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Michelin: Williams und McLaren werden gleich behandelt
Michelin versichert, dass Williams gegenüber McLaren bei der Reifenentwicklung nicht bevorzugt behandelt werden wird
(Motorsport-Total.com) - In der Weltmeisterschaft kämpfte McLaren-Mercedes in der vergangenen Saison gegen Ferrari mit stumpfen Waffen. Der MP4-16 war nicht gut genug, um den Roten und insbesondere Michael Schumacher auf allen Strecken Paroli zu bieten. Auf schnellen Strecken, die in der Vergangenheit immer die Stärke der Silbernen gewesen waren, musste man in diesem Jahr die Siege BMW-Williams überlassen. Mit den Blau-weißen hat McLaren-Mercedes einen weiteren konkurrenzfähigen Gegner in der Formel 1 bekommen.

© West
Kann McLaren-Mercedes mit Michelin der Konkurrenz das Heck zeigen?
BMW-Williams setzt seit dem vergangenen Jahr auf die Reifen von Rückkehrer Michelin und hat mit den Franzosen einen langfristigen Vertrag abgeschlossen. Das dritte Top-Team, Ferrari, stand im Sommer vergangenen Jahres vor der Entscheidung, ob man Bridgestone treu bleibt oder zu Michelin wechselt. Die Entscheidung dürfte Teamchef Jean Todt nicht leicht gefallen sein. Schlussendlich entschieden sich die Italiener für Bridgestone, mit denen man einen Vertrag bis zum Saisonende 2004 aushandelte. Insider sind sich sicher, dass die Japaner dem Weltmeisterteam besondere Unterstützung zukommen lassen werden und andere Partnerteams aus diesem Grund Abstriche machen müssen.
Solch ein Vorgehen ist nicht ungewöhnlich, denn mit Michael Schumacher und einem starken Technikerstab hat Bridgestone mit Ferrari wohl in den kommenden Jahren die beste Chance, den Titel zu gewinnen. Auf der anderen Seite wird Bridgestone dennoch weiterhin bemüht sein, seine restlichen Partnerteams so gut wie möglich zu unterstützen, denn auch diese sind im Kampf gegen Gegner Michelin natürlich nicht bedeutungslos. Im vergangenen Jahr gab es mehrere Hinweise anderer Teams, wonach Bridgestone Ferrari in diesem Jahr im Kampf um den WM-Titel gezielt unterstützt hat - was andere Teams mit Balanceproblemen zu spüren bekamen.
McLaren-Mercedes war 2001 im Nachteil
McLaren-Mercedes hatte zu Saisonbeginn 2001 ein hartnäckiges Untersteuern im MP4-16, das man nicht von heute auf morgen über die Aerodynamik auskurieren konnte. Theoretisch hätte Bridgestone einen Vorderreifen anliefern können, der dem Auto das Untersteuern zumindest teilweise abgewöhnt, doch dann wäre der Ferrari aus der Balance geworfen worden. "Bei McLaren war man über die Behandlung durch Bridgestone nicht besonders glücklich", so ein Insider im Spätsommer gegenüber F1Total.com.
Kleine Teams sind im Nachteil
Das Vorgehen der Reifenhersteller ist verständlich, aber gleichzeitig für die weniger konkurrenzfähigen Teams äußerst unangenehm. Diese haben sowieso schon große Probleme, mit den Top-Teams mitzuhalten und fallen noch weiter zurück, weil die Reifenhersteller die Wünsche der Teams an das schwarze Gummi mit fallender Konkurrenzfähigkeit der Teams weniger berücksichtigen. "Erst mit dem Saisonende, als wir konkurrenzfähiger wurden, hat sich Michelin auch unsere Daten näher angeschaut", erinnert sich Benetton-Renault-Pilot Jenson Button.
Das Reglement gestattet es den Reifenherstellern nicht, für jedes seiner Partnerteams maßgeschneiderte Pneus zu entwickeln. Aus diesem Grund müssen die Reifenhersteller Kompromisse eingehen und primär einem Top-Team mehr Stimmrecht bei der Auswahl der Reifenmischungen und der weiteren Entwicklungsrichtung einräumen. Bei Bridgestone war dies in diesem Jahr Ferrari, bei Michelin Partnerteam BMW-Williams. Beide Reifenfirmen scheuten sich nicht davor, einzugestehen, dass man hier von einer "besonderen Beziehung" sprechen kann.
Reglement zwingt Reifenhersteller zur Bevorzugung
Die auf den ersten Blick vielleicht unverständliche Regel hat ihren Sinn. Wäre es den Reifenherstellern gestattet, für jedes Team einen eigenen Reifen backen, würde das die Entwicklungs- und Produktionskosten dramatisch nach oben schnellen lassen. Das würde letztendlich auch dazu führen, dass sich kein Reifenhersteller darum reißen würde, möglichst viele Teams auszustatten und es mittelfristig in der Formel 1 nur noch Monopole auf dem Reifensektor geben würde.
McLaren-Mercedes Verlierer im Reifenpoker?
McLaren-Mercedes scheint zumindest auf dem Papier im Reifenpoker unter den drei Top-Teams auf der Verliererseite zu stehen. Bridgestone bevorzugt Ferrari, Michelin am ehesten BMW-Williams - da bleibt eigentlich kein geeigneter Reifenpartner übrig, will man im kommenden Jahr wieder absolut gleichberechtigt um den WM-Titel fahren. Somit blieb für die Silbernen nur noch die Möglichkeit, den Reifenpartner versuchen zu finden, der in den kommenden Jahren wohl die Oberhand gewinnen könnte. Dass dies keine leichte Entscheidung war, zeigte sich an der Tatsache, wie lange man bei McLaren-Mercedes die Entscheidung hinausgezögert hatte.
