• 14.09.2001 12:34

  • von Marcus Kollmann

Montezemolo spricht über die Gegenwart und Zukunft

Der Ferrari-Präsident über die Zukunft der Formel 1, Ferrari, die Fahrer und die geplante Konkurrenzserie

(Motorsport-Total.com) - In einem Treffen mit der internationalen Formel-1-Presse hat sich Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo gestern Nachmittag über die Verteidigung der beiden Weltmeisterschaften, die unmittelbare und mittelbare Zukunft der Formel 1, sowie über die Ferrari-Piloten und die Struktur der Königsklasse nach der Saison 2007 geäußert.

Titel-Bild zur News: Luca di Montezemolo (Ferrari-Präsident)

Der Ferrari-Päsident auf der Pressekonferenz

Zum Gewinn der Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaft in diesem Jahr, womit man da die im Vorjahr geholten Titel erfolgreich verteidigte, sagte der Ferrari-Präsident: "Die Weltmeisterschaft einige Rennen vor dem Ende der Saison gewonnen zu haben, ist eine große Genugtuung. Ganz einfach deshalb, weil dieser Tage unsere Konkurrenz aus den besten Automobilherstellern der Welt, welche sehr stark sind, besteht. In den 70er-Jahren hieß das Duell Ferrari gegen Ford-Cosworth, heute haben wir Ford, Ferrari, Mercedes, BMW, Renault und demnächst Toyota die gegeneinander antreten. Im Moment haben wir das beste Auto, den besten Fahrer und das beste Team; zweifelsohne haben wir das beste Team. Dies kommt daher, weil wir uns für Stabilität entschieden haben, welche auf den engen menschlichen Bindungen, zurückreichend bis in das Jahr 1996, basiert. Unser Team besteht aus Italienern und Angestellten anderer Nationen, jungen und alten Menschen. Ich war sehr zufrieden, wie das Team in den schwierigen Bedingungen in Spa zusammengearbeitet hat, obwohl wir die Weltmeisterschaftstitel bereits gewonnen haben und es ein schweres Rennen, in dem es mehr als nur einen Start gab, war. Ferrari genießt gerade eine magische Zeit, jedoch kann ich nicht vergessen, wenn ich mir unsere Performances von 1991 bis 1995 anschaue, dass es ein langer Weg gewesen ist. Seit 1997 haben wir auf dem höchsten Level Leistung erbracht und sowohl 1997 als auch 1998 erst im letzten Moment die Weltmeisterschaft verloren. Wenn wir auf diesem Level bleiben, so werden wir weiterhin siegreich sein. Für 2002 heißt unser Ziel, dass wir unsere Position und Stärke beibehalten. Wir können nicht mehr als das tun und ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass wir die Meisterschaft vielleicht sechs Rennen vor dem eigentlichen Ende gewinnen."

Für Ferrari sind China und Amerika die Märkte der Zukunft

Was die Zukunft der Formel 1 anbelangt, so hat der 54-jährige Italiener eine ganz eigene Meinung, was die Austragung der Grand Prix in anderen als den derzeit etablierten Ländern betrifft. "Ich würde in Zukunft gerne ein Formel-1-Rennen in China sehen. In Sachen Sicherheit hat es viele Veränderungen in diesem Sport gegeben, jedoch erinnere ich mich noch an die 70er-Jahre, in denen ich viele Fahrer sterben sah. Heute haben wir dank der Zusammenarbeit zwischen dem Verband, den Konstrukteuren und den Konstrukteuren die aktive und passive Sicherheit verbessert. Die Verbesserung der Sicherheit in der Formel 1 ist aber auch in Bezug auf die Serien-Pkw nützlich und wichtig. Ich würde es gerne sehen, wenn die Formel 1 weniger Kosten verursachen würde und wir mehr spannende Rennen, mit mehr Überholmanövern, sehen würden. Wir versuchen zwar jedes Jahr die Kosten zu reduzieren, jedoch gelingt uns dies nicht. Das Gegenteil ist sogar der Fall. So war es auch schon in den Siebzigerjahren. Wir wollen zwar einerseits, dass die Formel 1 die fortschrittlichste Rennserie weltweit ist, jedoch sind wir auf der anderen Seite über die explodierenden Kosten nicht glücklich. Es muss eine weltweite Formel 1 sein, weshalb ich auch China erwähnt habe, was für uns alle ein sehr wichtiger Markt werden wird. Darüber hinaus müssen wir unsere Präsenz in den USA verstärken, sowohl was die Präsenz im Fernsehen als auch die Promotion anbelangt.

Damit sprach der Ferrari-Präsident vor allem die Bedeutung bestimmter Länder für die Marke Ferrari und damit zusammenhängenden Marken an, welche letztendlich das für die Teilnahme an der Formel 1 benötigte Geld erwirtschaften. Auf der IAA in Frankfurt am Main hatte di Montezemolo bereits erklärt, dass man die eigene Marke Maserati in den kommenden Jahren in Amerika noch präsenter machen wird.

Luca di Montezemolo ist mit Barrichellos Leistung in diesem Jahr sehr zufrieden

Zufrieden äußerte sich der Italiener, der seinerzeit von Enzo Ferrari als rechte Hand engagiert wurde und nach dessen Tod die Leitung der Traditionsmarke übernahm, auch über die Fahrer der Scuderia. Darüber hinaus ging di Montezemolo aber auch ausführlich auf den Generationswechsel der Fahrer in der Königsklasse ein.

