• 28.02.2004 17:10

Michelin peilt die WM-Kronen an

Mit BMW-Williams, McLaren-Mercedes, Renault und BAR scheint Michelin in diesem Jahr vier konkurrenzfähige Partner zu haben

(Motorsport-Total.com) - Die Zeit des Wartens geht dem Ende entgegen: Monatelang haben sich die Formel-1-Teams und auch Michelin in Spanien, Frankreich, Italien und England auf die neue Saison vorbereitet, getestet und entwickelt und dabei mehr als 100.000 Kilometer abgespult. Viel wurde spekuliert und gemutmaßt, wer schnell ist und wer langsam, wer mit leeren Tanks und Rekordrunden blufft und wer eher tiefstapelt.

Titel-Bild zur News: Reifenspur

Michelin will auch dieses Jahr wieder ordentlich Gummi geben...

In kaum einer Woche jedoch schlägt die Stunde der Wahrheit, wenn sich die Formel 1-Piloten im australischen Melbourne endlich wieder dem Wettbewerb stellen. Vieles ist neu in der Saison 2004, die das Potenzial hat, in puncto Spannung das diesbezüglich bereits vorzügliche Vorjahr noch zu übertreffen.#w1#

Renault alleine spulte 20.000 Testkilometer ab

Von wegen Winterpause: Für die Ingenieure und Mechaniker der Formel 1-Teams und von Michelin geht es in der rennfreien Zeit zwischen dem Ende des Testverbots Anfang Dezember bis zum Saisonauftakt in "Down under" nicht minder stressig zu als während der Grand-Prix-Saison. Ein Beispiel? Allein das RenaultF1-Team spulte zur Vorbereitung auf das Formel 1-Jahr 2004 mehr als 20.000 Kilometer ab.

Wie viele unterschiedliche Reifenkonstruktionen und -mischungen Michelin in der gleichen Zeit mit seinen Partnern von BMW WilliamsF1, McLaren-Mercedes, Renault, Toyota, Jaguar und auch Neuzugang BAR-Honda harten Praxistests unterzog, lässt sich kaum noch überblicken.

Doch speziell das Tempo, mit dem das einstige Mittelklasse-Team ? das in dieser Saison erstmals auf Michelin-Pneus antritt ? während der Wintertests plötzlich auftrumpfen konnte, mag als veritabler Hinweis auf die Stärken der Hightech-Gummiwalzen aus Clermont-Ferrand dienen. So markierten Jenson Button und sein neuer Fahrerkollege Takuma Sato gleich mehrfach im spanischen Jerez, auf dem 'Circuit de Catalunya' bei Barcelona sowie im britischen Silverstone Tagesbestzeiten. Mit 1.13,797 Minuten hält Sato sogar bis dato den Rundenrekord in Barcelona.

Button: "Rekord-Rundenzeiten haben sich einfach so ergeben"

"Wir waren uns nicht ganz sicher, wie schnell wir uns an die für uns neuen Reifen von Michelin gewöhnen würden", erläuterte ein sichtlich zufriedener Button. "Doch die Zusammenarbeit mit den französischen Technikern hat sich als überaus fruchtbar erwiesen. Nach kleineren Modifikationen an unserem BAR-Honda 006 können wir schon jetzt das Potenzial der Pneus optimal nutzen. Unsere Rekord-Rundenzeiten haben sich während unseres normalen Testprogramms einfach so ergeben."

Mit großem Optimismus reist auch BMW-Williams gen Melbourne: Der neue FW26 mit der ungewöhnlich gestalten Front entpuppte sich vom ersten Kilometer an als überaus schnell und zuverlässig. Ralf Schumacher toppte noch im Februar die Zeitenliste bei den Versuchsläufen von Jerez mit 1.16,953 Minuten als Schnellster. "Ich kann wirklich sagen, dass wir uns in einer guten Ausgangslage befinden", so der Wahl-Österreicher, der in dieser Saison seinem Bruder im Duell um den WM-Titel den Kampf angesagt hat. "Ich denke, dass wir in Australien um den Sieg fahren können."

