McLarens Reifentaktik geht voll auf - zumindest für Norris: "Einfach cool!"

Lando Norris gelingt im Monaco-Qualifying ein wichtiger Befreiungsschlag: Warum er sicher war, Charles Leclerc knacken zu können - und womit Oscar Piastri haderte

(Motorsport-Total.com) - Rollentausch bei McLaren: Nach der jüngsten Erfolgswelle für Oscar Piastri und eher schwierigen Wochen für Lando Norris ist es beim wichtigsten Qualifying des Jahres in Monaco ausgerechnet der Brite, der sich auf der Pole zurückmeldet - während der Meisterschaftsführende sich noch hinter Ferraris Charles Leclerc mit Platz drei zufriedengeben muss.

Titel-Bild zur News: Lando Norris, Oscar Piastri

Lando Norris war diesmal der schnellere McLaren: Oscar Piastri gratuliert fair Zoom

Was die McLaren-Stars am Samstag jedoch eint, ist ihre ungewöhnliche Herangehensweise ans Qualifying, mit gleich zwei schnellen Runden auf dem zweiten und finalen Reifensatz in Q3: Doch wie kam es überhaupt dazu?

"Wir wussten, dass es schwer sein würde, die Zeit gleich beim ersten Versuch rauszuholen, in fast jeder Session haben sich die Zeiten verbessert", erklärt der Brite mit Blick auf die Track-Evolution, dass sich sein Team sicher war, "dass sich das auch in der Quali so entwickeln würde".

Deshalb sei man bei McLaren "bei unserem Plan geblieben", der da lautete: "Erster Satz, eine Runde, dann Box, und dann nochmal zwei. Das hielten wir für richtig - und das war es ja ganz offensichtlich auch, also bin ich natürlich zufrieden mit unserer Entscheidung", erklärt der Pole-Setter.

Piastri: Öfter an der Mauer "als in meiner ganzen Karriere"

Allein: Für Teamkollege Piastri geht dieses Spiel am Ende nicht so gut auf: Er kann sich auf der zweiten schnellen Runde mit dem Reifensatz nur um elf Tausendstel steigern, bleibt deshalb hinter Leclerc und Norris - ehe sich sein Teamkollege mit dem besseren letzten Schuss noch ganz nach vorne schiebt:

Mit seinem Qualifying ist der WM-Spitzenreiter entsprechend nicht ganz glücklich: "Es war bis Q3 ehrlich gesagt ziemlich herausfordernd, dennoch hatte ich das Gefühl, dass wir das Auto fürs Qualifying deutlich besser abgestimmt haben, ich war viel zufriedener." Allerdings gibt er zu: "Es war aber insgesamt einfach ein sehr chaotisches Wochenende."

Die Top-3 beim Quali in Monaco: Charles Leclerc, Lando Norris, Oscar Piastri

Die Top-3 beim Quali in Monaco: Charles Leclerc, Lando Norris, Oscar Piastri Zoom

Was Piastri meint: "Ich glaube, ich habe an diesem Wochenende öfter die Mauer berührt als in meiner ganzen bisherigen Karriere. Es lief also nicht gerade reibungslos", räumt der Australier ein, dass sein Ergebnis unter diesen Umständen sogar "ziemlich positiv" sei: "Die Runden, die ich am Ende der Quali gefahren bin, fühlten sich ganz gut an - nur halt nicht genug. Aber auf einer Strecke wie dieser, wenn der Aufbau schon eher holprig war, dann lässt man immer bisschen was liegen."

Zu seinen Problemen sagt Piastri: "Ich habe einfach mit der Balance gekämpft, generell mit dem Vertrauen ins Auto." Zwar sei sein Dienstwagen für ihn nun deutlich besser als noch am Freitag, "aber ja, ich habe einfach Schwierigkeiten gehabt, das Gefühl vom letzten Jahr wiederzufinden", so Piastri, der vor zwölf Monaten in Monaco noch hinter Leclerc in die erste Reihe gerast war.

Zwar habe sein Team das Auto pünktlich fürs Qualifying "in eine gute Position gebracht", dennoch räumt der am Samstag geschlagene Piastri ein: "Es gab jetzt trotzdem übers Wochenende hinweg definitiv ein paar Runden, die ich lieber nochmal fahren würde."

Norris happy über guten Job: "Heute war so ein Tag"

Ganz anders natürlich die Gemütslage auf der anderen Seite der Garage, bei Teamkollege Norris, der seine erste Pole seit dem Auftakt in Australien bejubelt: "Es bedeutet mir viel - nicht nur, weil es eine Weile her ist, sondern vor allem wegen der letzten Monate im Quali, wie die Dinge da gelaufen sind." Gerade samstags tat sich Norris schwer, crashte etwa in Dschidda - nun also der Befreiungsschlag, "ausgerechnet in Monaco", wie er selbst sagt.

"Einfach cool und besonders", freut sich Norris, der von einem "frischen Mindset" spricht, und mit Blick auf Monte Carlo erklärt: "Es ist schwieriger, weil eine Runde hier anspruchsvoller ist, mit mehr Spannung, mehr Druck - aber gleichzeitig auch mit der größten Erleichterung, wenn man einen guten Job macht." Zufrieden stellt er fest: "Heute war so ein Tag. Es bedeutet mir und meinem Team viel, denn wir haben hart gearbeitet, um wieder so einen Moment zu erleben."