Bridgestone hatte in diesem Jahr über die gesamte Saison gesehen den besseren Reifen als Michelin, jedoch haben die Franzosen eindrucksvoll in ihrer ersten Saison gezeigt, dass sie in der Lage sind, siegfähiges Gummi zu produzieren. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis man auf allen Strecken konkurrenzfähig sein wird. Hätte Michelin den "Peakpunkt" nicht angefahrener Reifen wie Bridgestone besser genutzt, wäre nicht nur im Qualifying die Bilanz deutlich besser ausgefallen.
Welcher Reifenpartner ist viel versprechender?
Zwei weitere Faktoren darf man bei den Mutmaßungen, wer denn nun mehr Potenzial hat, nicht außer Acht lassen: Erstens ist Bridgestone seit 1998 in der Formel 1, Michelin hat also einen deutlichen Erfahrungsrückstand. Zweitens darf man jedoch nicht vergessen, dass Bridgestone in diesem Jahr eine eher konservativere Linie eingeschlagen hat als Michelin. Während die Reifen der Franzosen das Gummi regelrecht "verbrauchten" und teilweise einem Slick ähnlich waren, sahen die Reifen von Bridgestone nach den Rennen abgesehen von dem fehlenden Glanz meist wie neu aus. Es scheint also, als habe Bridgestone in Sachen Mischung noch viel ungenutztes Potenzial.
McLaren-Mercedes kam aus der Zwickmühle nicht heraus
Hätte McLaren-Mercedes weiterhin auf Bridgestone gesetzt, so wäre man wohl gegenüber Ferrari im Nachteil gewesen, hätte aber das Verhalten der Reifen gekannt, was für die Entwicklung des MP4-17 sehr wichtig gewesen wäre. Der Wechsel zu Michelin hat zur Folge, dass man ohne wichtige Erfahrungswerte über das Verhalten der Reifen zu haben das neue Auto entwickeln muss, was erfordert, dass man gewisse Kompromisse eingehen muss, was sich in der Leistung des Autos niederschlagen wird. Chefdesigner Adrian Newey gab zwar bei der Präsentation an, dass es bei der Anpassung an Michelin bisher keine Schwierigkeiten gegeben habe, dass man aber natürlich das neue Auto so konstruiert habe, dass man auf Probleme schnell reagieren kann.
McLaren erwartet viel von Michelin
Nüchtern betrachtet muss McLaren deshalb davon ausgehen, dass Michelin in den kommenden Jahren die Oberhand über Bridgestone gewinnen wird. Denn der größte Gegner in der Formel 1 heißt für das Team BMW, auch wenn natürlich jeder im Team behauptet, jedes Team, das siegfähig ist, sei ein Hauptgegner. Schlussendlich ist die Formel 1 jedoch nichts anderes als eine gigantische Marketingmaschine und hier kommt dem Duell Mercedes gegen BMW natürlich aus Sicht der Silbernen die größte Bedeutung zu, da man in der freien Marktwirtschaft das gleiche Segment besetzt.
Sollte BMW-Williams ähnliche Siegchancen wie McLaren-Mercedes haben, so besteht die Gefahr, dass Michelin weiterhin jenes Team mehr unterstützt, das Michelin zum Comeback "überredete" und den Großteil der Entwicklungsarbeit vor dem Einstieg übernommen hatte. Nur wenn der McLaren-Mercedes deutlich stärker ist als der BMW-Williams haben David Coulthard und Kimi Räikkönen die Chance, dass sich Michelin auf ihr Auto konzentriert.
Michelins Sportdirektor Pierre Dupasquier versichert jedoch, dass beide Teams gleich behandelt werden: "Williams und BMW wollten von uns haben, dass sie das Führungsteam von uns sind", so der Franzose gegenüber 'Autosport'. "Wir wissen jedoch, dass es keine gute Idee ist, nur ein Team zu haben, denn wenn es schlecht läuft, weiß man nicht, ob das am Auto oder an der Charakteristik der Reifen liegt. Wir müssen das aber wissen, damit wir in die richtige Richtung arbeiten. Sie wissen das ebenso und sind mit der Situation aus diesem Grund zufrieden."
Michelin und Ferrari die Gewinner
Wie sich auch das Reifenduell zwischen Michelin und Bridgestone in der kommenden Saison entwickeln mag, Michelin ist schon jetzt aus PR-Sicht der Sieger. Dass sich McLaren-Mercedes für das Unternehmen aus Clermont entschieden hat und damit zwei der drei Top-Teams auf Michelin-Reifen unterwegs sind, ist eine schwere Schlappe für Bridgestone.
Als Gewinner darf sich aber auch Ferrari fühlen, denn Bridgestone wird es nun noch leichter fallen, sich auf das italienische Team zu konzentrieren. Hatte man in der vergangenen Saison mit McLaren-Mercedes und Ferrari zwei siegfähige Teams, so ist wohl in der kommenden Saison Ferrari das eindeutig stärkste Team, auf das sich die Japaner konzentrieren müssen, um gegen die starke Konkurrenz in Form von Williams und McLaren gewinnen zu können.

