• 01.02.2011 17:03

Mekies: Das Ferrari-KERS als Trumpfkarte?

Toro Rosso setzt in diesem Jahr auf das KER-System von Ferrari und möchte bei den Tests möglichst viele Einsatzszenarien erkunden und ausprobieren

(Motorsport-Total.com) - Die Teams der Formel 1 müssen sich in diesem Jahr mit zwei technischen Neuerungen auseinander setzen, die es mächtig in sich haben: Der verstellbare Heckflügel und das KER-System eröffnen den Fahrer und ihren Rennställen ganz neue taktische Möglichkeiten, führen aber auch zu einem klaren Mehraufwand bei den Wintertests - die neuen Hilfsmittel müssen schließlich erst erprobt werden. Für Toro-Rosso-Chefingenieur ist das die größte Herausforderung, wie er im Interview erläutert.

Titel-Bild zur News: Laurent Mekies

Laurent Mekies (li.) im spricht mit einem Teamkollegen - vielleicht über KERS?

Frage: "Laurent, welchen Einfluss werden die neuen Regeln auf das Geschehen auf der Rennstrecke haben?"
Laurent Mekies: "Zum einen hätten wir da KERS, was vermutlich die wichtigste Neuerung ist. Außerdem haben wir einen verstellbaren Heckflügel und ganz allgemein einige Änderungen bei der Aerodynamik. Wir müssen bedenken: Wir haben eine außergewöhnliche Saison hinter uns, denn die Jungs kämpften bis zum letzten Rennen um den Titel."

"Für die Fans haben alle eine richtig gute Show abgeliefert, denke ich. Man hat sich daher nichts gravierend anderes vorgenommen. Der verstellbare Heckflügel und KERS sollten dazu beitragen, dass wir künftig mehr Überholversuche sehen. Das sollte dem Spektakel in dieser Saison zugute kommen. Ich denke, wir beginnen diesbezüglich bei einer guten Basis, denn für die Zuschauer war die Saison 2010 sehr gut."

"Aus technischer Sicht ist das eine großartige Herausforderung." Laurent Mekies

Frage: "Sprechen wir etwas mehr über KERS..."
Mekies: "Aus technischer Sicht ist das eine großartige Herausforderung. Das ist offensichtlich auch die Richtung, welche die Automobil-Industrie generell eingeschlagen hat - mit E-Motoren und Energierückgewinnung. Für uns stellt das eine tolle Aufgabe dar."


Fotos: Präsentation des Toro Rosso STR6


"Dass unser KER-System von Ferrari kommt, ist ebenfalls ein großer Vorteil. Ferrari war vor zwei Jahren schließlich eines der wenigen Teams, die KERS im Einsatz hatten. Wir profitieren daher natürlich von ihren Erfahrungen. Sie haben ihr System weiter verbessert. Wir freuen uns sehr darauf, ihr KERS zu verwenden und unser System weiter zu optimieren."

Mehrarbeit für die Toro-Rosso-Fahrer

Frage: "Die Fahrer werden im Cockpit ziemlich beschäftigt sein..."
Mekies: "Der Pilot hat - dank KERS und dem verstellbaren Heckflügel - nun etwas mehr zu tun. Es gibt vieles zu beachten: Wie gut sich das System auf der Bremse auflädt und wie gut man die Zusatzleistung am Kurvenausgang oder beim Überholversuch einsetzen kann."

"Es gibt sehr viele denkbare Einsatzmöglichkeiten für dieses System. Für Renningenieure und Fahrer gleichermaßen ist das eine große Herausforderung. Die Piloten werden sehr beschäftigt damit sein, den richtigen Zeitpunkt für die Freigabe der Zusatzenergie zu finden. Außerdem muss er in der Bremszone auf der Hut sein, um das System aufzuladen."

"Damit kann man im Rennen ein bisschen herumspielen." Laurent Mekies

"Das wird einen Einfluss auf das Bremsverhalten haben. Damit kann man im Rennen ein bisschen herumspielen, um zum Beispiel dem Reifenverschleiß entgegen zu wirken oder die sich verringernde Benzinlast auszugleichen. Der Fahrer muss zudem einstellen, wie viel Energie er auf der Bremse zurückgewinnen will. Das wird Crew und Pilot insgesamt sehr auf Trab halten."

Frage: "Welchen Einfluss wird der Kommandostand auf KERS und den verstellbaren Heckflügel nehmen und wie wird das vonstatten gehen?"
Mekies: "Wir befinden uns im Augenblick noch in der Simulationsphase. Wir versuchen, alle möglichen Kombinationen zu analysieren und herauszufinden, was bei den jeweiligen Bedingungen das Beste ist."


Fotos: Toro Rosso, Testfahrten in Valencia


"Sobald dieser Vorgang abgeschlossen ist, werden wir unsere Fahrer dahingehend informieren, was in unseren Augen die beste Herangehensweise für diese Systeme ist. Dann werden wir diese Ideen schließlich auch auf der Strecke ausprobieren."

Das Ziel? Die Neulinge auf Distanz halten...

Frage: "Welche Erwartungen hast du an die neue Saison?"
Mekies: "Als Team wollen wir unsere Position vor den drei neuen Teams halten. Das ist unser Primärziel, was die reine Leistung angeht. Ausgehend davon erhoffen wir uns eine Steigerung."

"Das nächste Ziel ist dann, mit den Teams zu kämpfen, mit denen wir schon zum Ende der vergangenen Saison im Clinch lagen - sehr gute Rennställe wie Sauber, Williams und Force India. Zunächst müssen wir aber erst einmal sehen, wer die neuen Regeln am besten interpretiert hat."

"Das Beste ist unsere Atmosphäre im Team." Laurent Mekies

Frage: "Was ist die beste Eigenschaft von Toro Rosso?"
Mekies: "Das Beste ist unsere Atmosphäre im Team. Als ich hier angefangen habe, fragte ich mich, warum die Angestellten mancher Teams einfach nicht aufhören wollen. In der Formel 1 ist in dieser Hinsicht ja immer viel Bewegung drin. Hier ist das deutlich weniger der Fall."

"Warum? Das liegt an der Atmosphäre und an einem sehr starken Teamspirit. Die Leute helfen sich gegenseitig. Das schafft eine sehr enge Bindung zwischen den Angestellten. Außerdem lieben wir alle, was wir tun. Unterm Strich sind wir erst einmal Motorsport-Fans und erst in zweiter Instanz Mechaniker oder Ingenieure. Das beschert uns einen so tollen Mannschafts-Geist."