• 20.03.2013 14:29

Motoren in Sepang: Wenn Luftfeuchtigkeit zum Problem wird

Aus dem Blickwinkel der Motorenhersteller wartet in Sepang eine besondere Herausforderung: Luftfeuchtigkeit und gegenläufige Geraden als hohe Hürden

(Motorsport-Total.com) - Sieht man den Australien-Grand-Prix einmal aus Sicht der Motorenhersteller, so standen beim Saisonauftakt der Formel 1 zwei Renault-Aggregate auf dem Podium. Sieg und Platz drei gingen an den französischen Motorenhersteller. Zudem repräsentierte Fernando Alonso mit seinem zweiten Platz das Triebwerk von Ferrari. Bei Renault blickt man nach diesem erfolgreichen ersten Auftritt aber sofort nach Malaysia, wo schon an diesem Wochenende der zweite Saisonlauf stattfindet. Renault-Motorenchef Remi Taffin weiß, warum in Sepang ein ganz besonders schwieriger Drahtseilakt auf die Triebwerke wartet.

Titel-Bild zur News: Regenwetter in Sepang

Das Wetter in Sepang ist für alle Teams eine große Herausforderung

"Nach unserem erfolgreichen Abschneiden beim Saisonauftakt in Australien haben wir uns sehr schnell wieder auf die nächste Herausforderung konzentriert, den Großen Preis von Malaysia in Sepang", erklärt der Fanzose. "Der 5,543 Kilometer lange Kurs stellt die V8-Motoren der Formel-1-Rennwagen vor große Belastungen, da ein großer Teil der Strecke - genau genommen 59 Prozent - unter Vollgas gefahren wird. So zum Beispiel auf den beiden besonders langen Geraden entlang der Haupttribüne, die jeweils fast 1.000 Meter messen und auf denen unsere Renault-F1-RS27-V8 stets für mehr als zehn Sekunden mit voller Last laufen. Dies bedeutet, dass sie in puncto Beschleunigung als auch in Sachen Höchstgeschwindigkeit Bestleistung erbringen müssen."

Doch bei den langen Vollgaspassagen wartet eine weitere Schwierigkeit, weiß Taffin: "Hinzu kommt, dass die beiden Geraden in gegensätzliche Richtungen weisen. Dieser Faktor beeinflusst direkt die Übersetzung des siebten Gangs: Mit Rückenwind erreichen wir eine höhere Endgeschwindigkeit als bei Gegenwind, der die Beschleunigung beeinträchtigt - so könnten wir auf der einen Geraden zu kurz, auf der anderen wiederum zu lang übersetzt sein. Dem stehen zahlreiche mittelschnelle bis sehr langsame Kurven gegenüber, in denen der Achtzylinder insbesondere am Scheitelpunkt und beim Herausbeschleunigen ebenso sanft wie kraftvoll ansprechen muss."

"Speziell die Passage rund um Turn 1 verlangt eine Kombination aus hoher Bremsstabilität und sensibel einsetzender Motorleistung, denn ihr schließt sich eine längere Vollgasphase an. Unsere Ingenieure von Renault achten in dem Bereich vor der ersten Kurve vor allem auf einen optimalen 'Overrun' der Maschine - eine Art Schleppgas, das trotz geschlossener Drosselklappen die Bremsstabilität verbessert. Effekt: Der Fahrer kann präziser einlenken und das Auto leichter für den Kurvenausgang positionieren."

"Zu den wesentlichen Charakteristika des Sepang International Circuit zählt natürlich die enorm hohe Luftfeuchtigkeit in dieser Region", spricht der Leiter des Einsatzzteams das größte Problem in Malaysia an. "Selbst wenn es nicht regnet, verdrängt der hohe Wasseranteil in der Luft in besonderem Maße den Sauerstoff, verlangsamt auf diese Weise den Verbrennungsprozess in den Zylindern und kostet Leistung. Öffnet der Himmel seine Schleusen, was wir in den vergangenen Jahren fast regelmäßig erlebt haben, müssen wir den dann noch größeren Kraftverlust möglichst gering halten und zugleich die Fahrbarkeit des Achtzylinder-Aggregats optimieren."


Fotos: Renault präsentiert Turbomotoren für 2014


"Letzteres geschieht insbesondere über das Ansprechverhalten des Gaspedals, für das es eine eigene Regenabstimmung gibt. Mit ihr können unsere Fahrer das Drehmoment des Motors feinfühliger kontrollieren, da zeitgleich auch der Drehmomentsensor des V8 dem modifizierten Kennfeld angepasst wird. Dies spielt vor allem in den schnellen Kurven eine große Rolle, so wie im hinteren Bereich der Runde von Kurve neun bis 13, dem Eingang der langen Gegengeraden."

"Zu den Herausforderungen, vor die uns der Malaysia-Grand Prix stellt, kommt auch noch das Motoren-Management zu Beginn der Saison. Logischerweise setzten wir in Melbourne für alle unsere Partner ganz neue RS27-Achtzylinder ein. In Sepang stehen uns damit zwei Optionen zur Wahl: den Australien-Motor für das zweite komplette Wochenende zu verwenden, damit käme er am Ende des Rennens aber auf eine Laufleistung von gut 1.600 Kilometern. Oder aber wir wechseln nach den ersten beiden Freien Trainings auf ein frisches Aggregat. Die zweite Variante bietet uns größere Flexibilität, was die gefahrenen Runden am Freitag betrifft. Ich gehe davon aus, dass wir in Malaysia je nach Team beide Strategien sehen werden", prophezeit Taffin abschließend.