powered by Motorsport.com
  • 23.10.2005 17:47

Michelin: Die Erfolgsbilanz in der Formel 1

Nach dem siebten WM-Titel in der Formel 1 blickt Michelin zurück auf eine erfolgreiche Vergangenheit in der "Königsklasse des Motorsports"

(Motorsport-Total.com) - Nach einer beispiellosen Saison freut sich Michelin als Reifenpartner von Fernando Alonso und des Renault-Teams über den Gewinn der Fahrer- und Konstrukteurs-Weltmeisterschaft in der Formel 1. Für das Traditionsunternehmen aus Clermont-Ferrand setzt sich damit eine Erfolgsgeschichte fort, die bereits zwischen 1979 und 1984 zu fünf WM-Kronen geführt hat.

Titel-Bild zur News: Pierre Dupasquier

Pierre Dupasquier ist der Mann des Erfolges - 2005 war seine letzte Saison

Was hat Fernando Alonso mit den Formel-1-Legenden Jody Scheckter, Nelson Piquet und Niki Lauda gemein? Sie alle errangen mindestens einen Weltmeistertitel auf Rennreifen von Michelin. Denn die erfolgreiche Grand-Prix-Historie des französischen Traditionsunternehmens begann nicht erst 2001, sondern bereits im Jahr 1977 - ein Blick zurück in die Geschichte.#w1#

Alles begann 1977

Als Michelin erstmals den Sprung in die Königsklasse des Motorsports wagte, so geschah dies nicht zuletzt auf Anregung eines engen Partners: "Wir fühlten uns sehr geehrt, als Renault uns fragte, ob wir gemeinsam mit ihnen in die Formel 1 einsteigen würden", erinnert sich Pierre Dupasquier, schon damals und bis heute der Motorsport-Direktor des französischen Unternehmens.

Radialreifen als Erfolgsrezept

Zugleich erkannte Michelin die Chance, die Überlegenheit einer im Haus neu entwickelten Technologie publikumswirksam aufzuzeigen - der Radialbauweise, die ihren Siegeszug in der Serienfertigung bereits angetreten hatte.

Die Vorteile lagen auf der Hand: Mit seiner stabileren Struktur erlaubte der Radial-Pneu nicht nur höhere Kurvengeschwindigkeiten, sondern übertrug auch in Längsrichtung höhere Beschleunigungskräfte. Eigenschaften, die schnell große Bedeutung erlangten: Die aufkommenden "Wing Cars" konnten die Vorteile ihres gesteigerten Anpressdrucks besser umsetzen. Zudem sollten die Motorleistungen dank des Siegeszugs der von Renault eingeführten Turbomotoren in den folgenden Jahren geradezu explodieren - auch dies spielte dem Radial-Reifen in die Hand.

Die Rennslicks von Michelin fanden schnell Anerkennung

Beim Großen Preis von England am 17. Juli 1977 war es soweit: Renault und Michelin gaben in Silverstone ihr Debüt in der Formel 1. Doch der Anfang verlief problematisch, denn die aufgeladenen Vierzylinder der gelben Werksrennwagen erwiesen sich noch als sehr unzuverlässig.

Welches Potenzial in der neuen Michelin-Technologie steckte, blieb jedoch auch den konkurrierenden Teams nicht verborgen: Schnell standen die ersten Interessenten Schlange. "Es dauerte nicht lange, bis mich Herr Ferrari anrief und sich erkundigte, was er tun müsse, um auch Michelin-Pneus zu bekommen...", freut sich Pierre Dupasquier noch heute über den gelungenen Coup. "Ich habe ihn damals gefragt, ob er den Chefeinkäufer von Fiat kennt..."

Ferrari setzte bald auf die französischen Pneus

Schon für 1978 wechselte die Scuderia ins französische Reifenlager - und musste diesen Schritt nicht bereuen: Bereits beim Grand Prix von Brasilien holte Carlos Reutemann am Steuer seines Ferrari 312 T2 den ersten von insgesamt fünf Siegen, die das italienische Traditions-Team noch in der gleichen Saison auf Pneus von Michelin nach Hause fahren sollte. Die Weichen in Richtung Erfolg waren gestellt.

1979 durfte der "Bib", wie das weltberühmte Markenlogo im Volksmund genannt wird, die ersten beiden Titel bejubeln: Der Südafrikaner Jody Scheckter sicherte sich und Ferrari mit drei Saisonsiegen die Fahrer- und Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Sein Teamkollege Gilles Villeneuve steuerte drei weitere Grand-Prix-Erfolge bei.

Die Saison krönt der Reifenspezialist mit einem erinnerungswürdigen Dreifachsieg: Beim Grand Prix von Frankreich gewann Jean-Pierre Jabouille für die Marke mit der Rhombe erstmals ein Formel-1-Rennen, während sich René Arnoux im zweiten Renault ein legendäres Duell mit Villeneuve um den zweiten Rang lieferte, das als absoluter Klassiker in die Historie dieses Sports einging. Der Ferrari-Star behielt die Oberhand.

