• 19.01.2002 10:30

  • von Fabian Hust

McLaren-Mercedes präsentierte den neuen MP4-17

Als erstes Top-Team präsentierte McLaren-Mercedes am Samstag in Barcelona das neue Auto für die Saison 2002

(Motorsport-Total.com) - Vor rund 300 Journalisten aus aller Welt enthüllte das McLaren-Mercedes-Team am Samstagmorgen im spanischen Barcelona den neuen McLaren-Mercedes MP4-17. Mit dem neuen Auto, das Testfahrer Alexander Wurz auf dem katalanischen Kurs als Erster testen durfte, will man mit David Coulthard und Mika Häkkinen-Nachfolger Kimi Räikkönen in der kommenden Saison wieder angreifen und Ferrari den Titel streitig machen. "Das Ziel für das Team ist der Gewinn der Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaft", gibt Teamchef Ron Dennis das Ziel für die kommende Saison vor, die am 3. März in Melbourne beginnt.

Titel-Bild zur News: MP4-17

Der MP4-17 hat äußerlich deutliche Veränderungen vorzuweisen

"Das McLaren-Mercedes-Team blick optimistisch auf die Herausforderungen, die in der 2002er-Saison vor uns liegen, nachdem wir während dem Wintertestverbot ein ausgiebiges Entwicklungsprogramm positiv absolvieren konnten", so Dennis. Das neue Auto stellte das Team in diesem Jahr zweieinhalb Wochen früher vor als im vergangenen Jahr ? um sich besser vorbereiten zu können, damit man nicht noch einmal so viele technische Schlappen erlebt wie in der letzten Saison: "Wir wollen sicher stellen, dass wir gut vorbereitet sind, wenn die neue Saison beginnt", fährt Dennis fort."

Auf Grund der Tatsache, dass das Reglement weitestgehend stabil geblieben ist, ist der MP4-17 eine Weiterentwicklung seines Vorgängermodells. Dennoch hat der neue "Silberpfeil" deutliche Veränderungen erfahren. Die auffälligsten Modifikationen sind an der Vorderradaufhängung und im Heckbereich zu erkennen. Die Aerodynamik erfuhr unter der Leitung von Chefdesigner Adrian Newey bereits im neuen Windkanal des Teams den letzten Feinschliff, der schon vor Fertigstellung der neuen Superfabrik "Paragon" im Sommer vergangenen Jahres in Betrieb genommen werden konnte.

Ein ganz neues Erscheinungsbild

Auffällig ist neben aerodynamisch verkleideten Vorderradaufhängungen - die wohl im Graubereich des Reglements angesiedelt sein dürften - die höhere Nase, die vorne steiler nach unten abfällt. Ungewöhnlich ist das Design der Airbox, die extrem weit nach hinten gezogen wurde, wodurch das Auto flacher wirkt. Im Heckbereich fallen zwei kleine Zusatzflügel auf den Seitenkästen sowie die immer mehr in Mode kommenden oben vor dem Heckflügel austretenden Auspuffanlage auf.

Einfluss auf die Entwicklung des neuen Boliden hatte auch der Wechsel von Bridgestone- auf Michelin-Reifen. Diese sollen ein strafferes Fahrwerk zugelassen haben, was dem Auto in schnellen Kurven mehr Stabilität verleihen würde. "Die Reifen können beträchtlichen Einfluss auf die Lenkkräfte, die Aerodynamik und die gesamte Balance des Autos haben, aber vieles davon kann man nicht simulieren", erklärt Newey. "Die Eigenschaften eines Reifens hängen von sehr vielen Variablen ab ? vom Zustand des Streckenbelages, von der Außentemperatur und der Abstimmung des Fahrzeugs. Die Reifen reagieren darauf unberechenbar. Deshalb ist es sehr schwierig, dafür ein Muster zu finden."

Anpassung an Michelin zum Glück unproblematisch

Der Brite weiter: "Für den Fall, dass bei der Anpassung des Wagens an die Michelin-Reifen Schwierigkeiten aufgetreten wären, hätten wir nicht viel Zeit für Änderungen gehabt, da wir erst Anfang Januar mit den Testfahrten beginnen durften. Um dieses mögliche Problem zu vermeiden, haben wir beim Bau des Wagens versucht, etwaige Modifikationen zu berücksichtigen. Wäre es zu Schwierigkeiten gekommen, hätten wir sie einfach und schnell beheben können."

Verändert werden musste die Sitz- und Pedale-Position, da Teamneuling Kimi Räikkönen kleiner als seine Teamkollegen Coulthard und Wurz ist. Beim Design der Aerodynamik konnte Newey wie erwähnt auf den neuen Windkanal zurückgreifen: "Ein Windkanal ist ein Werkzeug, er kann das Auto nicht konstruieren", erklärt Newey. "Doch der neue Windkanal bietet uns mehr Möglichkeiten als der alte und bedeutet deshalb einen deutlichen Fortschritt."

