• 08.06.2014 02:05

  • von Dieter Rencken & Dominik Sharaf

Medientag auf der Kippe: Und keiner will's gewesen sein

Die Teamvertreter sind skeptisch, was die Komprimierung des Wochenend-Formats angeht, signalisieren aber Handlungsbereitschaft - Kaltenborn ärgert Egoismus

(Motorsport-Total.com) - Die Formel 1 könnte ihr Programm in der kommenden Saison auf drei statt wie bisher vier Tage an einem Grand-Prix-Wochenende zusammenschrumpfen, um Kosten zu sparen. Obwohl der Vorschlag konkret ist, scheint niemand diesen Schritt gehen zu wollen: Teams befürchten weniger Zeit auf der Strecke, Fans weniger fahrende Autos, Journalisten weniger Interviews. "Wir sparen eine Nacht im Hotel! Fragt nicht mich, fragt die Befürworter", schüttelt Christian Horner bei 'Sky Sports F1' den Kopf.

Titel-Bild zur News: Felipe Massa

Die Kamaras könnten Felipe Massa in Zukunft deutlich seltener umlagern Zoom

Der Red-Bull-Teamchef klingt müde, wenn er über die nicht enden wollenden Verhandlungen über Kostensenkungen meint: "Das Problem ist, dass wir uns nie auf etwas einigen können, obwohl wir auf der selben Seite stehen. Merkwürdig, denn wir sitzen Stunden um Stunden zusammen, dann bieten wir etwas an und es gefällt den kleinen Teams nicht." Damit meint Horner auch Sauber. Teamchefin Monisha Kaltenborn tritt seit Jahren energisch für mehr Kosteneffizienz ein, sieht sich aber auf verlorenem Posten.

Der Österreicherin ist es ein Dorn im Auge, dass Eigeninteresse in der Formel 1 vor kollektivem Fortschritt firmiert: "Woran es mangelt, ist der Sinn für gemeinsamen Erfolg. Die Leute müssen zusammenkommen und überlegen, was gut für den Sport ist. Das passiert auch in der DTM oder in ganz anderen Sportarten." Kaltenborn glaubt, dass mit dem derzeitigen Modell keine neuen Teams angelockt werden, will aber durchhalten: "Die Einstiegshürde ist so hoch. Sauber steht jedenfalls nicht zum Verkauf."

Button scherzt: So wird man Journalisten los

Toto Wolff ist gespalten, was den Vorschlag angeht: Einerseits sieht er es als effizient an, einen Tag später anzureisen und verweist auf mangelndes TV-Interesse am Freitag. "Nur auf wenigen Strecken kommen Zuschauer. Da könnten wir den Fahrern mehr Medienarbeit am Freitag auftragen", ergänzt der Mercedes-Motorsportchef und verweist auf die Einsparung von Verschleißteilen, darunter mindestens ein Motor pro Auto und Saison. "Wenn es nicht Millionen bedeutet, mindestens eine oder 1,5. Viele sagen aber, dass es nicht richtig ist. Dann sollten wir bei diesem Format bleiben."

Auch Wolff hat seine Zweifel, weil es sich bei der Formel 1 nicht um eine reine Wochenend-Show, sondern um einen "vollwertigen Sport" handeln würde. Deswegen wünscht er sich einen Testtag: "Die kleinen Teams, die sich so laut beschweren, haben gesagt, dass sie ein fahrendes Auto am Freitag wollen - nicht nur, weil sie einem Paydriver das Cockpit verkaufen können, sondern, weil sie die Zeit auf der Strecke als wertvoll erachten." Der gleichen Meinung ist Eric Boullier:
"Wir mögen aber das aktuelle Format, weil weniger Fahrzeit vielleicht nicht gut ist."


Fotostrecke: F1 Backstage: Monte Carlo

Der McLaren-Rennleiter würde sich aber fügen: "Wenn es die Formel 1 besser macht, warum nicht?", fragt sich der Franzose. Horner stimmt zu: "Wir haben das mit allen diskutiert und es sah aus, als wolle die Mehrheit das. Dann stehen wir dem nicht im Wege." Routinier Jenson Button wäre es ganz lieb, wie er mit den Journalisten scherzend meint: "Ich habe 254 Donnerstage zu viel mitgemacht", lacht der Brite. "Mir würde es nichts ausmachen. So können wir uns am Freitag aber mehr auf das Fahren konzentrieren, wenn Interviews gelaufen sind. Ich sehe aber beide Seiten."

Horner nutzt die Chance, einmal mehr für die von Red Bull kräftig vorangetriebene Einführung von Kundenautos zu werben, gegen die sich die Kleinen beharrlich sträuben: "Im Moment können Teams ein Getriebe kaufen". weiß der Teamchef. "Warum nicht auch ein Chassis und eine Aufhängung? Dann bräuchten sie keine 100 Designer und würden sparen."