• 28.09.2015 11:50

  • von Dieter Rencken & Ryk Fechner

McLaren: War der Honda-Antrieb wirklich nur auf GP2-Niveau?

Nach der Honda-Demütigung beim deren Heim-Grand-Prix in Suzuka widerspricht einiges Alonsos Funkspruch, bei dem er seinem Antrieb das Formel-1-Niveau absprach

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Qualifying zum Formel-1-Grand-Prix von Japan 2015 sprach man bei McLaren-Honda noch von Fortschritten. Die 2,1 Sekunden Rückstand war für die britisch-japanische Mannschaft ein Grund zu befinden, dass der relative Abstand zum Trainingsschnellsten so klein war wie noch nie 2015. Beim Heimrennen selbst mussten Fernando Alonso und Jenson Button dann jedoch die Rookies in Sauber- und Toro-Rosso-Diensten kampflos passieren lassen. Alonsos Funksprüche à la "Wie ein GP2-Motor!" lösten nach dem Rennen heftige Kontroversen aus. Doch was ist dran an der Äußerung, die der Spanier während der Fahrt traf?

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso, Carlos Sainz

Runde 29: Alonso wusste nicht, was er Rookie Sainz entgegensetzen sollte Zoom

Carlos Sainz winkt ab. So kampflos kam er in Kurve eins nach 29 Runden dann doch nicht vorbei an seinem Landsmann. "Sie waren auf der Geraden eigentlich schneller als ich dachte. Wir haben das auch im Freien Training und der Qualifikation gesehen: Sie hatten denselben Topspeed. Es war gar nicht so einfach, ihn zu überholen. Das war ein gutes Gefühl", schildert der Toro-Rosso-Pilot seinen Zweikampf mit Alonso. (zu den Topspeeds)

Woher kam der Geschwindigkeitsunterschied?

Immerhin: Auf kurvenreichen Strecken mit weit geringeren Höchstgeschwindigkeiten hatte Sainz schon mehr zu knabbern, wenn er hinter Alonso festhing: "In Singapur und auch in Ungarn musste ich viele Runden hinter ihm warten. Ihn endlich zu überholen, war ein gutes Gefühl." Auch die gemessenen Höchstgeschwindigkeiten auf dem Start- und Zielstrich sprechen dafür, dass Toro Rosso weit weniger überlegene Karten hatte.

"Wenn du so einen hohen Geschwindigkeitsunterschied zu anderen Fahrern hast, weißt du einfach nicht, was du tun sollst." Jenson Button

An jenem Punkt wurden beide Toro Rossos im Mittel mit 263,1 Stundenkilometern geblitzt, die McLaren waren im Schnitt nur 1,1 km/h langsamer. Absolut betrachtet war Alonso an jener Stelle bei seiner schnellsten Überfahrt mit 263,0 km/h sogar um 1,1 km/h schneller als Sainz. Zu Alonsos Verteidigung: Der Höchstwert spiegelt nicht wider, unter welchen Voraussetzungen er zum Zeitpunkt des Überholvorgangs tatsächlich unterwegs war.

Eine etwast andere Sprache sprechen die Maximalgeschwindigkeiten, die während des Rennens gemessen wurden. Sainz-Teamkollege Max Verstappen schaffte beim Messpunkt in Sektor 2 eine Höchstgeschwindigkeit von 319,6 km/h, Sainz 315,9 Stundenkilometer. Fernando Alonso brachte es als schnellster McLaren "nur" auf 311,5 Sachen. Zu dem Zeitpunkt, als Sainz Alonso stehen ließ, war der 21-Jährige pro Runde ca. 8 Zehntelsekunden schneller unterwegs. Alonsos Rundenzeiten können ebenfalls als Beleg dafür gelten, dass der Motor der Schwachpunkt des McLaren-Honda ist. Denn diese waren am Ende seines letzten Stints auf Toro-Rosso-Niveau.

Dennoch gelangt Verstappen zu einer ähnlichen Einschätzung wie Sainz. "Ehrlich gesagt war das Auto (der McLaren; Anm. Red.) überhaupt nicht langsam. Vielleicht hatte Jenson ein Problem, denn danach lag ich hinter Fernando. Ich muss sagen, dass Honda einen sehr guten Schritt nach vorne gemacht hat", findet Verstappen anerkennende Worte für das Formel-1-Engagement der Japaner.

Von Podestplätzen, die McLaren-Honda noch im Sommer für möglich hielt, ist man zwar noch weit entfernt, doch zumindest Renault scheint in Reichweite "Sie waren nicht langsamer als wir", bilanziert Verstappen: "Für mich war es sehr schwierig, an ihm vorbeizukommen. Es war genauso schwierig wie gegen den Sauber. Sie haben einen sehr guten Schritt gemacht."

Auch zwei Weltmeister können nichts ausrichten

Jenson Button, Marcus Ericsson

So lange Ericsson hinter Button war, war für Button die Welt in Ordnung Zoom

Alonso tat nach dem Rennen seine Enttäuschung kund: "Es ist schwierig, wenn andere Fahrer dich so auf der Geraden überholen. Du fährst auf die Kurve zu und siehst, wie sich sich verbremsen oder Fehler machen. Du selbst nimmst die Kurve perfekt und wirst auf den Geraden wieder überholt. Das ist frustrierend." Stallgefährte Button schildert seine Eindrücke bei 'Sky Sports F1': "Wenn du so einen hohen Geschwindigkeitsunterschied zu anderen Fahrern hast, weißt du einfach nicht, was du tun sollst. Wenn sie dich überholen, steckst du einfach zurück."

Wie wahrscheinlich ist es aber, dass zwei Weltmeister wie Alonso und Button das Fahren verlernt und sich beide in einem einzigen Rennen von Newcomern derart vorführen lassen, ohne dass das Material dabei eine Rolle spielt? Button rätselt über seinen Zweikampf mit Sauber-Pilot Marcus Ericsson: "Beim letzten Boxenstopp hat mich Ericsson überholt, was mein Rennen ruiniert hat. Ich war schneller und hatte die besseren Reifen. Ich war auf weich und er auf hart. Ich konnte ihn aber nicht überholen. Ich habe Fernando vor mir gesehen und wir kamen ihm näher."


Großer Preis von Japan

"Als dann die anderen Autos aus der Box kamen und mich gejagt haben, da konnte ich nichts machen, um sie hinter mir zu halten. Sie waren so viel schneller als ich auf der Geraden. Wenn Ericsson als Puffer hinter mir gewesen wäre, dann wäre es okay gewesen. So war es aber nicht und in jeder Runde ging einer vorbei und ich wurde überholt. Ich fiel weiter und weiter zurück", glaubt Button, dass unter anderen Rahmenbedingungen mehr als Position 16 für ihn drin gewesen wäre.