• 27.01.2005 00:55

  • von Marco Helgert

'GPWC' setzt Arbeit fort - Toyota und Honda mit an Bord

Gestärkt durch den Beitritt von Honda und Toyota setzt die Herstellervereinigung 'GPWC' den Aufbau einer eigenen Rennserie fort

(Motorsport-Total.com) - Im Grunde wurden die Ambitionen der Herstellervereinigung 'GPWC', ab 2008 eine Konkurrenzserie zur Formel 1 zu etablieren, bereits von vielen für unsinnig erklärt. Ohne Ferrari, die vor einer Woche bekannt gaben, mit der FIA und der 'Formula One Management' (FOM) ein neues Concorde Agreement bis 2012 unterschrieben zu haben, wäre eine solche Serie nicht überlebensfähig - so der verbreitete Tenor.

Titel-Bild zur News: GPWC Holdings BV

Die 'GPWC' hat sich auf Grundsätze für eine eigene Rennserie geeinigt

Letztlich zogen die Hersteller jedoch einen Trumpf aus dem Ärmel, der so kaum erwartet wurde. Zwei Mitglieder hat die Vereinigung in den vergangenen Monaten verloren: Ford stieg aus der Formel 1 aus, damit war aber auch die Beteiligung an der 'GPWC' hinfällig. Fiat wiederum zog sich zurück, da man sich vorzeitig an die Formel 1 band - bis 2012.#w1#

Toyota und Honda machen mit

Toyota und Honda erlagen den Lockrufen der anderen Hersteller bisher nicht, was ebenfalls als Schwächung für die 'GPWC' gedeutet wurde. Immerhin fehlten so die einzigen beiden japanischen Automobilhersteller. Nun aber saßen beim Treffen am Mittwoch auch Vertreter dieser beiden Unternehmen mit am Verhandlungstisch. Damit sind nun alle Hersteller der Formel 1, bis auf Fiat, aus oben genannten Gründen, und Cosworth, die lediglich Kundentriebwerke anbieten werden, an die 'GPWC' gebunden.

Weitere Unterschriften unter dem neuen Concorde Agreement sucht man vergeblich - auch nach dem Treffen der Teamvertreter mit Formel-1-Chef Bernie Ecclestone am Dienstag. Vielmehr baten die Teams die FIA sogar um Bedenkzeit, was weitere Reformen der Formel 1 nach 2007 angeht. Vor dem Hintergrund des heutigen Treffens gewinnt diese Tatsache erheblich an Brisanz.

Dabei waren die Themen des Treffens der Hersteller so weitläufig, dass Einzelheiten nicht zur Sprache kamen. Vielmehr sollten Rahmenbedingungen ausgehandelt werden, an denen sich der Aufbau der eigenen Rennserie orientieren sollte - oder, was momentan durchaus denkbar wäre, sie sollen ein Signal an die FIA sein, immerhin vertrete man damit die Interessen fast aller wichtigen Motorenlieferanten der Formel 1.

Für die eigene Rennserie, deren Aufbau schon zuvor beschlossen wurde, soll sichergestellt sein, dass der Grand-Prix-Sport weiterhin die Spitze des Motorsports bleiben soll. Zudem sollen mit allen Partnern langfristige Pläne erarbeitet werden, unabhängige Teams sollen technisch unterstützt und durch Motorenlieferungen gehalten werden. Fans sollen weltweit angesprochen werden, und die Führung der Serie soll offen und transparent sein, sowohl in kommerzieller, als auch in technischer und sportlicher Hinsicht.

Viel Technologie und dennoch fahrerische Herausforderung

Ein Schlagwort, das die Hersteller immer gern verwendeten, taucht auch im Statement zum Treffen wieder auf: Regelstabilität. So könne man Innovation, Kostenkontrolle und unternehmerische Sicherheit schaffen. Dabei wolle man den Teams, den Herstellern und allen Zulieferern aber die nötigen Freiheiten lassen, ihre Technologie der Öffentlichkeit zu präsentieren. Entwicklungen, die zu teuer sind, kaum Auswirkungen haben oder andern Industriezweigen angehören, sollen aber eliminiert werden.

