• 19.01.2002 13:17

  • von Fabian Hust

Haug: "Wir sind die Nummer 3"

Mclaren-Mercedes schiebt Ferrari die Rolle des Titelfavoriten zu und nennt sich noch hinter BMW-Williams als Nummer 3

(Motorsport-Total.com/dpa/sid) - Neues Auto, neuer Anlauf: David Coulthard, der in der am 3. März in Melbourne beginnenden Grand-Prix-Saison erstmals den jungen Kimi Räikkönen als Teamkollegen zur Seite hat, gibt sich relativ unbeeindruckt von der Tatsache, dass Schumacher ihn offenbar nicht an erster Stelle auf der Rechnung hat. Er fühle sich nicht beleidigt dadurch, versicherte der Schotte: "Das ist eine Meinung. Ich schätze Michaels Meinung über Strecken oder Sicherheit. Aber bei der Einschätzung von Fahrern ist es nicht wichtig, was Michael sagt." Schumacher hatte vor zwei Tagen vor allem seinen Bruder Ralf und dessen kolumbianischen Williams-Teamkollegen Juan Pablo Montoya als seine diesjährigen Hauptrivalen genannt.

Titel-Bild zur News: Feuerschluckerin

Das Motto "Wir wärmen Sie auf für die Saison 2002" nahm man wörtlich...

"Wir wollen Schumacher seinen Glauben lassen"

Auch Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug kommentierte Michael Schumachers Einschätzung mit einem Lächeln: "Wenn er das sagt, dann wollen wir ihn auch in diesem Glauben lassen", sagte der Schwabe und fügte hinzu: "Aber zunächst ist der amtierende Weltmeister der Favorit." Und David Coulthard fügt die logische Erklärung für Michael Schumachers Aussagen hinzu: "Jeder hat seine Favoriten, und es ist doch klar, dass man seine Familie unterstützen muss."

Vielmehr gaben sich die Hauptdarsteller des Silberpfeil-Teams zuversichtlich über ihren Stand der Vorbereitungen, schoben die Favoritenrolle nach einem Jahr mit nur vier Siegen zumindest verbal der Konkurrenz zu. "Favorit ist ganz klar der Gewinner des Vorjahres", meinte Haug. Als "Favorit Nummer zwei" nannte er BMW-Williams als das aufstrebendste Team 2001. "Wir sind sicherlich die Nummer drei, was die äußere Betrachtungsweise angeht." Das ändere aber nichts daran, dass das Ziel von McLaren-Mercedes erneut der Weltmeister-Titel sei. Man habe die Zeit im Winter außerhalb des Blickfeldes der Öffentlichkeit gut genutzt. "Unser Ziel ist es, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen", so Haug.

"Enormer Schritt" bei Motordrehzahl

So präsentierten die Silbernen am Samstag auf dem "Circuit de Catalunya" vor rund 500 Gästen, darunter 300 Medienvertretern, früher als in den Vorjahren das neue Auto mit einem noch stärkeren und kompakteren Motor sowie einigen äußerlichen Neuerungen: Der MP 4-17 hat eine veränderte Frontpartie mit einer tiefer gezogenen, schmaleren und spitzeren "Nase", eine andere Vorderradaufhängung und eine veränderte Heckpartie.

Der Mercedes-Motor hat einen neuen Zylinderwinkel von 90 Grad und bedeutet laut Haug einen "enormen Schritt" bei der Drehzahl - sie soll um fast 1.000 Umdrehungen in der Minute gestiegen sein, was ein Quantensprung wäre. Zumindest bei der Präsentation - am Vorabend gab es eine "Strand-Party" unter dem Motto: "Wir wärmen Sie auf für die Saison 2002" - war McLaren schneller als die Konkurrenz. BMW-Williams stellt das neue Auto am 25. Januar vor, Ferrari erst am 6. Februar.

"Eine Menge neuer Teile"

In das neue Auto hat das Team laut Teamchef Ron Dennis "große Anstrengungen gesteckt", auch wenn "die Lackierung den Eindruck erweckt, dass das Auto den alten Autos ähnlich sieht." Das neue Auto habe eine Menge neuer Teile, die es konkurrenzfähig machen sollen. "Die Formel 1 hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert und wir hatten das Gefühl, dass wir den Sport anders angehen müssen, um konkurrenzfähig zu sein."

Geheimnisvoll spricht der McLaren-Teamchef von weiteren Veränderungen, wie einem "anderen Auftreten des Teams" und einer "neuen Methode, um die Autos zu transportieren und einzusetzen", die in den nächsten Wochen und Monaten präsentiert werden sollen. "Wir sind zuversichtlich, dass uns dies konkurrenzfähiger machen wird."

"Räikkönen ist das Talent, das "man sich vorgestellt hat"

Die großen Unbekannten bei dem britisch-schwäbischen Team sind der Wechsel des Reifenpartners von Bridgestone zu Michelin, das auch BMW-Williams ausrüstet und schon länger Erfahrungen mit den Weiß-Blauen hat, sowie die Stärke des noch relativ unerfahrenen Räikkönen als Nachfolger von Routinier Mika Häkkinen. "Man muss ihm eine gewisse Lernzeit einräumen", weiß Haug. Aber der 22-jährige Finne habe in den Tests bewiesen: "Er ist das Talent, das wir uns vorgestellt haben." Räikkönen hat sich vorgenommen, "mindestens ein Rennen zu gewinnen und so viele Punkte wie möglich zu sammeln."

Mehr PS und mehr Geld

Der neue McLaren-Mercedes basiert laut Mercedes-Sportchef Norbert Haug in der Entwicklung weitgehend auf dem Vorgängermodell. Der Mercedes-Zehnzylindermotor FO 110M ist angeblich der stärkste der Formel 1 und soll geschätzte 860 und damit 10 PS mehr als die Triebwerke der großen Rivalen Ferrari und BMW-Williams leisten ? allerdings darf bezweifelt werden, dass der Schweizer Motorenchef Mario Illien und seine Mannschaft wirklich den stärksten Motor konstruiert haben. Der Gesamtetat für das "Unternehmen WM-Titel" wurde um 25 Millionen auf geschätzte 250 Millionen Euro aufgestockt.

Der Motor und der Wechsel zu Michelin als Reifenausrüster hatten großen Einfluss auf die Konstruktion des neuen Rennwagens. Die Reifen sind mit ein bestimmender Faktor für die Lenkung und die Aerodynamik sowie die Balance des Fahrzeugs. "Die Nase ist tiefergezogen, schmaler und etwas spitzer. Die Flügel sind geschwungen, die Vorderradaufhängung ist neu", erklärte Haug die größten Unterschiede zum Vorjahresmodell.

"Wer David unterschätzt, macht einen Fehler"

Im ersten Jahr nach der Ära Mika Häkkinen ruhen die meisten Hoffnungen von McLaren-Mercedes auf "Vize"-Champion Coulthard. Der 30-jährige Schotte soll den Traum von Ferrari-Star Schumacher vom historischen fünften WM-Titel zerstören. "Wer David unterschätzt, macht einen Fehler. Er hat Michael öfter überholt als jeder andere Fahrer", meinte Haug.