Norris hebt ab: Am Ende brachte er McLarens Pace auf die Straßen Monacos

Norris hebt ab: Am Ende brachte er McLarens Pace auf die Straßen Monacos Zoom

Konkrete Gründe für seinen plötzlichen Leistungsausbruch will Norris aber nicht nennen: "Wahrscheinlich ist es eine Mischung: Dinge, die vom Auto kommen, aber eben auch einfach Monaco, mit seinem ganz anderen Layout und einem sehr speziellen Fahrstil, den man hier braucht. Es geht hier viel mehr um Risiko und Einsatz, weniger um die perfekte Fahrzeugbalance", verrät der McLaren-Star.

Er habe in den vergangenen Wochen viel gearbeitet, "um mich zu verbessern, um einen besseren Job zu machen - nicht, weil ich das Tempo nicht hätte, sondern weil ich es in Q3 einfach oft nicht zusammenbekommen habe", erklärt er: "Heute war wahrscheinlich das erste Mal seit Australien, dass ich wirklich alles zusammengebracht habe. Es ist also nicht so, dass ich schneller fahre, sondern dass ich auf eine bessere, klügere Weise fahre. Und da steckt viel Arbeit dahinter."

Durchbruch? Norris: Dafür braucht es Konstanz

Für ihn sei es deshalb "ein sehr, sehr guter Moment", und der Schauplatz in Monaco mache diesen "nochmal spezieller", wenngleich Norris zu bedenken gibt, dass die erste Pole nach seiner langen Durststrecke für ihn wohl überall wichtig gewesen wäre. Davon, dass der Knoten nur wieder geplatzt sei, will er aber noch nicht sprechen: "Wenn man es als Durchbruch bezeichnen will, braucht es auch Konstanz bei den Ergebnissen", bleibt Norris am Teppich.

Die Medaille habe eindeutig zwei Seiten: "Ja, es war ein Durchbruch, weil ich einen richtig guten Samstag hatte - und das ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung, über den ich mich sehr freue", den er auch gebraucht habe, so Norris: "Aber es ist eben auch nur ein einziges Wochenende. Wie gesagt: Konstanz ist ein wichtiger Teil davon." Erst, wenn seine Leistung auch in den kommenden Wochen auf dem "hohen Niveau" vom Samstag sei, könne er wirklich zufrieden sein.


Ähnlich verhalte es sich auch für sein Team: Nach der Niederlage gegen Max Verstappen in Imola, müsse man nun erstmal im Rennen beweisen, dass man das Blatt wirklich gewendet habe. Das gehe nur mit viel Detailarbeit, glaubt Norris: "Es ist selten so, dass du über Nacht Änderungen machst, die dir gleich ein paar Zehntel bringen. Du bewegst dich eher schrittweise in eine Richtung, kleine Anpassungen an verschiedenen Stellen."

Außerdem gehe es auch "viel darum, sich anzupassen - an das Wetter, die Temperatur, den Grip. Aber wir haben auf jeden Fall versucht, mit dem Auto Fortschritte zu machen, und ich denke, uns sind einige gute Schritte gelungen. Wie viel davon sich letztlich in der heutigen Leistung widerspiegelt, ist schwer zu sagen. Aber klar ist: Wir waren das ganze Wochenende über schnell." Und das "auf einer Strecke, die uns in der Vergangenheit oft nicht so gelegen hat", lobt Norris.

Piastri-Hilfe für Norris? "Wie viel zahlst du mir?"

Ob der WM-Zweite den angepeilten Sieg in Monte Carlo nach 78 Runden am Sonntag aber wirklich ins Ziel bringen kann, das wird auch von den Auswirkungen der für dieses Jahr neu eingeführten Regel mit zwei Pflichtboxenstopps abhängen. Viel Schützenhilfe, etwa von Teamkollege Piastri, kann sich Norris jedenfalls nicht erwarten...

Endlich wieder mal Grund zur Freude: Norris war am Samstag der Schnellste

Endlich wieder mal Grund zur Freude: Norris war am Samstag der Schnellste Zoom

"Wie viel zahlst du mir?", scherzt der Australier nach dem Qualifying auf die Frage, ob er sich im Strategiespiel der McLaren-Piloten gegen Ferraris Leclerc vielleicht auch für seinen Teamkollegen aufopfern würde? Der WM-Spitzenreiter stellt wenig überraschend klar: "Ich will das Rennen auch gewinnen. Also schauen wir mal, was passiert. Ich denke, es wird ein ziemlich chaotischer Grand Prix."

Letzteres ist Norris genauso bewusst wie die starke Konkurrenz, auch abseits seines Stallgefährten: "Es sind nicht nur wir zwei - Charles war schnell, Max ebenfalls, Lewis auch - es ist eine gute Startaufstellung, starke Gegner von allen Seiten", muss der McLaren-Pilot aber auch ein bisschen schmunzeln, fügt er mit Blick auf seine Pole-Runde doch grinsend an: "Das macht es natürlich noch ein bisschen besser."

Von den drei Leclerc-Bestzeiten im Training habe er sich jedenfalls nicht abschrecken lassen, trotzdem immer weiter gepusht: "Denn wir waren immer nah dran, und ich wusste, dass ich an ein paar Stellen noch ein bisschen mehr herausholen konnte, um Zeit zu gewinnen." So habe er im Laufe des Qualifyings immer mehr Selbstvertrauen aufgebaut - "genau das brauchst du hier" - und das zu McLarens großer Freude schlussendlich auch auf dem Zeitenmonitor unter Beweis gestellt.

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