• 10.04.2011 20:50

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

McLaren rüstet für Schanghai erneut auf

McLaren gibt dem neuen Unterboden in Schanghai die nächste Chance - Gebrauchter Prime-Reifensatz brach Lewis Hamilton das Genick

(Motorsport-Total.com) - Am Samstag in der ersten Startreihe, am Sonntag über weite Strecken gleich schnell wie Sebastian Vettel: Lewis Hamilton und McLaren waren in Sepang überaus konkurrenzfähig, allerdings durchkreuzten zahlreiche Zwischenfälle den Traum von zwei Autos auf dem Siegerpodest. "Ich glaube, dass beide auf dem Podium gestanden wären", ärgert sich Teamchef Martin Whitmarsh über Hamiltons Pech.

Titel-Bild zur News: Jenson Button und Lewis Hamilton

Das McLaren-Team gehört traditionell zu den besten Entwicklern

So rettete Jenson Button die chromfarbene Ehre, indem er mit nur gut drei Sekunden Rückstand auf Sieger Vettel Zweiter wurde. Hamilton hingegen verspielte seine Chancen durch einen illegalen Spurwechsel, der ihm eine nachträgliche 20-Sekunden-Strafe einbrachte, eine unverschuldete Kollision mit Fernando Alonso und einen schlechten letzten Prime-Reifensatz, der ihn vier Runden vor Schluss zu einem unplanmäßigen vierten Boxenstopp zwang.

"Wir wollten eigentlich gar nicht stoppen, aber letztendlich entscheidet das der Fahrer", erklärt Teamchef Martin Whitmarsh. "Wenn er sagt, dass er die Reifen wechseln will, dann tun wir das. Lewis hatte das Gefühl, dass er mit dem anderen Satz nicht bis zum Rennende gekommen wäre. Wir hatten das schon gehofft, aber er hatte eine andere Meinung." Den möglichen dritten Platz hatte Hamilton zu jenem Zeitpunkt ohnehin schon an Nick Heidfeld verloren.

5,5 km/h weniger Topspeed als Heidfeld

Der Renault-Pilot stand ihm bereits im ersten Stint im Weg, sodass Hamiltons Rückstand auf Vettel auf fast zehn Sekunden anwuchs. Whitmarsh: "Renault hatte den besseren Topspeed als wir. Daher kam Lewis nicht an Nick vorbei, was Zeit gekostet hat. Aber da war das Spiel noch nicht gelaufen." Denn der Rückstand wurde sukzessive immer kleiner, schrumpfte auf weniger als fünf Sekunden zusammen. Erst der letzte Reifensatz brachte die Wende ins Negative.

"Wir lernen immer noch laufend über diese Reifen, aber einen im Qualifying schon gebrauchten Prime-Reifensatz wieder zu entzünden, scheint schwierig zu sein", erklärt der McLaren-Teamchef. Dass Hamiltons MP4-26 nach der Alonso-Karambolage keine Heckflügel-Endplatte mehr, dafür aber einen angeknacksten Unterboden hatte, kostete "fünf bis sieben Punkte Anpressdruck". Zum Vergleich: Heidfelds Bodywork-Schaden in Melbourne machte 35 Punkte aus.


Fotos: McLaren, Großer Preis von Malaysia, Sonntag


"Das hat sicher nicht so viel ausgemacht", winkt Whitmarsh ab und kündigt an, dass bei McLaren schon für den bevorstehenden Grand Prix von China weitere Neuerungen kommen sollen: "Ein bisschen Zeit haben wir", spielt er auf die kurze Pause an, schließlich geht es in Schanghai schon am kommenden Freitag weiter. "Wir haben ein paar Sachen, die wir am Freitag ausprobieren werden. Das ist die Natur des Sports."

Das Schanghai-Paket ist nicht komplett neu und umfasst den Unterboden und das Auspuffsystem, wie es bereits diesen Freitag in Sepang getestet wurde. Whitmarsh verspricht sich davon eine Verbesserung, was die Frage aufwirft, warum man dann nicht schon dieses Wochenende an den Teilen festgehalten hat. Seine Antwort: "Es gibt immer einen Konflikt zwischen dem Ziel, ein Rennen gewinnen zu wollen, und der Absicht, das Auto weiterentwickeln zu müssen."

Bewusst auf neue Teile verzichtet

"Wir fanden, wir hätten ein brauchbares Paket mit zumindest einer Renndistanz auf dem Buckel, also blieben wir dabei", argumentiert er. "Mit dem neuen Unterboden werden wir uns zweifellos in China genauer beschäftigen. Hoffentlich werden wir weitere Fortschritte machen." Und er ergänzt selbstbewusst: "Wenn ich mir anschaue, welche Fortschritte wir in den vergangenen vier oder fünf Wochen gemacht haben, dann bewegen wir uns in die richtige Richtung."

Nick Heidfeld vor Lewis Hamilton

Lewis Hamilton verlor zu Beginn viel Zeit hinter Raketenstarter Nick Heidfeld Zoom

"Wir sind nahe dran, aber ich wäre am liebsten noch näher dran oder sogar vorne. Das ist unsere Aufgabe, nicht wahr? Aber im Qualifying waren wir nahe dran und wenn Lewis keine Probleme gehabt hätte, wäre auch sein Renntempo sehr stark gewesen", ist sich der 52-Jährige sicher. "Im zweiten Stint machte er Boden auf Sebastian gut und im letzten Stint holte Jenson auf Sebastian auf." Auch die schnellsten Rennrunden beider McLaren-Piloten waren schneller als die von Vettel.

Das ist jedoch nicht zwingend repräsentativ, wie Whitmarsh zugibt: "Ich weiß nicht, wie viel Sebastian noch im Tank hatte, aber wenn ich ans Qualifying zurückdenke, dann waren wir hier gut genug, um auf Pole zu stehen." Ob der Start dann auch gut genug gewesen wäre, um diese zu verteidigen, steht auf einem anderen Blatt, denn Hamilton büßte auch so einen Platz gegen Heidfeld ein, der in der ersten Kurve außen an ihm vorbeizog .

Doch Whitmarsh macht sich deswegen keine ernsthaften Sorgen: "Mein Eindruck war, dass die Starts heute gar nicht so schlecht waren. Die zwei Renaults haben außen attackiert, was riskant war, aber es hat funktioniert. Ich glaube aber nicht, dass ihr Losfahren von der Linie deutlich besser war als unseres. Es war der Angriff in der ersten Kurve, der sie vorbeigebracht hat, nicht der Start an sich", relativiert er dieses Thema.