Mosley: "Brauchen nicht die Zustimmung der Teams"

Dass nur eines von zehn Teams gestern zum Meeting nach London kam, beunruhigt FIA-Präsident Max Mosley nicht im Geringsten

(Motorsport-Total.com) - Eigentlich hätten sich gestern alle zehn Formel-1-Teams mit dem Präsidenten und dem Technischen Delegierten der FIA, Max Mosley und Charlie Whiting, in London treffen sollen, um die Richtung zu beraten, in die sich die Königsklasse in den nächsten Jahren entwickeln soll. Erschienen ist schlussendlich aber nur Ferrari.

Titel-Bild zur News: Max Mosley

Max Mosley würde am liebsten mit allen Teams die neuen Regeln diskutieren

Damit setzt sich das sportpolitische Hick-Hack der letzten Wochen fort - offenbar wollen die restlichen Teams so ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Deal, der zwischen Ferrari, der FIA und Bernie Ecclestones 'FOM' für die Jahre 2008 bis 2012 geschlossen wurde, zum Ausdruck bringen. Viele haben ja ihren Unmut darüber geäußert, dass sie nicht vorher konsultiert, sondern vielmehr vor vollendete Tatsachen gestellt worden sind.#w1#

Mosley optimistisch: "Es ist der Beginn des Friedens"

Mosley zeigte sich gestern von diesen Spielchen aber unbeeindruckt: "Es ist der Beginn des Friedens. Ich glaube, dass die Teams - zumindest die vernünftigen - bald realisieren werden, dass alles, was wir machen, darauf abzielt, dass die Formel 1 ab 2008 funktioniert. Die Präsenz aller Teams ist willkommen, wir hoffen, dass sie ihren Input geben. Ich glaube, dass das früher oder später passieren wird", so der FIA-Präsident zuversichtlich.

"Die FIA macht die Regeln für 2008. Das ist klar. Je früher wir sie machen, desto besser für alle, weil die Änderungen dann am wenigsten Geld kosten. In jedem Fall müssen wir die Regeln für 2008 aber vor Ende des Jahres 2005 bekannt geben, daher ist es uns sehr wichtig, mit den Teams darüber zu beratschlagen. Wir brauchen nicht die Zustimmung der Teams. Wenn sie nicht bei solchen Meetings konsultiert werden möchten, ist das okay, aber mehr als anbieten können wir das nicht", fuhr der 64-Jährige fort.

Die Teams argumentieren wiederum, dass man erst diverse Marketingstudien anstellen möchte, bevor man sich in eine Verhandlungsrunde mit der FIA und Ecclestone stürzt, weshalb es erst Mitte April zu den nächsten zukunftsweisenden Gesprächen kommen soll. Die 'GPWC' weiß, dass es schwierig ist, ohne Ferrari eine Rennserie auf die Beine zu stellen, umgekehrt kann Ferrari aber auch nicht gegen sich selbst fahren - ein Kampf um möglichst gute kommerzielle Vereinbarungen für alle Seiten hat begonnen.

"Es gibt im Moment ein Element des Schmollens"

Mosley glaubt indes, dass die anderen Rennställe beleidigt sind und deshalb gestern nicht nach London gekommen sind: "Es gibt im Moment ein Element des Schmollens", teilte er mit. "Am 15. April gibt es in Paris ein weiteres Treffen und sie sind dazu wieder eingeladen. Wenn sie kommen wollen, sollen sie das tun, wenn nicht, dann eben nicht. Unterm Strich werden wir ein gegenüber jetzt modifiziertes Concorde Agreement für 2008 bis 2012 auf dem Tisch haben."

"Wenn ich Teamchef wäre, würde ich sagen: 'Okay, vielleicht will ich mit neuem Concorde Agreement in der Formel 1 fahren, vielleicht in einer anderen Serie, etwa der 'GPWC'. Aber in jedem Fall würde ich hingehen und versuchen, die Weltmeisterschaft nach meinen Vorstellungen zu beeinflussen, sicherzustellen, dass ich angehört werde, denn ich muss ja sowieso nicht unbedingt daran teilnehmen", ergänzte er.

Mosley findet die Diskussionsbereitschaft der FIA "supergroßzügig"

Als "supergroßzügig" bezeichnete Mosley den Schachzug, die Teams ungeachtet ihrer fehlenden Unterschrift unter das neue Concorde Agreement zu Verhandlungen über die zukünftige Gestaltung der Regeln einzuladen, zumal Bernie Ecclestone im Gegensatz dazu offenbar vorhatte, nur mit jenen Teams darüber zu debattieren, die sich fix an den Sport gebunden beziehungsweise das Concorde Agreement schon ratifiziert haben.

Die 'GPWC'-Muskelspiele der letzten Tage lassen Mosley übrigens kalt: "Die Wahrheit ist, dass all das erst in drei Jahren und sechs Wochen eine Rolle spielen wird, dann nämlich, wenn das erste Rennen 2008 stattfindet. Im Moment fällt es den verschiedenen Leuten leicht, hin und her zu springen und um eine gute Verhandlungsposition zu kämpfen, weil sie im Prinzip nichts dafür tun müssen. Es ist leicht, jetzt ein Riesendrama zu machen, aber am Ende werden alle in Melbourne 2008 am Start sein."

"Das Geld für die Konkurrenzserie müsste ja von irgendwo herkommen. Die einzige Möglichkeit, die ich dafür sehe, ist, dass die großen Automobilhersteller hunderte Millionen von Dollar in einen Pool einzahlen. Wenn man zusammenzählt, was das alles kostet, wäre es wahrscheinlich billiger, wenn die Hersteller einfach die 75 Prozent von Bernies Firma ('SLEC'; Anm. d. Red.) kaufen würden", wischte er die Bedenken über die Kluft zwischen FIA/'FOM' und 'GPWC' vom Tisch.

Mosley wünscht sich Mitgestaltung aller Teams

Als Hauptargument dafür, dass sich alle Teams mit der FIA auf Diskussionen einlassen sollten, nannte Mosley die Tatsache, dass sie nur so die Regeln beeinflussen können, "denn das Geld für zwei verschiedene Rennserien ist sicher nicht vorhanden", wie er vermutet. Und: Es muss rasch eine Verhandlungsbasis gefunden werden, denn die FIA hat schon sehr genaue Vorstellungen davon, wie die Formel 1 nach 2008 aussehen soll.

Einige der Vorschläge im Überblick: Standardisierte Bremsen, kein Ersatzauto mehr, standardisierte Kraftübertragung, Limitierung der verwendbaren Materialien, standardisierte Elektronik, eingefrorenes Fahrzeugdesign mit maximal zwei Änderungen pro Saison, ausgedehnter Kalender mit bis zu 20 Rennen, Beschränkung der Rennwochenenden auf zwei Tage plus einen Testtag am Freitag, Möglichkeit zum Verkauf von Kundenmotoren und -teilen an andere Teams.

Wahrscheinlich ist, dass die FIA einige dieser Punkte durchsetzen kann, vor allem die standardisierte Elektronik, mit allem werden die Automobilhersteller aber nicht einverstanden sein. Positiv ist dafür ein anderer Punkt, der gestern von der FIA und Ferrari beschlossen wurde: Der mechanische Grip über die Reifen soll wieder erhöht werden - Rückkehr zu profillosen Slicks? - und im Gegenzug wird die Aerodynamik vermutlich weiter beschnitten.