• 30.08.2003 13:22

  • von Fabian Hust

Michelin droht mit Boykott

Nach der überraschenden Reifen-Reglementsänderung droht Reifenhersteller Michelin mit einem Boykott

(Motorsport-Total.com) - Der Beschluss des Automobilweltverbandes FIA, das Reifenreglement drei Rennen vor Saisonende zu modifizieren, um möglicherweise die Dominanz von Michelin auf dem Reifensektor zu brechen, droht in einem Tauziehen zu enden, das in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Der Vorwurf aus dem Bridgestone-Lager: Michelin verwendet Vorderreifen, die nur vor dem Einsatz reglementskonform sind, durch die Nutzung jedoch eine Auflagebreite entwickeln, die zu breit ist, was einen Grip-Vorteil bietet.

Titel-Bild zur News: Pierre Dupasquier

Pierre Dupasquier ist auf die FIA derzeit nicht gut zu sprechen

Bisher jedoch hat Michelin das Reglement so interpretiert, dass die Breite der Auflagefläche an neuen Reifen gemessen wird. Somit war der Reifen bisher auch legal, nur dürfte er es jetzt nicht mehr sein, da die FIA ab sofort auch nach einem Rennen die Pneus vermessen möchte. Der französische Reifenhersteller hat erklärt, dass er bereit ist, über eine Änderung der Messmethode zu sprechen, dass diese aber erst ab der kommenden Saison greifen könne.

In einem Interview mit der 'Daily Mail' spricht Michelin-Sportdirektor Pierre Dupasquier ganz offen über einen möglichen Startverzicht in Monza: "Es ist möglich, dass die fünf Teams, die unsere Reifen verwenden, in Monza nicht dabei sein werden. Es ist ihre Entscheidung, aber wir wissen, dass wir nicht rechtzeitig neue Reifen herstellen können, denn das würde Wochen brauchen, um sie zu entwickeln und zu backen."

Sollte die FIA an der neuen Reglementauslegung festhalten ? wovon auszugehen ist ? rechnet Michelin offenbar fest mit einer Disqualifikation. Für die um den WM-Titel fahrenden Teams BMW-Williams und McLaren-Mercedes wäre dies natürlich eine Katastrophe. Ein echter "Boykott" würde mit eine Geldstrafe belegt werden, wenn die Teams aber glaubhaft machen können, dass ihre Autos nicht reglementskonform sein würden, könnten sie schadlos vom Rennen zurücktreten.

Allerdings ist eine solche Entscheidung nicht nur angesichts der aktuellen Situation im Kampf um den WM-Titel sehr unwahrscheinlich, die Teams können einen Boykott auch angesichts ihrer bestehenden Verträge mit den Sponsoren nicht vertreten. Stattdessen erhofft man sich bei Michelin wohl, durch den Aufbau von Druck in der Öffentlichkeit die FIA zum Einlenken zu bewegen. Ob man damit Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Die FIA würde durch die Rücknahme der Entscheidung ein empfindlicher Image-Schaden drohen.

Wahrscheinlicher ist, dass sich Michelin zwangsläufig eine Notlösung einfallen lassen muss. Experten gehen davon aus, dass Michelin entweder neue Reifen in der Kürze der Zeit backen kann, die sich reglementskonform verhalten oder kurzfristig auch auf alte Pneus zurückgreifen könnte, deren Vorderreifen schmaler sind. In beiden Fällen würden die Michelin-Teams aber einige Zehntel auf die Konkurrenz verlieren.