Komplett neuer Motor von Mercedes

An Bord ist auch der komplett neu entwickelte Mercedes-Motor FO 110M. Der neue Zehnzylinder, der am 21. November vergangenen Jahres zum ersten Mal auf einem Stuttgarter Prüfstand aufheulte, verfügt nun auch über einen Zylinderkopföffnungswinkel von 90 Grad, wie er bei Ferrari und BMW längst Standard war ? das erforderte eine andere Anordnung der Kühler, was zu hinten leicht ausgebuchteten Seitenkästen geführt hat.

"Das Team hat seit dem Entwicklungsbeginn des neuen Autos extrem hart gearbeitet, so dass wir das neue Auto so früh wie möglich testen können", so Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug über das neue Aggregat, das dem Auto nicht nur einen niedrigeren Schwerpunkt sondern auch mehr PS verleihen soll. "Das Team wird nun versuchen, das Beste aus den sechs vor uns liegenden Wochen vor dem Saisonstart machen, um das Auto und den Motor zu testen."

Zurück zur alten Dominanz?

Der MP4-17 ist seit 1997 der sechste McLaren-Mercedes, der im Silberkleid auftritt. Seitdem konnte man in 83 Grand Prix 30 Siege feiern und zwei Fahrer- und Konstrukteurstitel gewinnen. Mit dem neuen Auto will man an die durch die problematische letzte Saison etwas in Vergessenheit geratene Dominanz wieder anknüpfen.

"Um die Weltmeisterschaft gewinnen zu können, muss das Chassis des Fahrzeuges mechanisch und aerodynamisch gut sein, der Motor muss stark sein und die Reifen müssen so gut oder besser sein als die der Konkurrenz", so Adrian Newey. "Man braucht Zuverlässigkeit in jeder Hinsicht und selbstverständlich gute Fahrer. Natürlich hoffen wir, bei allen diesen Faktoren richtig zu liegen."

Konkurrenzfähigkeit und Zuverlässigkeit das Ziel

"Unser Ziel ist es natürlich, in einer Position zu sein, in der wir in der Lage sind, um den Titel zu kämpfen", so Haug weiter. "Wir wollen David und Kimi ein zuverlässiges Paket geben. Alex wird dazu eine Menge beitragen und aus diesem Grund ist er auch der erste unserer drei Fahrer, der den neuen MP4-17 fahren darf."

Während Testfahrer Alexander Wurz das neue Auto also als Erster am heutigen Samstag testet, kann David Coulthard am Sonntag einsteigen, wenn dem Team der Kurs von Barcelona exklusiv zur Verfügung stehen wird. Teamneuling Kimi Räikkönen wird sich noch bis zum kommenden Mittwoch gedulden müssen, bis auch er den neuen Boliden ausprobieren darf.

Coulthard: "Wollen stark und wettbewerbsfähig sein"

David Coulthard wird nun nach dem Rücktritt von Mika Häkkinen mit der Aufgabe betraut, den WM-Titel einzufahren: "Das Team hat toll gearbeitet, um dem MP4-17 in der Fabrik vorzubereiten und wir freuen uns alle schon darauf zu sehen, wie das neue Auto funktioniert. Seit dem die Tests wieder losgegangen sind, konnten wir bereits eine Menge Kilometer abspulen und dank der unterschiedlichen Wetterbedingungen konnten wir gut herausfinden, wie die Michelin-Reifen arbeiten. Das ganze Team ist entschlossen und wir wollen das Paket weiterentwickeln, um in der kommenden Saison stark und wettbewerbsfähig zu sein."

Räikkönen: "Extrem heiß darauf, den MP4-17 auszuprobieren"

Für Kimi Räikkönen wird es erst die zweite Formel-1-Saison, die der junge Finne nach seiner starken Debütsaison bei Sauber gleich in einem Top-Team bestreiten wird: "Es liegen einige intensive Wochen hinter uns, in denen wir uns gegenseitig kennen gelernt haben. Ich beginne jetzt, mich als ein Teil des Teams zu fühlen. Wir haben schon eine Menge Basistests abgespult und ich bin beeindruckt, wie das Interimsauto funktioniert hat. Ich bin nun extrem heiß darauf, den MP4-17 auszuprobieren!"

Wurz: "Sind weiter als im letzten Jahr"

Testfahrer Alexander Wurz: "Das Team ist schon sehr aufgeregt, das neue Auto heute auf der Strecke zu sehen und ich hoffe, dass ich heute die ersten Runden fahren kann. Wir sind der Meinung, dass wir in diesem Jahr weiter sind als zum gleichen Zeitpunkt letztes Jahr und wir blicken positiv auf die kommende Saison. Auch in diesem Jahr werde ich mich voll und ganz dem Test- und Entwicklungsprogramm widmen."