• 07.05.2005 12:26

  • von Marco Helgert

Mosley schießt gegen BAR-Honda: "Plump und primitiv"

Der Präsident der FIA erklärt die Hintergründe, wie es zur BAR-Honda-Affäre in Imola kam - kein Verständnis für das Team

(Motorsport-Total.com) - FIA-Präsident Max Mosleys hielt schon vor der Berufungsverhandlung in Paris nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg: BAR-Honda sollte hart bestraft werden, ein Ausschluss aus der laufenden Weltmeisterschaft sei angebracht. Dem folgten die Richter in Paris nicht, beließen es bei einer Sperre für zwei Rennen und der Aberkennung der Punkte aus Imola.

Titel-Bild zur News: FIA-Präsident Max Mosley

FIA-Präsident Max Mosley ist aufgebracht: "Einfach lächerlich"

Mosley empfand das Urteil als mild, aber das Gericht wollte dem Betrugsvorwurf seitens der FIA nicht folgen. Dabei erregten zwei Dinge die Gemüter besonders. Zum einen der Tank, der einen recht großen Vorhaltetank enthielt, der eine konstante Versorgung der Benzinpumpe mit Kraftstoff sicherstellt. Hierzu holte das Team nie eine Klärung seitens der FIA ein. Geoffrey Willis, der Technische Direktor des Teams, fand das System aber so grundlegend, dass er dies nicht für nötig hielt.#w1#

Doch auch das Vorgehen in Imola brachte dem BAR-Honda-Rennstall wenig Sympathien ein. Auf die Bitte der Rennleitung, den Tank des Boliden von Button trocken zu legen, pumpten die Mechaniker 0,16 Kilogramm Benzin aus dem Wagen, dies geht aus den veröffentlichten Dokumenten der FIA hervor. Nachdem das Team erklärt hatte, der Tank sei nun leer, pumpten FIA-Mechaniker weitere 11,38 Kilogramm aus dem Auto.

"Man muss doch verrückt sein"

Mosley ist angesichts dieser Sachlage auch Tage nach dem Vorfall noch aufgebracht. "Das war ganz klar falsch und einfach lächerlich", erklärte er. "Sie haben 15 Liter Benzin im Tank gelassen! Es ist doch hoffnungslos, wenn sie dachten, damit durchkommen zu können." Für den Engländer ist es nicht nachvollziehbar, warum man so reagierte.

"Man muss doch verrückt sein, um so etwas zu tun", erklärte er. "In der Formel 1 macht man solche Dinge eigentlich nicht mehr. Das machen einige bei Klubrennen oder in kleineren Kategorien. Es ist einfach plump, primitiv und hat nichts mit ausgeklügelter Elektronik oder anderen Sachen zu tun, mit denen wir sonst konfrontiert werden."

Dabei hielten sich die Gerüchte schon seit langer Zeit. "Wir sollten wahrscheinlich mehr Überprüfungen durchführen, denn wenn das auch schon im vergangenen Jahr so war, und davon sprechen die Gerüchte im Paddock, dann hätten wir es finden sollen", so Mosley, der vor einigen Tagen schon ankündigte, künftig ein Auto aus den besten Acht eines Rennens intensiver überprüfen zu wollen.

Auch wenn der Vorfall in Imola für viele überraschend kam, die FIA hatte schon länger einen Verdacht. "Jeder, der Kenntnisse von der Formel 1 hatte, hat stark vermutet, dass da etwas vorgeht", erklärte er. Einen direkten Tipp, der seit dieser Saison von der Formel 1 auch finanziell belohnt wird, habe es aber nicht gegeben.

Gerüchte über das BAR-Honda-Team gab es schon lange

"Letztlich war es so, dass es ein allgemeines Gerücht gab, dass dies in der Formel 1 passiert, ob das nun so war oder nicht, sei dahingestellt", fuhr er fort. "Ich persönlich habe im Winter von jemandem davon erfahren, der nicht in der Formel 1 arbeitet, sondern gute Beziehungen zum Motorsport in den USA hat. So weit hatte sich das Gerücht also schon verbreitet."

Alle Spekulationen richteten sich dabei nur gegen das BAR-Honda-Team. "Es gibt nicht den geringsten Grund zu glauben, dass Renault, Ferrari oder ein anderes Team so etwas machen würde", erklärte Mosley. Weitere rechtliche Schritte des BAR-Honda-Rennstalls würden ihn zudem überraschen, denn die Aussichten dafür stünden nicht sonderlich gut.

"Darauf sind sie doch gar nicht vorbereitet", erklärte er. "Sie wissen, dass der Fall völlig offen wäre und letztlich zusammenfallen würde. Sie würden ihre Zeugen ins Kreuzverhör nehmen und am Ende würde es sich zwischen Peinlichkeit und einem Desaster einordnen. Daher werden sie das nicht machen." Zudem versuchte er eine Unklarheit auszuräumen: Warum wurden die Boliden des Teams nicht schon in Imola disqualifiziert?

"Wie es nun manchmal ist, interpretieren die Richter der ersten Instanz die Regeln nicht ordentlich. Sie haben sich vom Team überzeugen lassen, dass das Auto nicht unter die Marke von 600 Kilogramm gefallen war", so Mosley. "Aber da gibt es zwei Probleme: Zum einen kann ein Team das nicht nur mit den eigenen Daten beweisen, man muss es physisch untersuchen."

Fehleinschätzung in Imola

"Das zweite Problem ist, dass in den Daten angenommen wurde, der Benzinverbrauch wäre konstant gewesen, doch genau das kann man nicht wissen", fuhr er fort. "Nachdem, was man alles weiß, hätte das Auto unter 600 Kilogramm fallen können. Aber ob das nun so war oder nicht spielt ja auch keine Rolle: Das Auto wog am Ende unter 600 Kilogramm. Das haben die Stewards falsch eingeschätzt, daher gingen wir in Berufung."

Auch Charlie Whiting, der Technische Delegierte der FIA, wurde von Imola überrascht - doch die Unkenntnis hatte Methode. "Der Grund, warum ich Charlie Whiting nichts sagte, war einfach. Wenn es wahr wäre, dann hätten auch sie von dem Gerücht gewusst, und niemand wäre so dumm, beim ersten konkurrenzfähigen Rennen weiter so zu agieren."

Und in der Berufungsverhandlung hatte das BAR-Honda-Team keine Chance. "Wenn man alles erst einmal analysiert hat, braucht man nicht mehr zu debattieren", so Mosley. "Das BAR-Team hatte einen der cleversten Leute im englischen Rechtssystem (David Pannick; d. Red.). Er ist brillant. Er hat für uns gegen BAR agiert, als es darum ging, die Autos in zwei verschiedenen Lackierungen antreten zu lassen. Daher kannten sie ihn."