1981 als Monopolist in der Formel 1

Auch 1980 blieb Michelin eine Siegermarke und feierte gemeinsam mit den Renault-Piloten Arnoux und Jabouille vier Siege. Ein Jahr später rüstete der Konzern aus Clermont-Ferrand für sieben Rennen sogar sämtliche Formel-1-Teams aus, nachdem sich ein Mitbewerber zeitweise vom Wettbewerb zurückgezogen hatte.

Auch nachdem der Konkurrent wieder eingestiegen war, fuhr Michelin weitere Erfolge ein und kam am Ende der Saison auf 13 Siege in 15 Rennen. Der Weltmeistertitel jenes Jahr ging an den Brabham-Piloten Nelson Piquet - eine WM-Krone, an der der Reifenhersteller zwar maßgeblich beteiligt war, die er für sich aber nie akzeptierte.

Schon bald hatte man alle offenen Fragen beantwortet

1982 erzielte Michelin elf Pole Positions, gewann acht Rennen - und schrammte trotzdem am Konstrukteurs-Titel vorbei. McLaren-Pilot John Watson wird nur Vize-Weltmeister. Dafür lieferten sich im Folgejahr zwei Michelin-Stars einen spannenden Kampf um die Meisterschaft: Das Duell zwischen Brabham-Fahrer Piquet und dem aufstrebenden Renault-Ass Alain Prost entschied der Brasilianer erst im letzten Lauf für sich. Michelin beschloss die Saison mit neun gewonnenen Grands Prix, die größtenteils auf das Konto der beiden Kombatanten gingen.

Den Höhepunkt in der ersten Phase des französischen Reifenspezialisten in der Formel 1 markierte jedoch das Jahr 1984: Mit Niki Lauda und McLaren sicherten sich erneut zwei Michelin-Partner die Titel in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM. In seiner vorerst letzten Saison im Grand-Prix-Sport gewann das Familienunternehmen 14 von 16 Rennen.

Damit konnte Michelin nach 112 Formel 1-Rennen auf 59 Siege zurück blicken. Die Radialreifen-Technologie - die bis heute das allein gültige Reifenbau-Schema in der Königsklasse darstellt - hatte sich endgültig durchgesetzt. Alle Fragen waren beantwortet: Michelin sagte der Formel 1 vorläufig adé.

Michelin verlor den Grand-Prix-Sport nie aus dem Blick

Die Mannschaft rund um Pierre Dupasquier blieb dem Motorsport auch in den folgenden Jahren treu und stieg zum Rekordsieger in der Rallye-Weltmeisterschaft, bei den 24 Stunden von Le Mans sowie in den Motorrad-Topserien auf. Die Formel 1 verloren die Franzosen jedoch nie aus dem Blick.

Bis zum Wiedereinstieg jedoch sollten 16 lange Jahre vergehen: Dieses Mal fragten BMW und Toyota - Hersteller, mit denen Michelin zuvor in Le Mans und auf anderen Motorsport-Bühnen erfolgreich kooperiert hatte - in Clermont-Ferrand an, ob sich die Marke mit dem Bib ein gemeinsames Formel 1-Engagement vorstellen könnte.

"Wir konnten", erläutert Dupasquier mit einem verschmitzten Lächeln, denn er hatte insgeheim immer wieder Grand-Prix-Pneus nach dem jeweils aktuellen Reglement entwickeln lassen. "Wir wären naiv, wenn wir denken würden, die Formel 1 hätte sich in den vergangenen Jahren nicht verändert", trat Edouard Michelin, der geschäftsführende Gesellschafter, jedoch früh auf die Euphorie-Bremse. "Wir sehen unser neuerliches Grand-Prix-Engagement eher als Einstieg denn als Rückkehr. Die Technologie der Rennwagen hat sich ebenso geändert wie jene der Reifen."

Ein Einstand nach Maß in der modernen Formel 1

Doch als Ausrüster von BMW WilliamsF1, Renault, Jaguar Racing, Prost und Minardi betrat Michelin die WM-Bühne bestens vorbereitet - und errang allen Unwägbarkeiten zum Trotz bereits im vierten Lauf der Saison 2001 mit Ralf Schumacher in San Marino den ersten Sieg. Bis zum Jahresende sollten es vier gewonnene Grands Prix sowie eine ebenso große Anzahl Pole Positions und acht schnellste Rennrunden sein. Ein Einstand nach Maß.

Auch 2002 steuerte Michelin auf Erfolgskurs. Viele Formel-1-Teams hatten inzwischen erkannt: Die Marke aus Clermont-Ferrand bietet echte Wettbewerbsvorteile. Dies zeigte sich besonders deutlich am Ende der Saison: Zwar landeten die Ferrari-Piloten erneut ganz vorne, dahinter aber belegten ausschließlich Michelin-Partner die folgenden sieben Platzierungen.

