Neale: Doppeldiffusor-Verbot sorgt für Innovation

McLaren-Geschäftsführer erklärt, welche Teams bei der Heckpartie die Nase vorne haben und wie Reglement-Einschränkungen die Kreativität fördern

(Motorsport-Total.com) - Wer hätte das gedacht? Ausgerechnet ein Verbot sorgt dieses Jahr dafür, dass die Teams mit innovativen technischen Lösungen begeistern und der Geist von Lotus-Genie Colin Chapman damit in der Formel 1 wieder Einzug erhält. McLaren-Geschäftsführer Jonathan Neale erklärt gegenüber 'F1.com': "Das größte Problem für die Teams ist die Eliminierung des Doppeldiffusors und die beschränkte Höhe des Hecks. Die Kapazität des Diffusors ist endlich - er ist nur noch halb so hoch wie im Vorjahr. Das ist der Grund, warum alle Teams unterschiedlichste Dinge mit dem Auspuff probieren, um aus dem Heck mehr herauszuholen."

Titel-Bild zur News: Rubens Barrichello

Die flache Williams-Heckpartie hätte sich einen Innovationspreis verdient

Doch welche Teams haben im Kampf um die raffinierteste Heckpartie die Nase vorne? Neale hat seine klaren Favoriten: "Wir haben uns alle Autos genau angesehen und natürlich entwickeln sich alle ständig weiter. Der Renault-Auspuff sieht interessant aus. Auch das Heck von Williams - wir alle haben versucht herauszufinden, wie das zusammenpasst und funktioniert. Es gelingt ihnen ganz eindeutig, ihre Lösungen zum Arbeiten zu bringen."

Worauf Renault und Williams setzten

Der Renault-Auspuff gab den Technikern der Konkurrenz von Beginn an Rätsel auf. Sucht man ihn im Heckbereich, wird man nicht fündig. Das Team aus Enstone vertraut auf eine außergewöhnliche Lösung und lässt den Auspuff vor dem Seitenkasten austreten. So kann man den Luftstrom zum Diffusor noch bessere beschleunigen und dadurch mehr Abtrieb produzieren.

Bei Williams hat man sich hingegen das Getriebe vorgeknöpft und die obere Hälfte des Gehäuses einfach weggelassen. Dementsprechend aufgeräumt und flach sieht die Heckpartie aus. Die Radaufhängung ist teilweise an der Heckflügelhalterung montiert - es sieht so aus, als würde ein Teil der Heckpartie fehlen. Kein Team baut hinten so flach. Warum Williams so viel Aufwand betrieben hat? Den durch das Verbot des Doppeldiffusors verlorenen Abtrieb will man sich durch eine perfekte Anströmung des unteren Heckflügel-Elements wieder zurückholen.

Newey umgeht Reglement

Neale freut sich, dass die Formel 1 derzeit ihre Kreativität auslebt: "Es ist immer schön, wenn jemand mit ungewöhnlichen Ideen auftaucht." Dass man vor allem im Bereich der Heckpartie forscht, ist laut dem McLaren-Geschäftsführer auch ein Verdienst von Red Bull: "Gegen Ende des vergangenen Jahres haben sich alle Leute angesehen, was Red Bull durch das Anblasen des Unterbodens mit dem Auspuff erreicht hat. Und wenn sich die Ingenieure einmal mit diesem Thema beschäftigen, dann ist es unabwendbar, dass die Grenzen ausgelotet werden."

In puncto Auspuff zeigt sich Neale neben Renault auch dieses Jahr von Adrian Neweys Lösung angetan: "Wir haben die Auspuffposition von Renault evaluiert - das ist eine interessante Wahl. Es ist auch interessant, was Red Bull gerade macht und wo sie ihren Auspuff hinblasen." Dem Red-Bull-Stardesigner ist es trotz enormer Reglementeinschränkungen im Vergleich zu Vorjahr auch dieses Jahr gelungen, den Auspuff in den Diffusor zu leiten. Eine Lösung, die mit Sicherheit bald einige Abnehmer finden wird.