"Wir sind sehr zufrieden mit Rubens Barrichello. Sein zweiter Platz war es der uns in Ungarn den Gewinn beider Titel ermöglicht hat. Er ist für Michael ein sehr schneller Teamkollege und hatte eine gute Saison, wenngleich es nicht leicht ist Michaels Teamkollege zu sein. Wir sind zufrieden mit seiner Leistung. Aus diesem Grund haben wir ja auch seinen Vertrag für 2002 verlängert", sprach di Montezemolo auf die jüngst kursierenden Spekulationen, Ferrari würde den Brasilianer versuchen loszuwerden, an.

Der Ferrari-Präsident weiter: "Ich hoffe, dass er in den nächsten drei Rennen gut fährt und vom Team die maximale Unterstützung bekommt. Letzten Endes liegt es an ihm. Im Moment sehen wir einen Wechsel in der Generation der Fahrer. Wir haben auf der einen Seite junge, erfahrene Fahrer wie Ralf Schumacher und auf der anderen Seite junge, unerfahrene Fahrer wie Alonso, Heidfeld und Räikkönen. Nicht zu vergessen die zwei Italiener. Trulli ist in diesem Jahr besonders in der Qualifikation schnell gewesen und Fisichella bewies in Belgien, dass er in einem konkurrenzfähigem Auto gute Ergebnisse erzielen kann. Dann gibt es noch Fahrer, welche am Ende oder kurz vor dem Ende ihrer Karriere stehen. Die Ausnahme ist Rubens, denn er ist sehr erfahren aber auch noch jung. Was Räikkönen anbelangt, so ist er kein Ferrari-Pilot. Er ist ein Sauber-Pilot und wir haben keinerlei Einfluss auf die Fahrerwahl die sie treffen. Letzte Saison war Jenson Button in einem konkurrenzfähigen Auto sehr gut, dieses Jahr war es Räikkönen, der im verbesserten Sauber stark war. Kimi Räikkönen ist zweifelsohne ein guter Fahrer und potenzieller Weltmeister, jedoch kann man das nach einer Saison nicht gut beurteilen. Bei Ferrari sind wir gewohnt mit dem Druck umzugehen, deshalb würden wir niemals einen unerfahrenen Fahrer in einen Ferrari setzen. Andere Teams befinden sich aber in einer anderen Situation als wir. Wir würden uns freuen, wenn wir auch über 2004 hinaus mit Michael Schumacher weiterfahren können, jedoch ist es bis dahin noch etwas hin. Beide Seiten sind aus professioneller und menschlicher Sicht zufrieden mit der Zusammenarbeit."

Ab 2008 ist die Formel 1 nur noch Geschichte...

Was die Bemühungen der sich zusammengeschlossenen Automobilhersteller und ihrer ab 2008 geplanten Konkurrenzserie, sowie die Auswirkungen dieser auf die Struktur der Formel 1 anbelangt, so erklärte der Ferrari-Präsident, dass es Zeit für eine neue Motorsportserie ist.

"Ich bin ein Befürworter für eine starke, politische Führung eines Sports, jedoch muss man die sportlichen von den geschäftlichen Interessen strikt trennen. Ich erinnere mich noch an unser erstes Treffen - in den Tagen von Colin Chapman, Max Mosley, als dieser bei March war und Bernie Ecclestone - in einem nahe des Londoner Flughafens gelegenen Hotel. Ecclestone hat mehr als nur gute Arbeit geleistet, jedoch, und das betrifft uns leider alle, werden wir älter. Solange Ecclestone die Fäden zog, waren wir zufrieden wie es war, aber er entschied sein Imperium zu verkaufen und wir dürfen nicht vergessen, dass wir, die Teams, der Schlüssel zum Erfolg sind. Jetzt haben wir folgende drei Situationen: Es gibt mehr Automobilhersteller, jedoch will Ecclestone an jemanden verkaufen der sich dem Bezahlfernsehen verschrieben hat. Für Ferrari bedeutet die Formel 1, dass viele Millionen Zuschauer überall auf der Welt zuschauen können. Deshalb können wir das Pay-TV auch nicht akzeptieren. Die Automobilhersteller und Teams sind jetzt vom guten Willen einer anderen Person als Ecclestone abhängig. Die Automobilhersteller akzeptieren das Concorde Agreement bis zu seinem Ende im Jahr 2007, da die Formel 1, so wie wir sie kennen, zu diesem Zeitpunkt vorbei sein wird. Der Vertrag mit Bernie und der TV-Vertrag werden dann ausgelaufen sein. Danach, so ist es angestrebt, wir es eine neue Formel-Serie geben, welche uns weit mehr vom Kuchen abgeben wird und in der das aus der Vermarktung erzielte Geld in die Teams investiert wird. Heute werden die Einnahmen aufgeteilt und gehen zu einem großen Teil an den neuen Eigentümer und nur zu einem kleinen Teil an die Teams. Es ist gar nicht so schwierig die Austragung einer Weltmeisterschaft zu organisieren. Wir wollen diese Weltmeisterschaft zusammen mit einem starken Verband wie zum Beispiel der FIA organisieren. Sobald Bernie Ecclestone nicht mehr länger verantwortlich sein wird, sollte er durch eine starke Managementgruppe, die sich auch aus den Teams zusammensetzt, ersetzt werden."