Mercedes: Weshalb es bei Reifendruck-Affäre keine Strafe gab

Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff erklärt im Detail, wie es bei der Messung des Reifenluftdrucks zu Diskrepanzen kam und fordert eine neue Prozedur für die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Mercedes ist für die Reifendruck-Affäre beim Grand Prix von Italien in Monza nicht bestraft worden. Der zunächst am seidenen Faden hängende Sieg von Lewis Hamilton wurde am Sonntagabend vom Automobil-Weltverband (FIA) bestätigt. Zwischen Zieldurchfahrt und der Bekanntgabe der Entscheidung gab es ein Treffen mit den Rennkommissaren, dem Technischen Delegierten Jo Bauer, der Führungsspitze des Mercedes-Teams und einem Reifeningenieur von Pirelli.

Titel-Bild zur News: Pirelli-Reifen des Mercedes-Teams

Die Protagonisten des Monza-Sonntags: FIA, Mercedes und Pirelli Zoom

Ergebnis des Treffens: Mercedes wurde für die 0,3 beziehungsweise 1,1 psi zu niedrigen Luftdrücke in den linken Hinterreifen der Boliden von Hamilton und Nico Rosberg nicht verantwortlich gemacht. Das Team konnte nachweisen, dass die Luftdruckwerte bei der ersten Messung innerhalb des von Pirelli vorgegebenen Fensters lagen. Eine zweite Messung, die von Pirelli durchgeführt wurde, brachte die zu niedrigen Luftdrücke zu Tage. Allerdings wurde Mercedes darüber nicht sofort informiert.

"Es gibt einen Zeitpunkt, wo du den Reifendruck misst", so Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Dieser Zeitpunkt ist, wenn du den Reifen aufs Auto steckst. Da haben wir mit einem Pirelli-Mitarbeiter unter Aufsicht von Pirelli den Reifendruck gemessen, und er kam aufs Auto. Diese Prozedur wurde eingehalten." Eingehalten wurde demnach nicht nur die Prozedur, sondern auch die Vorgabe von 19,5 psi. Anschließend wurden "die Heizdecken vom Strom abgeklemmt, blieben aber noch am Reifen. Dadurch ist die Temperatur in den Heizdecken gefallen, und dann der Druck in einem der Reifen", erklärt Wolff.

"Wir haben das gemeinsam mit Pirelli so gemacht, dass die Drücke auf dem Minimumlevel waren, als wir die Reifen aufs Auto gesteckt haben. Danach wurde nochmal gemessen und einer der Reifen war anders. Ich denke, dass wir die Prozedur, die wir vorher definiert hatten, befolgt haben. Als die Messung stattgefunden hat, war es eine andere Prozedur. Ich denke, wenn Pirelli eine zweite Messung macht, dann hat man dort schon die Verantwortung, uns zu sagen, dass der Druck zu niedrig ist", so der Mercedes-Motorsportchef.


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Italien, Sonntag


Für die Zukunft fordert Wolff eine veränderte Prozedur. Man müsse definieren, wann und wie man den Druck misst. "Die Frage ist, wann ist überhaupt der richtige Moment zum Messen. Wenn Pirelli sagt, der Reifen sollte beim Rennstart mindestens 19,5 psi haben, dann sollte eigentlich gemessen werden, kurz bevor das Grüne Licht angeht. Das geht ja aber schlecht. Insofern musst du einen Zeitpunkt definieren und für diesen Zeitpunkt musst du ein Prozedere definieren", so Wolff.

In diesem Zusammenhang betont der Mercedes-Motorsportchef auch, dass das in Monza zur Anwendung gekommene Prozedere eine mit Pirelli gemeinsam getroffene Entscheidung war. Aber: "Die Variabilitäten in dem Maße waren uns nicht klar. Das ist etwas, was wir in Zukunft gemeinsam mit der FIA analysieren müssen. Wie kannst du diese Variabilität vermeiden? Du kannst schlecht riesige Stromaggregate in die Startaufstellung schleppen und immer an allen vier Reifen dort haben. Es wird immer wieder Variabilitäten geben."