Auch McLaren will um den Titel fahren

Das gleiche Ziel verfolgen auch die beiden McLaren-Mercedes-Piloten Kimi Räikkönen und David Coulthard, die bereits im Dezember mit dem MP4-19 und damit als erste mit einem 2004er-Formel 1-Rennwagen auf die Piste gingen. "Der '19er' fühlt sich an wie eine schnellere Version seines Vorgängers, des MP4-17 ? und der war bekanntlich schon sehr konkurrenzfähig", so Coulthard.

Der Schotte, der das Silberpfeil-Team aller Voraussicht nach am Ende der Saison mit noch unbekanntem Ziel verlassen wird, da mit Juan-Pablo Montoya sein Nachfolger bereits feststeht, weiter: "Schon nach wenigen Kurven bin ich zu 100 Prozent ans Limit gegangen, weil sich das Auto so gut anfühlte." Sein Stallkollege Räikkönen stellte die Schnelligkeit des neuen "Delfins" in Valencia unter Beweis: Mit 1.08,998 Minuten drehte der Finne dort die schnellste Runde der Wintertests.

Renault ein weiterer Siegkandidat

Voller Zuversicht blickt das RenaultF1-Team ? die Überraschung der vergangenen Saison ? dem kommenden WM-Jahr entgegen. Galt der Renault R23 von 2003 bereits als das Auto mit der überzeugendsten Aerodynamik und dem Chassis, das die Leistungsfähigkeit der Rennreifen von Michelin am perfektesten ausnutzte, so scheint der Mannschaft rund um den geschäftsführenden Direktor Flavio Briatore für 2004 erneut ein wichtiger Schritt nach vorn gelungen zu sein.

Nicht unwesentlichen Anteil daran dürfte dem neuen RS24-Motor zukommen, der im Vergleich zum ungewöhnlichen Weitwinkel-Zehnzylinder RS23 spürbar mehr Leistung entwickeln soll. So verwundert es nicht, dass der britisch-französische Werksrennstall hinter vorgehaltener Hand sogar Titelambitionen nicht mehr ausschließt. Routinier Jarno Trulli und der aufkommende Superstar Fernando Alonso jedenfalls haben Grand-Prix-Siege fest ins Visier genommen.

Fragezeichen hinter Jaguar und Toyota

Etwas bescheidener formulieren die Michelin-Partner Jaguar und Toyota ihre Ziele für die anbrechende Saison: Mit einem Platz auf dem Podium hätten die Werksteams aus England und Köln auf ihrem Weg an die Spitze der Formel 1 bereits wichtige Etappenziele abgehakt. Für Jaguar-Pilot Mark Webber ? der mit dem Österreicher Christian Klien einen ebenso jungen wie talentierten Teamkollegen zur Seite bekommen hat ? steht der Favorit im Kampf um den Fahrertitel bereits fest: "Auf jeden Fall ein Michelin-Pilot", so der für seine kühlen Analysen bekannte Australier.

Michelin von neuen Regen-Rennreifen überzeugt

Wichtige Fortschritte hat auch Michelin gemacht ? und dies nicht nur bei der Weiterentwicklung der ohnehin schon konkurrenzfähigen Trockenpneus. "Auch bei den Regenreifen ist uns ein signifikanter Sprung gelungen", betont Pierre Dupasquier, der Motorsport-Direktor des französischen Konzerns. "Zugleich konnten wir den Vorteil, den wir bei feuchten Mischbedingungen bereits hatten, noch weiter ausbauen."

Doch der 66-jährige Franzose ? der ab 1977 bereits das erste Formel-1-Engagement von Michelin in der Formel 1 verantwortete ? ist zu lange im Motorsport aktiv, als dass er sich zu einer voreiligen Prognose hinreißen lassen würde: "Wo wir bei feuchten Streckenbedingungen im Vergleich zu unserem Wettbewerber wirklich stehen, dies wissen wir erst nach dem ersten Regenrennen."