strategischen Arbeitsgruppe, die vor allem den kleinen Rennställen das Stimmrecht raubt

(Motorsport-Total.com) - Unfair. Gefährlich. Nicht durchdacht. Das ist nur eine Auswahl an Äußerungen zur Einrichtung des neuen Strategiekomitees in der Formel 1. Eben dieses wurde nun als Instanz installiert, die künftig über sämtliche Änderungen am Reglement entscheidet. Damit tritt das Strategiekomitee an die Stelle der Sportlichen und Technischen Arbeitsgruppen, die zwar erhalten bleiben, aber an Bedeutung verlieren.

Titel-Bild zur News: Start in Suzuka 2013

Alle gemeinsam in eine Richtung: Das gibt es beim neuen Strategiekomitee nicht Zoom

Mehr noch: Waren in den Arbeitsgruppen noch sämtliche Formel-1-Teams vertreten, sind es im neuen Strategiekomitee neben Vertretern von FIA und FOM nur noch einige erlesene - nämlich die Branchenriesen Ferrari, McLaren, Mercedes, Red Bull, Williams sowie das bestplatzierte verbleibende Team in der Konstrukteurs-WM, also Lotus. Was natürlich die Rennställe vor den Kopf stößt, die im Strategiekomitee nicht berücksichtig werden.

Im 'Telegraph' äußert Robert Fernley, stellvertretender Teamchef von Force India, seinen Unmut, indem er sagt: "Im Prinzip bezahlen alle Rennställe den gleichen Preis, um Rennen zu fahren. Die einzigen Unterschiede sind die Fahrergehälter und die Hospitality-Kosten. Und dennoch haben manche dieser Teams überhaupt keine Mitspracherecht bei der Verwaltung des Sports."

Neue Situation "schon sehr unglücklich"

"Das könnte man als Ausnutzung einer dominanten Position verstehen", meint Fernley und fügt hinzu: "Manche Teams haben große Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Sache. Besonders die Teams, die zu an der Börse notierten Unternehmen gehören, haben Bedenken. Das ist einfach keine anständige Führungsform. Wir hoffen doch sehr, dass sich die FIA das nochmals genau anschauen wird."


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Pat Symonds, Technischer Direktor bei Williams, denkt ähnlich. Die neue Situation sei "schon sehr unglücklich", sagt er. Gerade die Arbeitsgruppen hätten schließlich in der Vergangenheit immer gute und produktive Arbeit geleistet. Und vor allem hatten die Teams damit ein Mitspracherecht, das es in dieser Form nicht mehr gibt. "Die Arbeitsgruppen sind jetzt nur noch Diskussions-Foren", meint Symonds.

Ein Zustand, der schon jetzt kritisch beäugt wird. Für wie lange, das wird sich zeigen. "Wir geben der Sache drei Monate. Dann schauen wir, was passiert", sagt Caterham-Teammanager Graham Watson. Bis dahin gelte "business as usual" in den Arbeitsgruppen. "Die Treffen, die wir schon seit Jahren haben, werden im gleichen Format fortgeführt", meint Watson. Das habe man seinem Team versichert.

Einfach akzeptieren und zusehen?

Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting habe "deutlich zu verstehen gegeben, dass ganz normal weitergemacht wird", so Watson weiter. Und weil Caterham im neuen Strategiekomitee "nichts zu sagen" habe, hoffe er, "dass der gesunde Menschenverstand die Dinge in die richtige Richtung lenkt". Und das wiederum heißt: Die nicht beteiligten Teams finden sich notgedrungen mit der Zuschauer-Rolle ab.

"Wenn du dich nicht in der stärksten Verhandlungsposition befindest, musst du schlicht und ergreifend einige Dinge akzeptieren", erklärt Monisha Kaltenborn, Teamchefin bei Sauber. Die jetzige Situation, das betont sie, habe sich jedoch nicht in dieser Form angedeutet. "Für uns hieß es, dass es Änderungen geben würde, was auch sinnvoll ist. Nur: Der jetzt eingeschlagene Weg birgt viele Gefahren."

Konkret zum Beispiel die Gefahr, dass die großen Teams über die Köpfe der kleinen Teams hinweg neue Regeln auf den Weg bringen, die ihre eigene Position stärken, die der kleinen Konkurrenten aber empfindlich schwächen könnten. Und so sehnt sich nicht nur Fernley nach der Zeit, als die Rennställe der Formel 1 in der Teamvereinigung (FOTA) geschlossen mit einer Stimme auftraten.

Ohne FOTA keine Einheitlichkeit

"Damals hatten wir die Möglichkeit, diese Prozesse gemeinsam mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte zu diskutieren. Zusammen hatten wir eine gewisse Macht", meint Fernley mit einer gewissen Portion Wehmut. Die Einheit der Rennställe hielt aber nicht lange. "Wenn du erst einmal Ferrari und Red Bull verloren hast, ist es eben nur eine Frage der Zeit, bis auch die anderen Teams umfallen."

Genau so ist es im Zusammenhang mit den Verhandlungen um das neue Concorde-Agreement der Formel 1 gekommen: Bernie Ecclestone köderte die Branchenriesen mit Sonderkonditionen - und die großen Teams ließen sich ködern. Die kleineren Rennställe fühlten sich schon dabei übergangen. Dieses Gefühl haben sie nun umso mehr, wo sie jetzt auch von der Regelgebung ausgeschlossen sind.