Neben der Sicherheit aller Beteiligten stellte man auch eine Kostensenkung mit in die Agenda. Diese soll aber so geschehen, dass kein Team überrascht wird und damit noch höhere Ausgaben hat. Maßnahmen zur Kostenreduzierung sollen in einem weiteren Kontext gesehen werden, mit ihren Auswirkungen auf die Fans. Insgesamt solle hier ein Gleichgewicht erreicht werden.

Die Handschrift der Unternehmen wird besonders in Punkten deutlich, die direkt auf das eigene Marketing abfärben oder zumindest das Potenzial dazu besitzen. So sollen die schnellsten Rundenzeiten auf den befahrenen Kursen erreicht werden und die in den Autos enthaltenen Technologien sollen denen der derzeitigen oder zukünftigen Straßenautos entsprechen. Dennoch soll der Fahrer noch immer den Unterschied ausmachen können.

Mit diesen Maßnahmen soll erreicht werden, dass Zuschauer, Fans vor Ort und Sponsoren angezogen werden. Aber auch die besten verfügbaren Fahrer, die schönsten Kurse und die besten Teams der Welt sollen an der Serie teilnehmen. Die sportliche "Reinheit" soll gewahrt bleiben, künstliche Handicaps (beispielsweise Zusatzgewichte) soll es nicht geben. Ergebnisse sollen zudem sofort verfügbar sein und gute Teamarbeit soll belohnt werden.

Mehr Geld für alle Beteiligten

Bei der bisherigen Arbeit der 'GPWC' konnte man den Eindruck gewinnen, dass die geschäftliche Seite im Vordergrund steht. Auch in ihrem Statement widmen die Hersteller diesem Punkt viel Aufmerksamkeit. Die gesamt der Führung der Serie, sportlich und kommerziell, soll transparent sein. Die Fairness soll gegenüber allen Beteiligten gewahrt bleiben.

Ein aufgestellter Erfolgsplan soll eingehalten werden, Regeländerungen sollen nur nach objektiven Kriterien erlaubt werden. Einsprüche sollen schnell durch eine anerkannte, unabhängige Behörde geregelt werden. Und, eine altbekannte Forderung, den Teams soll mehr Geld aus den Einnahmen der Serie ausgezahlt werden. Dabei soll die Einnahmeseite noch wachsen, indem man geschäftliche Verträge ausweitet. Alle Teilhaber sollen sich mit gegenseitigem Respekt behandeln und nicht gegen die Interessen des Sports handeln.

Ein letzter Block betrifft die TV-Rechte. Weltweit soll eine Übertragung im frei zugänglichen Fernsehen angestrebt werden, um das größtmögliche Publikum zu erreichen. Die Qualität der Übertragungen soll verbessert werden. Die Reichweite soll zudem durch mehr Sendezeit und verschiedene Austragungsorte verbessert werden.

Details stehen noch aus

Die 'GPWC' bemühte sich augenscheinlich, jeden Vergleich zur Formel 1 zu umgehen und gut nachvollziehbare und logische Argumente anzuführen. Dabei ist das Statement nichts weiter als eine Interessensbekundung. Wer das Hickhack der vergangenen Monate verfolgte, welches die Gespräche zu den aktuellen Regeländerungen begleitete, der weiß, dass gute Worte allein nur wenig zählen.

Letztlich steckt der Teufel im Detail, und mit diesen sparte die 'GPWC' nicht nur, sie erwähnte überhaupt keine. Ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit zeigt eines der Probleme auf, welche auf die Hersteller im Zuge des Aufbaus der neuen Serie noch zukommen könnten. Bei der Einführung der 2,4-Liter-V8-Motoren gab es unter den Herstellern Kritiker und Befürworter.

Doch mit der FIA war eine übergeordnete Institution letztlich für eine Entscheidung verantwortlich. Bei einer Rennserie, die direkt von den Unternehmen geleitet wird, wäre ein solcher Streit auch unmittelbar in der Führung der Serie ausgebrochen. Die 'GPWC' bemüht sich redlich, ihre Intentionen an den Mann zu bringen, dabei sollte aber nicht vergessen werden, dass das Hauptaugenmerk von BMW, Renault, Toyota und jedem anderen Hersteller nicht darin liegt, eine tolle Rennserie zu veranstalten, sondern darin, möglichst viele Autos an den Mann oder die Frau zu bringen.