In seinem dritten Jahr der zweiten Formel-1-Ära stieg das Unternehmen endgültig vom Herausforderer zum Titelkandidaten auf und errang sieben Siege sowie 30 Podestplätze. Höhepunkt der Saison: Beim Großen Preis von Ungarn belegten Michelin-Fahrer die ersten sieben Ränge. Bis zum letzten Grand Prix blieb die Meisterschaft hart umkämpft.

2004 - unerwartet schwierig

2004 stellte sich als unerwartet schwierig heraus. Trotz der extremen Dominanz der Ferrari gewann Michelin jedoch mit drei unterschiedlichen Partnerteams drei Läufe: In Monaco triumphierte Renault-Pilot Jarno Trulli, in Belgien siegte McLaren-Fahrer Kimi Räikkönen, und beim Finale in Brasilien hatte Juan-Pablo Montoya im Williams-BMW die Nase vorn.

2005: Der Durchbruch

Die Saison 2005 brachte endgültig den Durchbruch. Die Reglementsänderungen - Reifenwechsel wurden verboten, die Rillenslicks mussten fortan die komplette Renndistanz plus Qualifying überdauern - spielte Michelin offensichtlich in die Karten. Gleich in Melbourne sicherte sich das Partnerteam Renault den "Grand Slam": Qualifying-Bestzeit (Giancarlo Fisichella), schnellste Rennrunde (Fernando Alonso) und Sieg (Fisichella) - ein Top-Ergebnis.

In diesem Tempo ging es weiter: Auch in Malaysia (Alonso) und Bahrain (Alonso) blieb das französische Werksteam ungeschlagen. In Imola, dem Austragungsort des Großen Preises von San Marino, lieferte sich der aufstrebende Superstar aus Spanien gar ein nervenraubendes Duell mit Rekordweltmeister Michael Schumacher - und verteidigte seine Führung bis ins Ziel.

In Spanien und Monaco blieb McLaren-Mercedes- und Michelin-Pilot Kimi Räikkönen ungeschlagen, während Alonso erneut auf dem Nürburgring das oberste Treppchen bestieg. Dafür war sein finnischer Konkurrent im kanadischen Montréal wieder das Maß aller Dinge.

Bitter (amerikanische) Pille

Weniger gut lief es für Michelin in Indianapolis: Der durch Rillen aufgeraute Asphalt in der überhöhten Kurve 13 verursachte in dieser Form nicht erwartete Resonanzschwingungen in den Reifen, die die Haltbarkeit der Pneus und damit die Sicherheit der Fahrer und Zuschauer gefährdeten.

Da der Vorschlag, zur Senkung des Tempos eine Schikane zu installierten, nicht umgesetzt wurde, empfahl die Marke im Schulterschluss mit seinen Partnerteams den Startverzicht. Zum Rennen traten neben der Scuderia Ferrari nur noch Minardi und Jordan an. Michael Schumacher gewann.

Die Schmach war schnell vergessen...

Danach stellte sich unverzüglich die bereits lieb gewonnene Routine wieder ein: Kimi Räikkönen gewann in Magny-Cours, sein Teamkollege Juan-Pablo Montoya fuhr in Silverstone seinen ersten Sieg am Steuer eines McLaren-Mercedes ein. Während in Ungarn und der Türkei erneut der "Iceman" aus Finnland die Maximalpunktzahl errang, war im Königlichen Park von Monza der Kolumbianer wieder an der Reihe.

Das Wechselspiel setzte sich fort: Auf der Ardennen-Achterbahn von Spa-Francorchamps saß am Ende des Rennens Räikkönen im ersten Wagen, in Brasilien holte der Kolumbianer seinen dritten Erfolg, und in Japan hatte der Skandinavier das bessere Ende für sich. Das Saisonfinale schließlich sicherte sich Fernando Alonso in überzeugender Manier - der Asturier stand seit Sao Paulo bereits als Weltmeister fest und sicherte mit diesem Erfolg seinem Renault-Team sowie Michelin auch noch die Konstrukteurs-Krone.

Michelin durfte beim Saisonfinale zwei weitere Jubiläen feiern

Überzeugende Bilanz nach 19 Grands Prix: Zu 18 Siegen, 18 Pole Positions und 16 schnellsten Rennrunden gesellen sich 47 von 57 Podiumsplatzierungen sowie 619 der 741 vergebenen WM-Punkte. Fernando Alonso schenkte Michelin den insgesamt vierten Fahrer-Titel, Renault errang die dritte Konstrukteurs-Weltmeisterschaft für die französische Reifenmarke.

Von 198 Grands Prix, an denen Michelin seit 1977 teilgenommen hat, gewann das Unternehmen 93. Und ausgerechnet in China durfte die Mannschaft um Motorsport-Direktor Pierre Dupasquier zwei weitere Jubiläen feiern: die 100. Pole Position sowie die 100. schnellste Rennrunde in der Formel 1.

Folgen Sie uns!

F1-Tests: Zeiten, Termine, Statistiken

Exklusives Formel-1-Testcenter

Im F1-Testcenter finden Sie Zeiten, Termine und unzählige Statistiken zu den Testfahrten in der Formel 1!